Die 7 Suenden
Wieder stellten wir unseren Wagen in der Einfahrt des kleinen Hauses ab, machten unsere Schuhe auf der WILLKOMMEN-Fußmatte sauber und begrüßten Graysons Mutter, die einen eingeschüchterten und diensteifrigen Eindruck machte. Wir lehnten den angebotenen Kaffee ab und fingen mit einer gründlichen Durchsuchung von Ronald Graysons Zimmer an.
Ich wusste ungefähr, wonach ich suchte, beispielsweise nach Angelschnur, Brandbeschleuniger und allem, was so aussah, als hätte es den Malones gehört.
Ronnies Kleiderkommode sah aus wie eines der Modelle, die man sich bei der Heilsarmee kostenlos abholen konnte: Pressspan, vier große und zwei kleine Schubladen. Darauf standen eine Lampe, ein paar Erdnuss-Dosen mit Kleingeld, ein Stapel mit aufgerubbelten Rubbellosen, eine Auto-Zeitschrift und eine rote Plastikschachtel mit seiner Zahnspange. In der Steckdose neben der Tür steckte ein Nachtlicht.
Grummelnd stellte Jacobi die Matratze hochkant, zog die Schubladen aus der Kommode und kippte ihren Inhalt systematisch auf Ronnies Matratzenfedern. Die Suche erbrachte
ein halbes Dutzend Erotikheftchen, einen kleinen Plastikbeutel mit Gras und eine verkrustete Pfeife. Dann machten wir seinen Schrank auf und leerten den Korb mit der Schmutzwäsche aus.
Wir untersuchten jedes einzelne Stück, die Feinripp-Unterhosen, die Jeans und die Schmutzsocken, die allesamt nach Schweiß und Jugend rochen, aber weder nach Benzin noch nach Rauch. Ich hob den Blick und stellte fest, dass Vincent Grayson in der Tür stand und uns beobachtete.
»Wir sind fast fertig, Mr. Grayson«, sagte ich und lächelte. »Jetzt brauchen wir nur noch eine Schriftprobe von Ronnie.«
»Hier«, erwiderte Grayson und griff nach einem Spiralblock, der auf einem Bücherstapel auf seinem Nachttischchen lag.
Ich schlug den Block auf. Auch ohne Schriftanalyse war mir sofort klar, dass Ron Graysons geschwungene, kunstvolle Handschrift keinerlei Übereinstimmung mit den lateinischen Worten aufwies, die ich auf dem Deckblatt des Gedichtbandes auf der Treppe der Malones entdeckt hatte. Ron Grayson besaß ein handfestes Alibi, und ich musste mir eingestehen, dass er uns die Wahrheit gesagt hatte. Was mich an diesem Jungen jedoch besorgte, und zwar mehr als die Tatsache, dass er ein Klugscheißer mit einem Drogenproblem war, war, dass er sich kein einziges Mal erkundigt hatte, was den Malones eigentlich zugestoßen war.
Hatte er uns vielleicht angelogen und die beiden doch gekannt?
Oder war ihr Schicksal ihm einfach egal?
»Was ist mit meinem Sohn?«
»Sie kriegen ihn wieder«, sagte Jacobi über die Schulter hinweg, stapfte aus dem Haus und knallte die Fliegengittertür hinter sich zu.
Ich sagte zu Grayson: »Ron bleibt in Ihrer Obhut, bis
wegen dieser Crack-Geschichte Anklage erhoben wird. Wir legen bei der Bezirksstaatsanwaltschaft ein gutes Wort für ihn ein, wie versprochen.
Aber wenn ich Sie wäre, Mr. Grayson, dann würde ich Ronnie unter Hausarrest setzen. Er verstößt gegen das Gesetz und macht Geschäfte mit Kriminellen. Wenn er mein Sohn wäre, dann würde ich ihn keine Minute mehr aus den Augen lassen.«
25
Während der folgenden vier Stunden waren Jacobi und ich in der Nachbarschaft der Malones unterwegs, klingelten an Türen, zeigten den Reichen und Superreichen unsere Dienstmarken und jagten ihnen mit unseren Fragen Todesängste ein. Rachel Savino beispielsweise bewohnte ein großzügiges, mediterran anmutendes Haus direkt neben den Malones. Sie war eine attraktive, dunkelhaarige Frau um die vierzig mit engen Hosen, einer noch engeren Bluse und einem dünnen weißen Hautstreifen um den gebräunten Ringfinger, der mir verriet, dass sie frisch geschieden war.
Sie wollte uns nicht ins Haus lassen.
Savino ließ den Blick über meine staubige blaue Hose, mein Männerhemd und den Blazer gleiten und zuckte regelrecht zusammen, als sie mein Schulterhalfter bemerkte. Jacobi nahm sie kaum wahr. Ich schätze, wir sahen nicht gerade so aus, als würden wir in Presidio Heights wohnen. Also standen Jacobi und ich auf ihrer Terracotta-Treppe und ließen uns von ihrer Corgi-Meute anspringen und ankläffen.
»Haben Sie diesen jungen Mann hier schon einmal gesehen?«, erkundigte ich mich und zeigte ihr ein Polaroid von Ronald Grayson.
»Nein. Ich glaube nicht.«
»Haben Sie irgendwelche Personen hier herumlungern oder vorbeifahren sehen, die nicht in die Gegend passen?«, wollte Jacobi wissen.
»Darwin! Aus! Ich glaube nicht, nein.«
»Irgendwelche
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