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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Bengtsson
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fast nackt sein, was ihnen zuerst eine große Schande schien, und alle waren mit einem Bein an eine Kette gefesselt. Neben den anderen nahmen sie sich anfangs sehr weißhäutig aus; die Sonne schälte ihnen die Haut vom Rücken, und jeder Sonnenaufgang brachte ihnen größere Plage. Doch nach einiger Zeit waren sie wie mit Rinde überzogen und vergaßen die Tage zu rechnen und wußten nur von Rudern und Schlaf, von Hunger und Durst, von Trinkendürfen und Gesättigtwerden und dann wieder von Rudern. Zuletzt kamen sie so weit, daß sie, wenn sie sich mehr als gewöhnlich hatten anstrengen müssen, am Ruder sitzend für eine Weile in Schlaf fallen und doch wie die anderen weiterrudern konnten, ohne aus dem Takt zu geraten und dann durch die Peitsche des Aufsehers geweckt zu werden. Da waren sie zu richtigen, guten Rudersklaven geworden.
    Sie ruderten bei Hitze und Regengüssen und mitunter bei schöner Kühle, und kalt war es nie. Sie waren Sklaven des Kalifen, aber sie wußten wenig davon, wohin sie fuhren oder wozu ihre Mühsal nütze war. Sie kamen an steilen Küsten vorbei und an fruchtbarem Tiefland und arbeiteten sich schwer in breiten reißenden Flüssen aufwärts; sie sahen an den Ufern Männer, die schwarz und braun waren und mitunter, von ferne, erblickten sie auch schleiertragende Frauen. Sie fuhren durch den Njörvasund an Gibraltar vorbei und kamen so weit, wie die Macht des Kalifen reichte; und sie sahen reiche Inseln und schöne Städte, die alle ohne Namen für sie waren. Sie legten in großen Häfen an und wurden in Sklavenhäusern eingesperrt, bis es wieder an der Zeit war, hinauszufahren; sie ruderten scharf hinter fremden Schiffen her, bis es ihnen fast die Herzen zersprengte; und dann lagen sie vornübergebeugt, während Enterungen vor sich gingen, von denen sie nichts sehen konnten.
    Sie kannten keine Trauer und keine Hoffnung und riefen zu keinen Göttern; es war ihnen genug, das Ruder zu führen und sich vor dem Mann mit der Peitsche zu hüten, der ihr Rudern überwachte. Ihn haßten sie mit großer Erbitterung, wenn er sie mit der Peitsche antrieb; aber sie haßten ihn noch mehr, wenn er, während scharf gerudert wurde, mit in Wein getränkten Brotbissen unter ihnen umherging und sie ihnen in den Mund schob. Denn dann wußten sie, daß sie ohne Rast so lange rudern mußten, wie sie irgend vermochten. Seine Worte verstanden sie nicht; aber aus dem Ton seiner Stimme lernten sie bald erfahren, wie viele Schläge er an Saumselige auszuteilen gedachte, und es machte sie glücklich, sich auszudenken, wie er mit abgeschnittener Kehle oder unter so vielen Peitschenhieben, daß die Wirbelknochen zwischen dem Blut hervorsahen, einen schweren Tod sterben werde.
    In seinen alten Tagen sagte Orm von dieser Zeit, daß sie lang zu durchleben war, aber sich schnell erzählen lasse, denn ein Tag glich dem anderen, so daß es war, wie wenn die Zeit stillestände. Aber er hatte doch einige Anzeichen dafür, daß sie verging, und eines davon war sein Bart. Er war der einzige, der als bartloser Jüngling ans Ruder gesetzt worden war, aber sein Bart fing bald zu wachsen an und wurde noch roter als sein Haar; und zuletzt war er so lang, daß er beim Vorbeugen das Ruder fegte. Dann wurde er nicht mehr länger, denn die ständige Berührung mit dem Ruder schabte ihn kurz; und von allen Arten, den Bart zu kappen, war diese, wie er zu sagen pflegte, die schlimmste.
    Ein anderes Anzeichen war das Zunehmen seiner Kräfte. Er war stark, schon als er ans Ruder gesetzt wurde, und hatte sich auf Kroks Schiff ans Rudern gewöhnt; aber freie Männer arbeiten anders als Sklaven, und wenn er lange und anstrengend gerudert hatte, konnte anfangs Schwindel und Mattigkeit über ihn kommen. Er sah, wie Männern das Herz zersprang und wie ihnen blutiger Schaum im Bart stand und wie sie in Zuckungen rücklings von der Bank fielen und starben und über Bord geworfen wurden; aber er wußte, daß ihm nur zwischen zwei Dingen die Wahl blieb: ebensolange zu rudern wie die andern – auch wenn er sich dabei zu Tode mühte – oder die Peitsche des Aufsehers zu schmecken. Er pflegte zu sagen, daß er stets das erste wählte, obwohl es nicht gerade begehrenswert war; denn gleich zu Anfang hatte er einmal die Peitsche zu spüren bekommen, und da wußte er, daß er beim zweitenmal in Raserei ausbrechen würde. Und das wäre sein sicherer Tod gewesen.
    Darum ruderte er, so gut er irgend konnte, auch wenn Schwindel ihn erfaßte und Rücken und Arme

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