Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1
zerstört. Ich will Ihnen zunächst erzählen, wie ich in seine Gewalt kam.
Es war in den frühen Sechzigern in den Goldminen. Ich war ein junger Bursche, heißblütig und rücksichtslos, bereit, alles anzupacken, was sich mir bot; ich geriet in schlechte Gesellschaft, fing zu trinken an, hatte kein Glück in meinem Claim, zog mich in den Busch zurück und wurde, mit einem Wort, was man hierzulande einen Straßenräuber nennt. Wir waren unser sechs und führten ein wildes freies Leben, überfielen von Zeit zu Zeit eine Station oder stoppten die Wagen auf der Straße zu den Goldfeldern. Den schwarzen Jack von Ballarat nannte man mich, und in der Kolonie erinnert man sich an uns noch als an die BallaratGang.
Eines Tages ging ein Goldtransport von Ballarat nach Melbourne, und wir lagen auf der Lauer und griffen ihn an. Sechs Bewacher standen gegen sechs von uns, also eine ausgeglichene Angelegenheit; aber wir putzten mit der ersten Salve vier aus den Sätteln. Drei von unseren Jungs wurden dennoch getötet, ehe wir an die Beute kamen. Ich setzte dem Kutscher die Pistole an den Kopf, und der war kein anderer als McCarthy. Ich wünsche bei Gott, ich hätte ihn damals erschossen; doch ich schonte ihn, obwohl ich sah, wie seine hinterhältigen kleinen Augen auf mein Gesicht gerichtet waren, als wollten sie sich jeden Zug einprägen. Wir machten uns mit dem Gold davon, wurden reiche Männer und gingen nach England zurück, ohne daß man uns verdächtigte. Ich trennte mich von meinen alten Kumpanen und beschloß, ein ruhiges und geachtetes Leben zu führen. Ich kaufte diese Besitzung, die zufällig angeboten wurde, ich ließ mich nieder, um ein wenig Gutes mit dem Geld zu tun und dadurch die Art und Weise, wie ich es erworben hatte, wettzumachen. Ich heiratete auch, und obwohl meine Frau jung starb, blieb mir von ihr doch meine liebe kleine Alice. Schon als kleines Kind schien sie mich an ihrer winzigen Hand den rechten Weg zu führen, so wie ich nie geführt worden bin. Mit einem Wort: Ich schlug eine neue Seite auf und tat mein Bestes, die Vergangenheit wettzumachen. Alles ging gut, bis McCarthy mich in den Griff bekam.
Ich war wegen einer Investition in der Stadt, und ich traf ihn in der Regent Street, kaum daß er einen Mantel auf dem Leibe und Schuhe an den Füßen trug.
›Da sind wir, Jack‹, sagte er und berührte mich am Arm, ›wir werden von jetzt an eine Art Familie sein. Wir sind zwei, ich und mein Sohn, und du kannst für uns sorgen. Wenn nicht – dieses England ist ein schönes, gesetzestreues Land, und an jeder Ecke steht ein Polizist.‹
Nun, sie ließen sich im Westteil des Landes nieder, da gab es kein Abschütteln, und sie lebten seitdem pachtfrei auf meinem besten Land. Ich fand keine Ruhe, keinen Frieden, kein Vergessen; ich konnte mich drehen, wie ich wollte, überall war sein hinterhältiges grinsendes Gesicht. Es wurde schlimmer, als Alice heranwuchs, denn er hatte bald bemerkt, daß ich mich mehr davor fürchtete, sie könnte meine Vergangenheit erfahren, als vor der Polizei. Was immer er wollte, ich mußte ihm geben, ohne zu fragen, Land, Geld, Häuser, bis er schließlich etwas verlangte, das ich nicht hergeben konnte. Er wollte Alice.
Sein Sohn war erwachsen geworden, genau wie meine Tochter, und da bekannt war, daß ich eine schwache Gesundheit hatte, erschien es ihm als ein glänzender Streich, wenn sein Bursche in den ganzen Besitz einsteigen würde. Aber hier blieb ich fest. Ich wollte es nicht dulden, daß seine verfluchte Nachkommenschaft sich mit der meinen mischte; nicht, daß ich eine Abneigung gegen den jungen Burschen gehegt hätte, aber sein Blut floß in ihm, und das war mir genug. Ich blieb fest. McCarthy drohte. Ich forderte ihn heraus, das Übelste zu tun. Wir wollten uns am Weiher treffen, auf halbem Weg zwischen unseren Häusern, um alles zu besprechen.
Als ich kam, sah ich, wie er mit seinem Sohn redete, also rauchte ich eine Zigarre und wartete hinter einem Baum, bis er allein wäre. Aber während ich dem Gespräch lauschte, bekam all das Schwarze und Bittere in mir die Oberhand. Er drängte seinen Sohn, meine Tochter zu heiraten, ohne danach zu fragen, wie sie darüber denkt, so als wäre sie eine Schlampe von der Straße. Der Gedanke, daß ich mich mit allem, was mir sehr teuer war, in der Gewalt eines solchen Mannes befand, trieb mich zum Wahnsinn. Konnte ich die Fessel nicht sprengen? Ich bin ein sterbender, verzweifelter Mann. Obwohl
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