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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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verstummte, und nach einer Pause bemerkte er: »Wenn das Benzin ausgeht, muß das Automobil stehnbleiben. Das hab ich gestern auch gesehn. Dann quatscht man vom Beharrungsvermögen, meine Herren. Es geht nicht, steht, rührt sich nicht, hat kein Benzin. Ist das nicht lächerlich?«
    In seiner Beschränktheit war er ungewöhnlich fromm. Hatte zu Hause in seiner Wohnung einen Hausaltar. Ging häufig zum heiligen Ignaz zur Beichte und zur Kommunion und betete seit Ausbruch des Krieges für den Sieg der österreichischen und deutschen Waffen. Er vermengte das Christentum mit den Träumen von einer germanischen Hegemonie. Gott sollte helfen, die Reichtümer und Gebiete der Besiegten zu okkupieren.
    Fürchterlich regte er sich jedesmal auf, wenn er in der Zeitung las, daß man wiederum Gefangene eingebracht habe.
    |216| Er sagte: »Wozu Gefangene einbringen? Erschießen soll man alle! Kein Erbarmen! Zwischen den Leichen tanzen! Alle Zivilisten in Serbien bis auf den letzten verbrennen! Die Kinder mit Bajonetten totschlagen!«
    Er war um nichts schlimmer als der deutsche Dichter Vierordt, der während des Kriegs Verse veröffentlichte, Deutschland möge mit eiserner Seele Millionen französischer Teufel hassen und morden:
    Und türmten sich berghoch in Wolken hinein
    Das rauchende Fleisch und das Menschengebein!
    Nachdem er den Unterricht in der Einjährigfreiwilligenschule beendet hatte, ging Oberleutnant Lukasch mit Max spazieren.
    »Ich erlaube mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, Herr Oberlajtnant«, sagte Schwejk fürsorglich, »daß Sie auf den Hund aufpassen müssen, damit er Ihnen nicht weglauft. Es kann ihm eventuell nach seinem alten Heim bange wern, und er könnt Reißaus nehmen, wenn Sie ihn losbinden möchten. Und ich möcht Ihnen auch nicht raten, ihn übern Hawlitschekplatz zu führen, dort treibt sich ein böser Fleischerhund ausm ›Marienbild‹ herum, der is sehr bissig. Wie er in seinem Rayon einen fremden Hund sieht, gleich is er auf ihn eifersüchtig, damit er ihm dort nicht was wegfrißt. Er is wie der Bettler vom heiligen Kastullus.«
    Max sprang lustig herum, geriet unter die Füße des Oberleutnants, wickelte sich mit der Schnur um den Säbel und legte eine ungewöhnliche Freude über den Spaziergang an den Tag.
    Sie traten auf die Straße, und Oberleutnant Lukasch wandte sich mit dem Hund dem Graben zu. An der Ecke der Herrengasse sollte er mit einer Dame zusammentreffen. Er war in dienstliche Gedanken vertieft. Was soll er morgen vor den Einjährigfreiwilligen in der Schule vortragen? Wie geben wir die Höhe eines Berges an? Warum geben wir die Höhe stets von der Meeresfläche aus an? Wie berechnen wir aus der Höhe |217| über der Meeresfläche die einfache Höhe eines Berges von seinem Fuße aus gerechnet? Verflucht, warum gibt das Kriegsministerium solche Sachen ins Schulprogramm? Das ist doch Sache der Artillerie. Und es gibt doch Generalstabskarten. Wenn der Feind auf Kote 312 ist, wird es nicht genügen, darüber nachzudenken, warum die Höhe des Berges von der Meeresfläche aus angegeben wird, oder zu berechnen, wie hoch jener Hügel ist. Da schaut man halt auf die Karte und weiß es.
    Aus diesen Gedanken riß ihn ein strenges »Halt!«, gerade als er sich der Herrengasse näherte.
    Gleichzeitig mit dem »Halt« bemühte sich der Hund, sich samt der Schnur loszureißen, und stürzte mit Freudengebell auf den Mann zu, der das strenge »Halt!« gesprochen hatte.
    Vor Oberleutnant Lukasch stand Oberst Kraus von Zillergut. Oberleutnant Lukasch salutierte, stand vor dem Oberst und entschuldigte sich, ihn nicht gesehen zu haben.
    Oberst Kraus war bei den Offizieren bekannt wegen seiner Leidenschaft »anzuhalten«.
    Er hielt das Salutieren für etwas, wovon der Erfolg des Krieges abhing und worauf die ganze Militärmacht aufgebaut war.
    »Ins Salutieren soll der Soldat die Seele legen«, pflegte er zu sagen. Er war der schönste Korporalmystizismus.
    Er achtete darauf, daß der, welcher die Ehrenbezeigung leistete, bis in die kleinste Einzelheit nach Vorschrift genau und würdig salutierte.
    Er lauerte allen auf, die an ihm vorübergingen. Vom Infanteristen bis zum Oberstleutnant. Infanteristen, die flüchtig salutierten, als wollten sie sagen, indem sie das Schild der Mütze berührten: »Pfüat di Gott«, führte er selbst geradewegs in die Kaserne zur Bestrafung.
    Für ihn galt kein: »Ich hab nicht gesehn.«
    »Ein Soldat«, pflegte er zu sagen, »muß seinen Vorgesetzten in der Menge

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