Die Abaddon-Mission (German Edition)
der Bewußtlosigkeit hinübe r dä m mern ließ.
***
Als Marian erwachte, war er allein.
Das Feuer war heruntergebrannt, und Marian fror. Sein Kopf schmerzte, und er verspürte ein taubes Gefühl im Nacken. Stöhnend richtete er sich auf, um sich gleich darauf verwirrt die Augen zu re i ben.
Hatte ihn ein Lichtreflex genarrt, oder war da wirklich etwas?
Nein, es war kein Zweifel möglich. In unmittelb a rer Nähe, kaum zwei Meter entfernt, schwebte e t was, das wie ein silbernes Spinnennetz aussah. S o fort erinnerte sich Marian an das Schattenwesen, das ihnen auf ihrem Weg durch die Stadt gefolgt war. Aus irgendeinem Grund zweifelte er nicht im mi n desten daran, daß es sich dabei um ein und dieselbe Erscheinung handelte.
Oder war dieses substanzlose Etwas wirklich eine Art Lebew e sen?
Die Bestätigung seiner Vermutung erfolgte so prompt, das Marian erschrocken zusa m menfuhr.
»Wer seid ihr? Woher kommt ihr?«
Einen Augenblick lang war sich Marian nicht s i cher, ob er die Frage wirklich gehört hatte, oder ob sie nur ein flüchtig in seinem Bewußtsein aufg e tauchter Gedanke war. Doch es war tatsächlich e i ne Stimme, auch wen sie unmittelbar in seinem Kopf zu entstehen schien.
»Du mußt keine Angst haben, Marian. So nennen sie dich doch?« ergänzte die Stimme, die angenehm und weich klang, ganz anders als die seiner G e fäh r ten.
Es ist eine Frau! dachte Marian irritiert, und ein helles Lachen b e stätigte seine Vermutung fast a u genblicklich. Marian kannte Fra u en nur von Bildern und von einem Holo, das er vor Jahren aus dem g e sperrten Bereich des Bordcomputers auf seinen Rechner gezogen hatte. Die Frauen auf diesem Holo hatten mehr gestöhnt als gesprochen und Dinge g e tan, die Marian bis in seine Träume verfolgten und ihn nicht selten so außer Fassung brachten, daß er sich hinterher fast immer schämte, wenn er die Spermaflecken aus dem Bettzeug w a schen mußte.
»Was ist denn daran so merkwürdig?« erkundigte sich die Stimme amüsiert. »Bei euch gibt’s wohl keine Fra u en?«
»Nein, nicht mehr« flüsterte Marian betroffen, b e vor ihm das Gr o teske der Situation bewußt wurde. Das ist doch verrückt, ich si t ze auf diesem gottve r dammten Planeten und spreche mit einem Pha n tom, das sich wie eine Frau anhört! Energisch kniff sich Mar i an in den Oberschenkel, ohne daß das silberne Gespinst Anstalten machte zu verschwinden.
»Das tut mir leid.« bemerkte die Stimme nach e i ner Weile tra u rig.
»Was... wer... bist du?« flüsterte Marian he i ser.
»Ich bin Sandra. Sandra Ferguson, 22 Jahre alt... seit achthundert Jahren«, antwortete die Stimme bereitwillig, und doch glaubte Mar i an ein leichtes Zittern darin wahrzunehmen, Unsicherheit vielleicht, oder eine lange unterdrücktes Gefühl.
»Dann bist du noch... vor dem Sonnensturm...«, stotterte Marian verwirrt und brach ab.
»Natürlich davor«, erwiderte die Stimme. »D a nach wurde niemand mehr geboren. Jede n falls nicht auf der Erde...«
»Und wie hast du... habt ihr... überlebt?«
»Durch die Silverberg-Transformation... unsere einzige Chance...« Das Zittern der Stimme war jetzt unüberhörbar, und fast schien es Marian, als wäre sie den Tränen nahe. Tränen, die niemals fließen würden...
»Du mußt nicht sprechen, Marian«, meldete sich die Stimme erneut. »Es genügt, wenn du mir in G e danken an t wortest.«
»Dann lebst du... ihr... seit damals... auf diese We i se?« erkundigte sich Marian zweifelnd. Er hatte keine Ahnung, wie man in Geda n ken mi t einander spr e chen könnte.
»Wir haben gewartet.« Drei Worte, die Unvo r stellbares beschrieben. Jahrhunderte voller Ei n sa m keit und unendlicher Geduld.
»Gewartet, worauf?«
»Auf eure Rückkehr. Darauf, daß wir wieder sein können, was wir einmal waren.«
Es dauerte lange, bis Marian wieder sprechen konnte.
»... seid ihr viele?«
»Wir waren viele. Die meisten haben aufgeg e ben.«
»Aufgegeben... also könnt ihr doch sterben?« M a rians Stimme kämpfte gegen das Würgen in seiner Kehle.
»Nein, nicht im biologischen Sinn. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Aber es gibt einen energiel o sen Zustand, den man als eine Art Schlaf bezeichnen könnte. Nur daß man ohne fremde Hilfe nie mehr aufwacht. Wir nennen es: das Dunkel suchen.«
»Und die anderen haben das Dunkel gesucht?« fl ü sterte Marian tonlos.
»Ja.«
»Aber du hast weiter gewartet, obwohl du allein warst?« Marian konnte nicht mehr sprechen, er hatte sogar Mühe,
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