Die 99 haeufigsten Gartenirrtuemer
deren Populationen im Frühjahr so weit erholt haben, dass sie Plagegeister wirksam eindämmen können, sind etliche Schädlinge schon wieder auf dem Vormarsch.
Zudem haben sich die heimischen Insekten, Milben und Pilze über Jahrtausende auf kalte Winter eingestellt. Sie verkriechen sich im Boden, unter Pflanzenresten oder in Borkenritzen und bilden häufig sehr frostfeste Überwinterungsstadien, z. B. Wintereier oder -sporen. Einige Käfer und andere Insekten, die als erwachsene Tiere überwintern, vermögen alkoholisches Glykol zu bilden und einzulagern, das ihnen als Frostschutzmittel dient. Mit solchen Strategien können manche Schädlinge selbst Temperaturen bis – 50 °C unbeschadet überstehen.
Was ihnen viel mehr zu schaffen macht, sind häufige Wechsel zwischen kalter und warmer Witterung sowie milde, feuchte Winter. Dann nämlich können sich Pilze und Bakterien breit machen, die die überwinternden
Insekten, Puppen und Eier parasitieren. Feuchter Herbst, milder Winter, feuchtes Frühjahr: Diese Abfolge bietet nach langjährigen Beobachtungen die besten Voraussetzungen dafür, dass das Gartenjahr mit geringer Schädlingsbelästigung verläuft.
Schädlinge muss man gründlich ausmerzen
Wenn geliebte Pflanzen und ganze Beete von Blattläusen, Käfern oder Raupen heimgesucht werden, sollte man frühzeitig eingreifen. Dann ist gründliches Vorgehen angesagt, z. B., indem man immer wieder die Blattunterseiten überprüft und eventuelle Eigelege oder Schädlingskolonien sorgfältig beseitigt. Das gilt erst recht, wenn ansteckende Krankheiten auftreten, wobei es oft am besten ist, befallene Pflanzen komplett zu entfernen. Gerade bei solchen Ärgernissen keimt der Wunsch auf, sämtliche Plagegeister radikal zu eliminieren. Dieser »Traum« schien wahr zu werden, als ab den 1950er-Jahren jedem Hobbygärtner durchschlagende Spritzmittel wie E 605 zur Verfügung standen: Sobald sich auch nur eine Blattlaus oder ein Kohlweißling blicken ließ, kam sofort die »chemische Keule« zum Einsatz.
Doch das entpuppte sich schließlich als Albtraum, nicht nur wegen der verheerenden Folgen für die Umwelt. Denn die Wirksamkeit vieler Pestizide ließ mit der Zeit deutlich nach: Die Schaderreger entwickelten Strategien, um selbst mit den »härtesten« Mitteln zurechtzukommen. Vereinfacht kann man feststellen: Je mehr gespritzt wird, desto größer ist die Gefahr, dass ein paar hartnäckige Individuen überleben, sodass resistente Schädlingspopulationen entstehen. Das gilt besonders dann, wenn immer dieselben Wirkstoffe verwendet werden.
Nützlinge, also die natürlichen Gegenspieler der Schädlinge, wurden seinerzeit beim flächendeckenden Spritzen häufig miterfasst und schafften es bei weitem nicht so gut, sich an die Gifte zu gewöhnen. Manche Vögel gingen sogar zugrunde, weil sie pestizidverseuchte Raupen und andere Insekten fraßen. Dazu kam, dass die penibelst gepflegten, eintönig bepflanzten Gärten den Nützlingen kaum Lebensräume boten. So führten die Versuche, Plagegeister vollständig auszurotten, teils sogar zu größeren Schädlingsproblemen.
Heute weiß man, wie wichtig es ist, Vögel, Marienkäfer, Raubmilben und andere Nützlinge zu unterstützen und durch weitgehenden Verzicht auf breit wirksame Insektizide zu schonen. Sie können zwar nicht jeden Befall verhindern, sorgen aber grundsätzlich dafür, Schädlingspopulationen im Zaum zu halten und Massenvermehrungen vorzubeugen. Dafür brauchen sie allerdings auch etwas zu fressen: Wo überhaupt keine Schädlinge toleriert werden, können sich auch keine Nützlinge ansiedeln.
Beim biologischen Pflanzenschutz verwendet man Pflanzenbrühen
Selbst hergestellte Pflanzenbrühen und -auszüge, z. B. aus Brennnesseln oder Zwiebelschalen, lassen sich vorbeugend einsetzen, um die Abwehrkräfte der Gartenpflanzen zu stärken, und können teils sogar Schaderreger direkt eindämmen. Noch deutlich effektiver wirken im Fachhandel erhältliche Mittel, die aus Pflanzen gewonnen wurden, beispielsweise Neem- und Pyrethrum-Präparate. Solche Extrakte und Zubereitungen werden oft als »biologische Pflanzenschutzmittel« bezeichnet, um sie von chemisch-synthetischen Präparaten abzugrenzen.
Die Bezeichnung »biologisch« für pflanzliche Mittel ist nicht verkehrt, führt aber zu einer Begriffsverwirrung – erst recht, wenn unter diesem Etikett auch noch Schmierseife und Brennspirituszusätze gehandelt werden. All diese Mittel wirken auf die Schädlinge als Hemm-
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