Die Abenteuer des Röde Orm
können wir hier ebenso viele Frauen haben wie sonst jemand«, sagte Ögmund, »denn die Männer hier sehen im Vergleich zu uns nicht gerade besonders aus.«
»Jeder Mann in diesem Lande darf vier Frauen haben, wenn er sich zum Propheten und dessen Lehre bekennt«, sagte Orm. »Aber hat er das einmal getan, so darf er nie mehr Wein trinken.«
»Da ist die Wahl nicht leicht«, sagte Toke, »denn ihr Bier schmeckt meiner Zunge fade. Aber vielleicht haben wir ihr bestes Gebräu noch nicht zu schmecken bekommen. Und vier Frauen scheinen mir für mich gerade das richtige zu sein.«
Sie kamen zu einem großen Hof, wo sich viel Kriegsvolk aufhielt, und verbrachten dort die Nacht. Am nächsten Morgen kam ein fremder Mann und führte sie zu einem in der Nähe gelegenen Hause; dort nahmen Bader und Barbiere sich ihrer an, und in schönen kleinen Schalen wurde ihnen kühles Getränk gereicht. Darauf gab man ihnen weichere Kleider, die ihrer Haut nicht weh taten, denn da sie so lange nackt gewesen waren, vertrugen sie kein rauhes Gewebe. Sie blickten einander an und lachten, weil sie nun so verändert aussahen, und in großem Staunen über das alles wurden sie in ein kleines Eßzimmer geführt, wo ein Mann ihnen entgegentrat und sie willkommen hieß. Sie erkannten sofort Salaman, obschon er nun anders aussah als das letztemal; nun merkte man an allem, daß er ein reicher und mächtiger Mann war.
Er lud sie ein, zu essen und zu trinken und sich wie im eigenen Hause zu fühlen. Aber er hatte fast alles vergessen, was er einst von der nordischen Sprache gewußt hatte, und konnte daher nur mit Orm reden. Orm dankte ihm, so gut er es vermochte, aber vor allem, sagte er, wollten sie wissen, ob sie nun freie Männer oder immer noch Sklaven seien.
Salaman antwortete, sie seien auch fernerhin Sklaven des Kalifen, daran könne er nichts ändern; aber nun sollten sie in der Leibwache dienen, die aus den besten Kriegsgefangenen des Kalifen bestehe und aus Sklaven, die man in fremden Ländern gekauft habe. Eine solche Leibwache hätten die Kalifen von Cordova immer besessen, da sie sich unter deren Schutz sicherer fühlten, als wenn sie eine bewaffnete Schar ihrer eigenen Untertanen im Hause hätten. Denn wenn im Lande Unzufriedenheit herrsche, könnten diese von Verwandten und Freunden leichter verlockt werden, Hand an den Kalifen zu legen.
Doch bevor sie der Leibwache zugeteilt wurden, blieben sie fünf Tage und hatten es gut. Sie aßen eine Menge Leckereien, und so oft sie es wünschten, brachte man ihnen Getränke; Musikanten spielten für sie auf, und jeden Abend waren sie heiter vom Weine. Doch Orm und die anderen hatten stets ein Auge auf Toke, damit er nicht zu viel trank und zu weinen anfing und dann gefährlich wurde. Ihr Wirt bot einem jeden von ihnen eine junge Sklavin als Bettgesellschaft an, und das freute sie am allermeisten. In weicheren Betten, als sie je gekannt hatten, schliefen sie nun bis in den späten Morgen hinein, und bei Tisch stritten sie freundschaftlich darum, wer von ihnen die beste Sklavin bekommen hatte, und keiner wollte die seine gegen eine andere tauschen.
Salaman forderte am dritten Abend Orm und Toke auf, ihm zu folgen, denn es gebe noch jemanden, dem sie für ihre Befreiung Dank schuldeten, und diese unbekannte Person hätte vielleicht noch mehr für sie getan als er. Sie folgten ihm durch viele enge Gassen. Orm fragte, ob vielleicht Khalid, der große Dichter von Malaga, nach Cordova gekommen sei und ob sie nun ihn treffen würden? Salaman sagte, sie würden jemand begegnen, der vornehmer sei als Khalid.
»Und nur ein Fremder«, fügte er mit Bestimmtheit hinzu, »kann glauben, daß jener Khalid ein großer Dichter sei, wenn auch er selbst sich für einen solchen ausgibt. Wenn ich die wahrhaft großen Dichter zusammenzähle, die heute unter der Herrschaft des Kalifen leben, so sind wir alle miteinander nur fünf; und Khalid wird nie zu uns gehören – er mag noch so fleißig mit seinen Reimen spielen. Aber du tust recht, Orm, wenn du mit Freundlichkeit an ihn denkst, denn ohne seine Botschaft hätte ich von dir und deinen Mannen nichts gehört, daher solltest du ihm bei einer Begegnung nicht widersprechen, wenn er sich Dichter nennt.«
Orm sagte, er habe Verstand genug, Dichtern gegenüber ihre eigene Größe nicht zu bestreiten; und Toke wollte nur wissen, warum denn auch er auf diese Wanderung mitgenommen worden sei, denn er könne ja nicht verstehen, was gesagt werde. Salaman sagte, es sei
Weitere Kostenlose Bücher