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Die Abaddon-Mission (German Edition)

Die Abaddon-Mission (German Edition)

Titel: Die Abaddon-Mission (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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blieb er abrupt stehen und ve r harrte in der angespannten Haltung eines Tieres, das Witt e rung aufgenommen hat.
    Da war es wieder, das klagende Geräusch, und diesmal war er sicher, daß es aus Richtung Strand gekommen war. Irgend etwas war dort, und vie l leicht brauchte es Hilfe ...
    Der Strand war nicht mehr als eine kleine San d bucht, zwanzig Meter lang und selbst bei Ebbe w e niger als zehn Meter breit. Die Insel war vulkan i schen Ursprungs, die Küste daher überwiegend fe l sig und durch vorgelagerte Klippen vom Meer aus unzugänglich. Ausnahmen bildeten nur die Bad e bucht und der winzige Hafen auf der anderen Inse l seite.
    Sir Andrew ging den mit Marmorkies bedeckten Weg hinunter und öffnete das Tor. Der Garten wu r de durch übermannshohe Hibiskus-, Oleander- und Ginstersträucher begrenzt, die den ursprünglich vo r handenen Maschendrahtzaun überwuchert hatten.
    Das Tor selbst, eingearbeitet in eine Pergola, bi l dete den einzigen Zugang zum Strand. Sir Andrew achtete darauf, daß es stets geschlossen blieb, wen i ger aus Furcht vor ungebetenen Gästen, sondern wegen der Sicherheit der Tiere. In der freien Natur würden sie nicht lange überleben.
    Das klagende Geräusch war jetzt ganz deutlich vernehmbar, es klang wie das Wimmern eines verän g stigten Säuglings. 
    Als Sir Andrew den verletzten Vogel entdeckte, den die Brandung an Land gespült hatte, dachte er z u nächst an eine der Teichenten. Die Wasservögel waren sicher in der Lage, den Zaun zu überwinden, auch wenn sie es seines Wissens noch nie getan ha t ten. Es war nicht auszuschließen, daß eines der Tiere in einer Anwandlung von Abenteuerlust den Garten verlassen und nicht mehr zurückgefunden hatte.
    Erst aus der Nähe erkannte er seinen Irrtum. Das nasse Federnbündel zu seinen Füßen, das sich ve r geblich mühte, auf die Beine zu kommen, wies ke i nerlei Ähnlichkeit mit den wohlgenährten Wasse r vögeln auf.
    Nein, der gestrandete Ikarus war unzweifelhaft ein Wildvogel, davon legte der gekrümmte Raubtie r schnabel ebenso deutlich Zeugnis ab wie die spitzen Krallen seiner Fänge.
    Ein junger Seeadler vielleicht , dachte Sir Andrew und beobachtete in einer Mischung aus Mitleid und Belustigung die tolpatschigen Versuche des Tieres, nach seinen Füßen zu hacken. Er dachte darüber nach, wie groß ein ausgewachsenes Exemplar dieser Spezies sein mochte und ob sich die Eltern des Jun g tieres wohl noch in der Nähe aufhielten.
    Das Resultat dieser Überlegungen war alles and e re als beruhigend. Unter dem Regenbogen gab es keine gefährlichen Tiere, und das schloß nach se i nem Kenntnisstand größere Raubvögel ein. Dennoch sah er sich aufmerksam nach allen Seiten um, ohne daß ihm jedoch etwas Verdächtiges auffiel.
    Dem verletzten Tier war es mittlerweile gelungen, sich aufzurichten, was seine Lage allerdings nur kurzfristig besserte. Unfähig, seine Flügel zu entfa l ten, versuchte es davonzuhüpfen, verlor jedoch al s bald das Gleichgewicht und blieb hilflos fiepend auf der Seite liegen.
    Sir Andrew konnte durch das naß am Körper kl e bende Gefieder hindurch das Herz schlagen sehen und mußte gegen die Versuchung ankämpfen, das Tier einfach aufzuheben und ins Haus zu bringen. Unter Helens Obhut und der seiner Tochter Valery würde der gefiederte Patient mehr als nur die no t wendige Pflege erhalten, bis seine Verletzungen auskuriert waren.
    Aber das wollte gut überlegt sein.
    In seinem früheren Leben hatte Sir Andrew g e lernt, daß das Gefühl ein schlechter Ratgeber sein konnte. Unter dem Regenbogen trug er die Veran t wortung – er allein, und solange er nichts über die Herkunft des verletzten Tieres wußte, durfte er keine Entsche i dung treffen.
    Vielleicht war es das beste, wenn er sich zunächst mit Aristide beriet, ihrem Gärtner und Hausmeister, der mehr über die einheimische Tierwelt wußte als jeder andere auf der Insel. Außerdem kannte er sich mit den Sicherheitsbestimmungen aus ...
    Da er das verletzte Tier nicht hilflos in der prallen Sonne liegen lassen wollte, bastelte er aus Treibholz und seinem Oberhemd einen provisorischen So n nenschutz. Der Vogel reagierte kaum, er schien am Ende seiner Kräfte zu sein.
    Dann ging er zurück zum Haus, um sich umzuzi e hen.
    Die Treppe hinab und auf dem Flur ging er auf Zehenspitzen, aber seine Vorsicht erwies sich als überflüssig; Helen war nach wie vor in ihr Spiel ve r tieft.
    Vor dem Schulzimmer konnte er jedoch nicht der Versuchung widerstehen, nach

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