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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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verlassen, aber sie weiß nicht, welch ein indirekter oder politischer Einfluß auf einen Geschäftsmann ausgeübt werden kann. Außerdem, erinnern Sie sich, war sie entschlossen, es in wenigen Tagen gegen unseren Klienten zu gebrauchen. Es muß irgendwo sein, wo sie es leicht erreicht. Es muß sich in ihrem Haus befinden.«
      »Aber das ist zweimal durchsucht worden.«
      »Pah! Die Leute wußten nicht, wie man sucht.«
      »Und wie wollen Sie suchen?«
      »Ich werde nicht suchen.«
      »Was dann?«
      »Ich werde sie dazu bringen, mir das Bild zu zeigen.«
      »Aber sie wird sich weigern.«
      »Das wird sie nicht können. Aber ich höre Räderrumpeln. Das ist ihr Wagen. Befolgen Sie jetzt meine Anordnungen aufs I-Tüpfelchen.«
      Während er sprach, bogen die Seitenlichter eines Wagens um die Straßenecke. Sie gehörten zu einem schmucken kleinen Landauer, der vor die Tür von ›Briony Lodge‹ ratterte. Er hielt, und einer von den an der Ecke lungernden Männern sprang hinzu, die Tür zu öffnen, in der Hoffnung, ein paar Münzen zu verdienen, aber er wurde von einem anderen Lungerer, der in gleicher Absicht herbeieilte, beiseite gestoßen. Ein wilder Streit brach los, den die beiden Soldaten, die für den ersten Bummler Partei ergriffen, und der Scherenschleifer, der sich genauso heiß für die andere Seite einsetzte, noch verschlimmerten.
      Der erste Schlag fiel, und im Nu befand sich die aus dem Wagen gestiegene Dame inmitten eines kleinen Knäuels erhitzter kämpfender Männer, die mit Fäusten und Stöcken wüst aufeinander einhieben. Holmes warf sich hinein, um die Dame zu beschützen; aber gerade als er sie erreicht hatte, schrie er auf und fiel zu Boden, und Blut rann ihm in Strömen übers Gesicht. In dem Moment nahmen die Soldaten die Beine in die Hand und flohen in die eine und die Lungerer in die andere Richtung, während eine Anzahl besser gekleideter Leute, die der Rauferei ohne sich einzumischen zugesehen hatten, herandrängte, um der Dame zu helfen und dem Verwundeten beizustehen. Irene Adler, wie ich sie weiter nennen will, lief die Vortreppe hinauf; aber oben auf dem Absatz blieb sie stehen, ihre herrliche Gestalt zeichnete sich ab gegen die Lichter der Halle. Sie blickte zurück auf die Straße.
      »Ist der arme Herr sehr verletzt?« fragte sie.
      »Er ist tot!« schrien verschiedene Stimmen.
      »Nein, nein«, rief einer, »es ist noch Leben in ihm, aber er wird sterben, ehe er das Hospital erreicht.«
      »Er ist ein tapferer Mann«, sagte eine Frau. »Wenn er nicht gewesen wäre, hätten sie die Tasche und die Uhr der Dame erbeutet. Das war eine Bande, und brutal noch dazu. Ah, jetzt atmet er.«
      »Er kann nicht auf der Straße liegen. Dürfen wir ihn hineinbringen, Madam?«
      »Gewiß. Tragen Sie ihn in den Salon. Da steht eine bequeme Couch. Bitte, hier hinein.«
      Langsam und feierlich wurde Holmes ins Haus getragen und in das große Zimmer gelegt; ich konnte die Vorgänge von meinem Posten am Fenster verfolgen. Die Lampen wurden angezündet, aber die Jalousie blieb oben, so daß ich Holmes auf der Couch sah. Ich weiß nicht, ob ihn Gewissensbisse plagten, weil er eine solche Rolle spielte, aber ich weiß, daß ich mich nie mehr geschämt habe als in diesem Augenblick, da ich die Anmut und Freundlichkeit erblickte, mit der das herrliche Geschöpf, gegen das ich mit im Komplott war, den verletzten Mann pflegte. Und doch wäre es schwärzester Verrat an Holmes gewesen, hätte ich mich jetzt aus der Rolle gestohlen, die er mir anvertraut hatte. Ich verhärtete mein Herz und zog die Rauchrakete aus dem Ulster. Schließlich, dachte ich, verletzen wir sie ja nicht. Wir hinderten sie nur, jemanden anders zu verletzen.
      Holmes hatte sich aufgesetzt, und ich sah, wie er sich bewegte, als ob er nach Luft ränge. Ein Dienstmädchen lief durch den Raum und stieß das Fenster auf. Im selben Moment sah ich ihn die Hand heben, und auf das Signal hin warf ich die Rakete ins Zimmer und schrie »Feuer!« Das Wort war kaum aus dem Mund, als die ganze Zuschauermenge, ob gut oder schlecht gekleidete Leute, Herren oder Pferdeknechte und Dienstboten, in einen allgemeinen Schrei »Feuer!« einstimmte. Dicke Rauchwolken füllten das Zimmer und wälzten sich zum Fenster hinaus; ich sah die Umrisse eilender Gestalten und hörte einen Augenblick später Holmes’ Stimme aus dem Hausinnern, die allen versicherte, es sei ein falscher Alarm. Ich schlüpfte durch die

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