Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Besitzer des Prädikates: von Zillergut, nach irgendeinem Dorf in Salzburg, das seine Vorfahren bereits im achtzehnten Jahrhundert verfressen hatten, war ein ehrenwerter Idiot. Wenn er etwas erzählte, pflegte er lauter selbstverständliche Dinge zu sagen, wobei er fragte, ob alle die primitivsten Ausdrücke verstünden: »Also ein Fenster, meine Herren, jawohl. Wissen Sie, was ein Fenster ist?«
Oder: »Ein Weg, an dem auf beiden Seiten Gräben sind, heißt Straße. Jawohl, meine Herren. Wissen Sie, was ein Graben ist? Ein Graben ist eine Öffnung in der Erde, an der mehrere Leute arbeiten. Er ist eine Vertiefung. Jawohl. Man arbeitet mit Spaten. Wissen Sie, was ein Spaten ist?«
Er litt an einer Erklärungsmanie, der er mit einer Begeisterung frönte wie ein Erfinder, der von seinem Werk erzählt.
»Ein Buch, meine Herren, sind mehrere geschnittene Papierblätter von gleichem Format, die bedruckt und zusammengestellt, gebunden und mit Leim zusammengeklebt sind. Jawohl. Wissen Sie, meine Herren, was Leim ist? Leim ist ein Klebemittel.«
Er war so unglaublich blöd, daß die Offiziere ihm von weitem auswichen, um nicht von ihm hören zu müssen, daß das Trottoir ein erhöhter gepflasterter Streifen längs der Häuserfassaden |214| und etwas anderes sei als die Fahrbahn. Und daß die Fassade eines Hauses jener Teil des Gebäudes ist, den wir von der Straße oder vom Trottoir aus sehen. Die rückwärtige Häuserfront können wir vom Trottoir aus nicht sehen, wovon wir uns augenblicklich überzeugen können, wenn wir die Fahrbahn betreten.
Er war bereit, diese interessante Tatsache sofort zu demonstrieren. Zum Glück wurde er jedoch überfahren. Seit dieser Zeit vertrottelte er noch mehr. Er hielt die Offiziere auf der Straße an und verwickelte sie in endlos lange Gespräche über Omeletten, Sonne, Thermometer, Krapfen, Fenster und Postmarken.
Es war wirklich staunenswert, daß dieser Idiot verhältnismäßig schnell avancieren konnte und ungemein einflußreiche Leute hinter sich hatte, zum Beispiel einen hohen General, der ihm trotz seiner völligen militärischen Unfähigkeit die Stange hielt.
Bei den Manövern vollführte er mit seinem Regiment wahre Wunder. Niemals langte er irgendwo zur Zeit an. Er führte das Regiment in Kolonnen gegen Maschinengewehre, und vor Jahren, bei den Kaisermanövern in Südböhmen, war es geschehen, daß er ganz und gar verschwunden war und bis nach Mähren gelangte, wo er sich mit seinem Regiment noch einige Tage herumschlug, als die Manöver bereits vorüber waren und die Soldaten wieder in den Kasernen lagen. Es wurde ihm nachgesehen.
Sein freundschaftliches Verhältnis zu dem kommandierenden General und anderen nicht weniger blöden Würdenträgern des alten Österreichs trug ihm verschiedene Auszeichnungen und Orden ein, durch die er sich ungewöhnlich geehrt fühlte, so daß er sich für den besten Soldaten unter der Sonne und den besten Theoretiker der Strategie und aller anderen militärischen Wissenschaften hielt.
Bei Regimentsrevisionen ließ er sich mit den Soldaten in Gespräche ein und fragte sie immer ein und dasselbe: »Warum nennt man die beim Militär eingeführten Gewehre Mannlichergewehre?«
|215| Beim Regiment hatte er den Spitznamen Mannlichertrottel. Er war ungewöhnlich rachsüchtig, vernichtete die ihm untergeordneten Offiziere, wenn sie ihm nicht gefielen, und wenn sie heiraten wollten, schickte er sehr schlechte Empfehlungen für ihre Gesuche nach oben.
Es fehlte ihm die Hälfte des rechten Ohrs, die ihm in jungen Jahren ein Gegner wegen der wahrheitsgemäßen Konstatierung, daß Friedrich Kraus von Zillergut ein blitzblöder Kerl sei, im Duell abgeschlagen hatte. Analysieren wir seine geistigen Fähigkeiten, so gelangen wir zu der Überzeugung, daß sie nicht besser waren als die, welche den großmäuligen Habsburger Franz Josef als notorischen Idioten berühmt machten.
Derselbe Redefluß, derselbe Schatz an größter Naivität. Bei einem Bankett im Offizierskasino erklärte Oberst Kraus von Zillergut plötzlich, als die Rede auf Schiller kam: »Da hab ich euch gestern, meine Herren, einen Dampfpflug gesehn, der von einer Lokomotive angetrieben war. Stellen Sie sich vor, meine Herren, von einer Lokomotive, und nicht nur von einer, von zweien. Ich seh Rauch, geh näher, und es ist eine Lokomotive und auf der andern Seite die zweite. Sagen Sie mir, meine Herren, ist das nicht lächerlich? Zwei Lokomotiven, als ob nicht eine genug wäre.«
Er
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