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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Welt die Liebe vor? Diese Frage ist offen.«
    Und was antwortete dieser? Er wischte sich noch einmal über die Stirn. »Mensch, Koch«, seufzte er, »nehmen Sie sich zusammen! Sie machen sich lächerlich.«
    »Nein, nicht mehr!«, beharrte der Moraltheologe. »Ich will die großen Fragen stellen. Ich will keine Angst mehr haben, vor nichts und niemandem. Ich bin frei! Ich bin endlich befreit! Wie ist er? Wie tritt er uns gegenüber? Ich will es endlich wissen! Ich nehme gern in Kauf, in der Logik unterlegen zu sein. Aber in der Liebe will ich nicht verlieren. Ich möchte gern der Dumme sein, wenn ich geliebt werde. Gottes geliebtes Kind will ich sein.«
    »Und wo, glauben Sie, begegnen Sie ihm?«
    Ich hätte ihnen antworten können, dem Dogmatiker und dem Moraltheologen und den anderen Studenten: Man begegnet dem Gott unerwartet nachts unter einer Laterne. Sie hätten gefragt: Erkennt man ihn? Ich hätte geantwortet: Sofort erkennt man ihn. Sie hätten gefragt: Woran? An ihm selbst, hätte ich sie belehrt.
     

7
     
    In den folgenden Nächten sah ich die beiden Asmodis auf dem Nachhauseweg vom Spittelberg an Ecken stehen. Oder sie lehnten an einer Hauswand, zeigten mir den Rücken, und erst wenn ich auf ihrer Höhe war, wandten sie mir ihre Gesichter zu, und ich erkannte das offene, fromme Lachen von Major Hajós und das verkrampft bittere Maul vom Adlatus Niculin Beeli. Ein anderes Mal stand Major Hajós auf den Schultern des Adlatus und hatte einen langen, schottisch karierten Mantel über wie die Stelzengeher in einem Zirkus, und der Adlatus streckte seine Schnauze zwischen zwei Knöpfen heraus und die Hände aus den beiden nächstunteren Lücken. Oder sie begleiteten mich ein Stück, indem sie neben mir ein Rad nach dem anderen schlugen, Major Hajós rechts, der Adlatus links, ich dazwischen mit ausgebreiteten Armen. In der vierten Nacht hüpften sie vor mir her, als hätten sie Sprungfedern in den Sohlen, und ich fragte sie: Seid ihr etwas, das man darf fragen? Das sind wir, antworteten sie. Da sagte ich zu ihnen: Ihr erfreut mich. Ihr macht mir das Leben schöner. Ich hoffe am Tag, euch des Nachts zu treffen. Ein Heimweg ohne euch wäre langweilig. Leider kann ich nicht mit euch spielen. Wollt ihr mir das glauben? – Sie entgegneten: Glauben tun wir das. Aber mit wem willst du denn sonst spielen? Du hast niemanden mehr. – Ich suche mir wieder jemanden, sagte ich, das wird nicht so schwer sein. – Das ist das Schwerste überhaupt, gaben sie zu bedenken, und ihre Stimmen waren aufgeregt und klangen besorgt, sie blickten einander an und nickten: Das Schwerste überhaupt. Weißt du das denn nicht? – Ich glaube sogar, sagte ich, ich möchte gar niemanden zum Spielen mehr. Ich möchte nicht mehr spielen. – Nicht mehr? Was denn sonst? Was soll das heißen? Was willst du denn sonst tun? – Ich bin neunundzwanzig Jahre alt, sagte ich, und habe mich noch nie verliebt. Es muss schön sein, sich zu verlieben. – Du bist neunundzwanzig Jahre alt, und du hast dich noch nie verliebt, sagten sie, und erst jetzt fiel mir auf, dass sie gleichzeitig dasselbe sagten, oder nicht ganz gleichzeitig, der Adlatus sprach Major Hajós um ein weniges hinterher, wie ich es tat, wenn ich am Radio meine fremden Sprachen übte. Du hast dich bisher nicht verliebt, und du wirst dich auch weiterhin nicht verlieben, du musst einsehen, dass es für dich zu spät dafür ist. – Und warum ist es zu spät für mich? – Weil du dich für die Freiheit entschieden hast. – Wann habe ich mich dafür entschieden, fragte ich. Ich kann mich nicht erinnern. – Du weiß ja gar nicht, was Liebe heißt, kicherten sie, du würdest es ja nicht einmal merken, wenn du dich verliebst. – Das ist nicht wahr, empörte ich mich, ich weiß es wohl! Ich habe gesehen, wie sich Mama in Papa verliebt hat. Ich habe gesehen, wie sich Moma in Herrn Dr. Martin verliebt hat, und ich habe gesehen, wie sich Moma im Café Landtmann in mich verliebt hat, weil sie mich für einen anderen gehalten hat. – Aber das gilt doch alles nicht, riefen sie, das ist doch alles anderen passiert und nicht dir! Dir wird dieses Glück nicht passieren, niemals! Und ist es wirklich ein Glück? Schau ihm nicht nach! Schon ist es um die Ecke. Spiel mit uns! Wir sind immer da. Wir verlassen dich nicht. Wenn du an etwas Not hast, musst du nur pfeifen. Steck zwei Finger in den Mund und pfeife, dann kommen wir. Wir können dich berühmt machen. Wir können veranlassen, dass man dich auf

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