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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Bengtsson
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war ein hoher, gewaltiger Stein, wie nur die Männer der Vorzeit ihn hatten bewegen können; er stand auf einem Hügel im offenen Gelände und wurde überschattet von einem Hagedorn, den man für heilig und für ebenso alt hielt wie den Stein. Bei den Virden bestand die Sitte, am Abend vor dem Thing unter seltsamen Bräuchen zwei Böcke am Stein zu opfern, wobei das Blut der Tiere auf den Boden rinnen mußte; man sagte, daß dadurch viel Kraft in den Baum stiege, desgleichen auch durch das bei Zweikämpfen rings um den Stein vergossene Blut, so daß der Baum trotz seines Alters gedieh und in dem Jahre, das auf ein Thing folgte, stets am reichsten blühte. Aber außer den Vögeln in seinen Zweigen und außer Adlern und Weihen und den umherstreifenden Tieren des Waldes sahen nur wenige ihn blühen, denn menschenleere Wildnis dehnte sich meilenweit rings um den Kraka-Stein.
    Als Orm sich nun zur Thingfahrt rüstete, kamen viele Bauern nach Gröning, um mit ihm zu reiten, und unter ihnen war auch Gudmund zu Uvaberg und Grim, der Schwarze. Rapp wurde daheimgelassen, um den Hof zu hüten, aber zwei seiner Mannen und die beiden Priester nahm er mit. Sämtliche Frauen hatten viel Mitleid mit dem Magister, der nun in die Knechtschaft sollte, er selbst aber sagte: gerade das sei für ihn das Rechte. Äsa und Ylva hatten ihm neue Kleider genäht: Jacke, Wams und Lederhosen, und das gönnte Orm ihm gern, denn er meinte, in guten Kleidern, die sein künftiger Herr selber gebrauchen könnte, würde es leichter sein, ihn einzutauschen.
    »Glaubt nur nicht, daß er selbst sie lange benutzen wird«, sagte er zu den Frauen.
    Torgunn kam mit einem Behälter aus Birkenrinde herbei, den sie mit guter Wegekost gefüllt hatte. Rapp grinste boshaft, als er das sah, sie aber setzte ihren Willen durch und sagte: dieses schenke sie dem Magister zum Dank, daß er ihr Knie geheilt habe, auch hoffe sie, er werde es ihr mit einem kräftigen Segensspruch vergelten. Der Magister saß schon zu Pferde; bleichen Angesichts segnete er Torgunn und die anderen mit schönen Worten, so daß den Frauen die Tränen kamen. Vater Willibald, auch er hoch zu Pferde, betete nun um glückliche Reise, um Schutz vor wilden Tieren und Räubern und anderen Fährnissen, wie sie denen, die über Land fuhren, zustoßen konnten; und dann ritt die gutbewaffnete und mannsstarke Schar davon, zum Thing.
    Kurz vor der Dämmerung gelangte man zum Stein und ließ sich mit anderen Herbeigekommenen auf dem gewöhnlichen Lagerplatz der Göinger an einem Bach nieder, der südlich vom Stein zwischen Gestrüpp und Birken dahinrann; dort waren noch die Spuren der früheren Lagerfeuer zu sehen. Auf der anderen Seite des Baches lagerten die Finnveder; dort gab es viel Lärm und Geschrei. Es hieß nämlich, daß die Finnveder mehr als die anderen hier Versammelten das Bier vermißten, und daher sei es seit langem bei ihnen Sitte, betrunken zum Thing zu kommen. Sie und die Göinger lagerten in einiger Entfernung vom Bache und kamen nur zum Wasser, um ihre Pferde zu tränken und die Kessel zu füllen; denn schon in alter Zeit hatte man es für das beste gehalten, unnötiges Gedränge zu vermeiden, damit der Thingfrieden nicht gestört würde.
    Die Virden waren als die letzten zur Stelle. Ihnen konnte man leicht ansehen, daß sie einen besonderen Stamm bildeten, der sich von anderen unterschied. Sie waren hochgewachsene Männer, die Silberringe in den Ohren trugen und deren Schwerter besonders lang und schwer waren. Sie trugen das Kinn ausrasiert und den Lippenbart lang, so daß er ihnen zu beiden Seiten des Mundes herabhing. Ihr Blick war gleichgültig und ihre Rede kurz. Unter ihren Nachbarn erzählte man sich, ihr hochmütiges Benehmen käme daher, daß sie von ihren Frauen regiert würden und sich das unter Fremden nicht anmerken lassen wollten; aber nur wenige wagten, sich danach bei ihnen selbst zu erkundigen.
    Sie pflegten östlich vom Stein in einem Gehölz zu lagern, wo der Bach am breitesten war; dort hatten sie guten Abstand zu den anderen, und so behagte es ihnen am besten. Sie waren die einzigen, die ihre Frauen zum Thing mitgenommen hatten. Denn die Virden waren von alters her des Glaubens, unfruchtbare Frauen könnten beim Kraka-Stein am wirksamsten geheilt werden, wenn sie bloß täten, was althergebrachte Weisheit ihnen vorschrieb; und junge, verheiratete Frauen, die in ihrer Ehe mit gutbeschaffenen Männern kinderlos blieben, waren daher immer gern zum Thing gekommen. Was

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