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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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»Ich verrate Ihnen die richtige Lösung. Lady St. Simon ist eine Fiktion. Es gibt keine Lady St. Simon, und es hat nie eine gegeben.«
      Lestrade sah meinen Gefährten traurig an. Dann wandte er sich zu mir, tippte dreimal mit dem Finger an seine Stirn, schüttelte schwermütig den Kopf und eilte davon.
      Kaum hatte Lestrade die Tür geschlossen, als Holmes aufstand und den Mantel anzog. »Das hat etwas für sich, was der Bursche über harte Arbeit gesagt hat«, bemerkte er, »und so glaube ich, daß ich Sie für eine Weile Ihren Zeitungen überlassen muß.«
      Es war kurz nach fünf Uhr, als Sherlock Holmes ging, aber ich kam nicht dazu, mich einsam zu fühlen; denn es war noch keine Stunde vorbei, als ein Delikatessenhändler mit einer sehr großen, flachen Kiste erschien. Er hatte einen Jungen mit, und die beiden leerten die Kiste und breiteten zu meinem wachsenden Staunen auf unserem bescheidenen Mahagonitisch ein ausgesprochen epikuräisches kleines Abendessen aus. Da gab es ein Paar kalte Waldschnepfen, einen Fasan, eine pâté de foie gras und dazu einige alte, spinnwebbedeckte Flaschen. Nachdem sie die Köstlichkeiten aufgetragen hatten, verschwanden die zwei wie Geister aus Tausendundeiner Nacht, ohne anderes erklärt zu haben, als daß dies hierher beordert und bezahlt worden sei.
      Kurz vor neun Uhr kam Sherlock Holmes ins Zimmer. Seine Miene war ernst, aber in seinem Auge stand ein Leuchten, und daran erriet ich, daß seine Schlußfolgerungen ihn nicht getäuscht hatten.
      »Der Abendbrottisch ist also schon gedeckt«, sagte er und rieb sich die Hände.
      »Sie scheinen Gesellschaft zu erwarten. Man hat für fünf gedeckt.«
      »Ja, ich habe eine Ahnung, Gäste könnten vorbeischauen«, sagte er. »Ich bin überrascht, daß Lord St. Simon noch nicht eingetroffen ist. Ha! ich glaube, ich höre seinen Schritt auf der Treppe.«
      Es war wirklich unser Besucher vom Morgen; brüsk trat er ein. Sein Pincenez schwang heftiger denn je, und seine aristokratischen Züge wirkten schwer verstört.
      »Hat meine Botschaft Sie also erreicht?« fragte Holmes.
      »Ja. Ich muß gestehen, daß mich der Inhalt über die Maßen erstaunt hat. Besitzen Sie Beweise für das, was Sie behaupten?«
      »Die besten.«
      Lord St. Simon sank in einen Sessel und strich mit den Händen über die Stirn.
      »Was wird der Duke sagen«, murmelte er, »daß einem der Familie solche Demütigung widerfuhr?«
      »Es ist der reinste Glücksfall. Ich kann nicht gutheißen, daß Sie von Demütigung sprechen.«
      »Ah, Sie betrachten diese Dinge von einem anderen Standpunkt aus.«
      »Ich sehe nicht, wie jemandem Schuld zugeschoben werden könnte. Ich weiß nicht, wie die Lady anders hätte handeln sollen, wenn auch ihre plötzliche Art zweifellos zu bedauern ist. Sie hat keine Mutter, und so gab es niemanden, der sie in solch einer Krise hätte beraten können.«
      »Es handelt sich um Geringschätzung, Geringschätzung vor aller Öffentlichkeit«, sagte Lord St. Simon und klopfte mit den Fingern auf den Tisch.
      »Sie müssen gegen das arme Mädchen Nachsicht üben, das sich in einer so unerhörten Lage befand.«
      »Ich werde keine Nachsicht üben. Ich bin wirklich zornig; man hat mich schändlich mißbraucht.«
      »Ich glaube, es hat geklingelt«, sagte Holmes. »Ja, ich höre Schritte auf dem Treppenabsatz. Für den Fall, daß ich Sie nicht überreden kann, die Angelegenheit in einem milderen Licht zu sehen, habe ich jemanden bestellt, der vielleicht erfolgreicher als ich sein wird.« Er öffnete die Tür und ließ eine Dame und einen Herrn herein.
      »Lord St. Simon«, sagte er, »erlauben Sie, daß ich Sie mit Mr. und Mrs. Francis Hay Moulton bekannt mache. Der Dame, denke ich, sind Sie bereits begegnet.«
      Beim Anblick der Neuankömmlinge war unser Klient von seinem Platz aufgesprungen; er stand nun sehr gerade, die Augen niedergeschlagen und eine Hand in den Gehrock geschoben – ein Bild beleidigter Würde. Die Dame tat einen schnellen Schritt auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen, aber er hob den Blick nicht. Vielleicht war das gut für seine Entschlossenheit, denn ihrem bittenden Gesicht war schwer zu widerstehen.
      »Du bist zornig, Robert«, sagte sie. »Nun ja, Du hast allen Grund dazu.«
      »Bitte, keine Entschuldigung«, sagte Lord St. Simon bitter.
      »Oh, ich weiß, daß ich dich wirklich schlecht behandelt habe und daß ich mit dir hätte

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