Die 7 Suenden
Ein Journalist hatte geschrieben, dass Twilly dort weitermachte, wo Truman Capote mit Kaltblütig aufgehört hatte, und dabei bemerkt, dass Twilly ein seltenes Talent besaß, sich in das Denken eines Killers hineinzuversetzen und ihn so menschlich erscheinen zu lassen, dass seine Leser diesen Killer beinahe als Freund betrachteten.
Cindy hätte sich am liebsten ganz dem Genuss des Ambientes und der Gegenwart Jason Twillys hingegeben, aber sie
durfte ihren Schutzschild nicht fallen lassen. Sie war ein wenig besorgt wegen Yuki, fragte sich, wie Twilly sie wohl darstellen würde und ob es gut oder schlecht für ihre Freundin war, dass es in Twillys nächstem Buch um Michael Campion ging. Auch wenn Yuki sich den Anschein gegeben hatte, als sei es ihr egal, wusste Cindy, dass Twilly jedes ihrer Worte zu seinem Vorteil nutzen würde.
»Ich bin gerade erst mit Malvo fertig geworden«, sagte Cindy. Malvo war der Titel von Twillys Bestseller über den Heckenschützen von Washington, D. C., der gemeinsam mit seinem Ziehvater, welcher sehr großen Einfluss auf ihn gehabt hatte, zehn Menschen erschossen und die Hauptstadt mit einer monatelangen Verbrechensserie in Angst und Schrecken versetzt hatte.
»Was halten Sie davon?« Twilly lächelte. Es war ein charmantes Lächeln, etwas schief, weil der linke Mundwinkel nach oben gezogen war und so Falten in den Augenwinkeln entstehen ließ.
»Die Lektüre hat mir eine völlig neue Perspektive auf männliche Teenager eröffnet.«
»Das werte ich mal als Kompliment«, sagte Twilly. »Was möchten Sie trinken?«
Er rief die Kellnerin herbei, bestellte Wein für sich und Mineralwasser für Cindy und sagte, dass Yuki ja die Anklage gegen Junie Moon führen sollte und dass er daher gerne aus dem Mund ihrer besten Freundin etwas mehr über sie erfahren würde.
»Ich habe mit ein paar ihrer Jura-Professoren in Berkeley gesprochen«, sagte Twilly, »und auch mit einigen ehemaligen Kollegen bei Duffy & Rogers.«
»Dort hätte sie es garantiert in Rekordzeit zur Teilhaberin gebracht«, meinte Cindy.
»Das hat man mir gesagt. Yuki hat erzählt, dass sie nach
der Ermordung ihrer Mutter im Municipal Hospital das Interesse an Zivilrechtsfällen verloren hat und sich auf die Seite der Anklage schlagen wollte.«
»Ganz genau.«
»Welches Attribut könnte denn dann zu ihr passen? Grimmig vielleicht? Oder rachsüchtig?«
»Sie wollen mich bloß aus der Reserve locken«, lachte Cindy. »Oder macht Yuki auf Sie vielleicht einen rachsüchtigen Eindruck?«
»Keineswegs«, erwiderte Twilly und schenkte ihr erneut ein elektrisierendes Lächeln. »Obwohl, grimmig könnte ich mir durchaus vorstellen«, fügte er dann hinzu. »Ich habe sie bei dieser Brinkley-Geschichte in Aktion gesehen.«
Dann erzählte Twilly, dass er bereits einen Vertrag über die Abfassung einer unautorisierten Biographie von Michael Campion in der Tasche gehabt hatte, als Michael plötzlich verschwunden war.
»Die ganze Sache hat so lange nach einem ungeklärten Mysterium ausgesehen, bis die Polizei eine Verdächtige gefunden hat und Junie Moon unter Anklage gestellt wurde«, sagte Twilly. »Aber als ich dann auch noch gehört habe, dass Yuki Castellano die Anklagevertretung übernimmt und Junie Moon wegen Mordes an Michael Campion hinter Gitter bringen will... Also, besser kann es gar nicht laufen. Dieser Prozess sorgt garantiert für eine Menge Wirbel. Was ich an Yuki Castellano vor allem bewundere, ist ihre Leidenschaft und ihre Unerschrockenheit.«
Cindy nickte zustimmend und sagte: »L. Diana Davis sollte sich schon mal warm anziehen.«
»Das ist jetzt aber interessant«, erwiderte Twilly. »Ich habe nämlich schon gedacht, dass es gut ist, dass Yuki eine Freundin wie Sie hat, Cindy. Schließlich, bei allem gebührenden
Respekt gegenüber Yuki, aber Diana Davis wird sie in Stücke reißen.«
Zweiter Teil
Habeas corpus (Du sollst den Körper haben)
33
Yuki drängte sich durch die Horde von Journalisten und Kameraleuten, die sich unmittelbar, nachdem sie ihren Wagen abgestellt hatte, um sie geschart hatte. Sie schob den Riemen ihrer Handtasche etwas höher, umklammerte mit festem Griff ihre Aktentasche und ging in Richtung Straße. Die Pressemeute begleitete sie und fragte sie dabei immer wieder nach ihrer Einschätzung zum Ausgang des Prozesses und ob sie der Öffentlichkeit vielleicht etwas mitteilen wollte.
»Nicht jetzt, Leute«, sagte sie. »Ich will das Gericht nicht warten lassen.« Sie senkte den Kopf und
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