Die Abenteuer des Röde Orm
berichten, was ihr, seitdem sie sich getrennt hatten, widerfahren sei.
»Der Befehlshaber des Schiffes brachte mich hierher nach Cordova«, sagte sie, »und er rührte mich nicht an, obschon ich vor ihm nackt hatte dastehen müssen. Er hatte gesehen, daß ich ein gutes Geschenk für seinen Herrn, den Visir, war. Jetzt gehöre ich Almanzur, dem Visir des Kalifen und dem mächtigsten Mann im ganzen Land; und nachdem er mich in der Lehre des Propheten hatte unterweisen lassen, machte er mich, die Sklavin, zur ersten Gemahlin, denn er fand, daß meine Schönheit größer war als die aller anderen. Gelobt sei Allah dafür! Und so ist es mir denn gut ergangen dank euch, denn wenn ihr nicht zur Burg meines Vaters gekommen wäret, so säße ich wohl noch heute in Furcht vor ihm da und hätte aller meiner Schönheit zum Trotz einen schlechten Mann bekommen. Und darum wollte ich euch, soviel bei mir steht, behilflich sein, sobald Salaman, der meinen schönsten Schmuck zu schmieden pflegt, mich wissen ließ, daß ihr noch am Leben seid.«
»Dreien sind wir Dank schuldig«, sagte Orm, »daß sie uns von der Ruderbank geholfen haben: dir und Salaman und einem Mann von Malaga namens Khalid. Aber nun wissen wir, daß du von diesen dreien die mächtigste bist, und daher danken wir dir am meisten. Und es ist ein großes Glück für uns, daß wir dir und den beiden anderen begegnet sind, denn sonst säßen wir noch immer am Ruder und hätten nichts anderes vor uns als den Tod. Nun wollen wir gern in den Dienst deines Herrn treten und ihm gegen seine Feinde helfen. Und obschon deine Macht groß ist, so ist es doch merkwürdig, daß du ihn überreden konntest, uns freizugeben, denn seit den Zeiten der Lodbroksöhne gelten wir nordischen Seefahrer wahrscheinlich als Feinde hier.« »Durch die Einnahme der Burg meines Vaters habt ihr meinem Herrn einen Dienst getan, denn so wurde ich in seine Hand gegeben. Und bei uns weiß man, daß die Männer aus eurem Lande ihr Wort halten und gute Krieger sind. Denn beide, der Kalif Abderrachman der Große und auch Emir Abdallah, sein Vater, hatten viele Nordmänner in ihrer Leibwache. Damals kamen sie an die spanischen Küsten, aber seitdem sind nicht viele hierhergekommen und in der Leibwache gibt es keine außer euch. Und wenn ihr meinem Herrn Almanzur gut dient, wird euch guter Lohn werden, und euch und euren Mannen wird der Hauptmann der Leibwache volle Kriegsausrüstung und gute Waffen geben. Aber für euch beide habe ich ein Geschenk.«
Sie rief einem der Sklaven von der Sänfte zu, und er kam mit zwei Schwertern herbei; sie hatten schön verzierte Griffe und dazu Gurte mit schweren Silberbuckeln. Sie reichte das eine der Schwerter Toke und das andere Orm. Sie nahmen sie mit großer Freude entgegen, denn es hatte sie trübe gestimmt, daß sie bisher ohne Waffen hatten einhergehen müssen. Sie zogen die Schwerter und besichtigten genau die Klingen und probten, wie die Klingen in der Hand lagen. Salaman sah sich die Schwerter an und sagte: »Diese sind in Toledo geschmiedet, wo es die besten Stahl- und Silberschmiede gibt. Dort werden die Schwerter noch gerade hergestellt wie zur Zeit der gotischen Könige, die hier herrschten, bevor die Diener des Propheten in dieses Land kamen. Und bessere Schwerter als diese werden in unseren Tagen nicht geschmiedet.«
Toke lachte vor Zufriedenheit, dann wieder murmelte er vor sich hin und sagte schließlich:
»Lange lag in den Händen
Dem Heermann des Ruders Holz,
Nun tut es gut, aufs neue
Zu greifen des Kriegers Klinge.«
Orm wollte ihm im Dichten nicht nachstehen; er sann nach, hielt das Schwert hin und sagte:
»Das Schwert, das mir gab die Schöne,
Fasse ich fest mit der Linken,
Schwing es gleich Tyr, dem Gotte,
Stechen kann wieder die Schlange.«
Subaida lachte und sagte:
»Einem Mann ein Schwert geben, ist wie wenn man einer Frau einen Spiegel schenkt. Beide haben dann für nichts anderes mehr Augen. Aber es ist schön zu sehen, daß Geschenke so gut aufgenommen werden; möget ihr sie mit Glück tragen!«
Orm sagte ihr:
»Nun fühlen Toke und ich uns als Häuptlinge, denn so gute Schwerter wie diese haben wir noch nicht gesehen. Und gleicht dir dein Herr Almanzur, so ist er guter Dienste wert.«
Damit endete diese Begegnung. Subaida sagte, es sei nun Zeit für sie, Lebewohl zu sagen, und vielleicht würde man sich noch einmal sehen. Damit stieg sie in ihre Sänfte und ließ sich forttragen. Orm und Toke kehrten mit Salaman zu dessen Haus
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