Die Abenteuer des Röde Orm
gegen fünfzehn Bogenschützen an Bord seien; die übrigen waren noch an Land. Aber ich wollte noch mehr von diesem Gold wissen, von dem ich bis dahin nichts gehört hatte.
Nun wurde er eifrig und sagte, es sei das Gold des Bulgarenkönigs, der es hier versteckt habe. Der Kaiser habe davon erfahren und uns mit dem Schatzmeister, dem er vertraute, hierhergesandt. »Ich sah das Gold«, sagte mein Sohn, »als es an Bord getragen wurde, und ich half mit, es mit dem kaiserlichen Siegel zu versehen. Aber der Schatzmeister hegt Haß gegen den Kaiser, seit seinem Vater Schmach angetan wurde. Den Vater hat er nun bei sich, und miteinander haben sie alles ausgeheckt. Er hatte sein ganzes Gefolge überredet; und als es dunkel geworden war, wurde Bardas getötet und mit ihm die Hauptleute und alle Bogenschützen, die an Bord waren. Das war leicht, denn sie ahnten nichts. Ich aber dachte: soeben noch gehörte das Gold dem Kaiser, und bloß Übeltäter hätten gewagt, daran zu rühren. Nun hat es der Schatzmeister; und wer ist es, der es ihm wieder nehmen wird? So dachte ich, und ich ließ mich ins Wasser fallen, ohne daß jemand es merkte, und kam hierher. Man glaubt, ich sei getötet und im Fluß versunken. Antworte du mir nun: wem wird das Gold gehören, wenn es jenen wieder genommen wird?«
Ich sagte: »Darum wohl hat der Schatzmeister sein Schiff als erstes flußab gelegt, damit er im Dunkeln sich leicht davonmachen könne. Und sind sie schon unterwegs, dann wird der das Gold haben, der es ihm nehmen und dann auch behalten kann; so ist es auf See stets Brauch. Nun lassen sie sich in aller Stille stromab treiben, und wenn niemand sie hören kann, greifen sie zu den Rudern. Und dann, im Morgengrauen, setzen sie Segel, und bei diesem Wind können sie in Kürze weit auf dem Meere sein. Wüßte man doch, wo sie hinwollen! Diese Sache gibt viel zu denken, und ich will nichts tun, bevor ich weiß, was am besten wäre.«
Halvdan sagte: »Der Schatzmeister hat mir anvertraut, daß wir nach Tmutorokan fliehen und dort, jenseits der Krim, den Schatz unter uns teilen würden; und von dort könnten wir weiter zu den Kazaren, wo wir in Sicherheit wären. Alsdann dürfte ein jeder gehen, wohin er will. Dasselbe sagte er auch anderen, und daher ist sicher, daß er nicht dorthin fährt. Aber als neue Nachrichten gekommen waren, bevor wir uns hierher aufmachten, hörte ich ihn murmelnd mit seinem Vater reden. Der Alte sagte: es sei ihnen günstig, daß der Großfürst von Kiew nun wieder mit Kebsweibern Kinder zeuge und seine hohe Gemahlin, des Kaisers Schwester, nicht mehr in Ehren halte, wodurch die Freundschaft zwischen ihm und dem Kaiser gelitten habe. So hörte ich ihn reden, und daher glaube ich, daß sie nach Kiew wollen.«
Ich sagte: »Halvdan, dein Verstand ist gut und ich glaube, du hast recht geraten. Und gehen sie nach Kiew, so halten sie damit die Richtung, die für uns die günstigste ist, und so helfen sie uns mit der Verfrachtung des Goldes ein Stück Weges heimwärts.
Bekommen wir sie so weit, so finden wir wohl auch in Kiew tüchtige Leute, die uns, wenn nötig, an ihrer Stelle gut zur Hand gehen werden. Nun brauchen wir nicht zu eilen, denn wir können ihnen nicht in Sehweite über das Meer folgen; das könnte sie so sehr beunruhigen, daß sie sich in anderer Richtung davonmachen. Aber eine Weile vor Tagesanbruch sollten wir ohne Lärm hier aufbrechen; auch die besten Schiffswachen pflegen um diese Zeit einzuschlafen. Ich habe darüber getrauert, Halvdan, daß du mich verließest, aber es mag das beste gewesen sein, was geschehen konnte, und nun sieht es so aus, als werde es uns beiden zu großem Glück gereichen.«
So sprach ich damals, da ich es nicht besser verstand. Aber man kennt keinen Gott, der es leiden mag, daß die Menschen sich vorzeitig ihres Glückes rühmen.
Ich fragte ihn nach der Frau, die ihn an sich gelockt hatte. Er antwortete mir, der Schatzmeister sei ihrer müde geworden und habe sie in ein Kloster sperren lassen, da es ihr zur Gewohnheit geworden war, wenn er sie züchtigte, zurückzuschlagen. – »Und«, sagte Halvdan, »als ich entdeckte, daß sie auch mit anderen jungen Männern ihre Lust hatte, wurde auch ich ihrer müde.«
Das fand ich gut, und ich versprach ihm viel bessere Frauen, wenn wir einst mit dem Golde glücklich daheim sein würden.
Wir lichteten, als der Augenblick da war, die Anker, und mit eingezogenen Rudern, während die Ruderknechte auf ihren Bänken schliefen, wendeten
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