Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
einander so nahestehen. Es war eine wilde Nacht. Draußen heulte der Wind, und der Regen schlug und spritzte gegen die Fenster. Plötzlich durchbrach der schauerliche Schrei einer entsetzten Frau das Toben des Sturms. Ich wußte: das war die Stimme meiner Schwester. Ich sprang aus dem Bett, warf mir einen Schal um und stürzte auf den Korridor. Als ich meine Tür öffnete, schien mir, ich hörte ein leises Pfeifen, so wie es mir meine Schwester beschrieben hatte, und wenig später folgte ein Klirren, so als ob Metall zu Boden fiel. Ich lief über den Gang und fand die Tür zum Zimmer meiner Schwester offen, sie schwang in den Angeln. Ich starrte sie an mit angstgeweiteten Augen und ahnte nicht, was sich als nächstes ereignen würde. Im Licht der Korridorlampe sah ich meine Schwester in der Tür erscheinen, ihr Gesicht war schreckensbleich, hilfesuchend tasteten die Hände, und sie schwankte hin und her wie ein Trunkenbold. Ich stürzte zu ihr hin und warf die Arme um sie, aber im selben Augenblick gaben ihre Knie nach, und sie fiel zu Boden. Sie wand sich wie in fürchterlichem Schmerz, und ihre Gliedmaßen zuckten qualvoll. Zuerst dachte ich, sie hätte mich nicht erkannt, aber als ich mich über sie beugte, schrie sie plötzlich mit einer Stimme, die ich nie vergessen werde: ›Mein Gott, Helen! Es war das Band! Das gefleckte Band!‹ Noch etwas wollte sie sagen, und sie stieß den Finger in die Luft in Richtung des Zimmers des Doktors, aber ein neuerlicher Anfall überkam sie, und ihr erstickten die Worte in der Kehle. Ich lief und rief laut nach meinem Stiefvater, der mir im Morgenmantel hastig entgegentrat. Aber als er bei ihr war, hatte sie das Bewußtsein verloren; er flößte ihr Kognak ein und schickte um medizinischen Beistand ins Dorf, doch alle Bemühungen waren vergebens. Sie sank langsam in sich zusammen und starb, ohne das Bewußtsein noch einmal zu erlangen. Das war das fürchterliche Ende meiner Schwester.«
      »Einen Augenblick«, sagte Holmes. »Sind Sie sicher, daß Sie das Pfeifen und den metallischen Ton gehört haben? Könnten Sie das beschwören?«
      »Der Coroner fragte mich beim Untersuchungstermin das gleiche. Ich stehe unter dem nachhaltigen Eindruck, beides gehört zu haben, und doch war bei dem Krachen des Unwetters und dem Knarren des alten Hauses eine Täuschung möglich.«
      »War Ihre Schwester angezogen?«
      »Nein, sie trug ihr Nachthemd. In der rechten Hand fand man das verkohlte Ende eines Streichholzes und in der linken eine Streichholzschachtel.«
      »Das beweist, daß sie ein Holz angezündet und sich umgesehen hat, als das Beängstigende geschah. Das ist wichtig. Und zu welchem Schluß ist der Coroner gekommen?«
      »Er untersuchte den Fall sehr sorgfältig, denn von Dr. Roylotts Benehmen weiß man seit langem in der ganzen County, aber es gelang ihm nicht, eine befriedigende Erklärung für die Todesursache zu finden. Meine Aussage klärte, daß Julia die Tür von innen verschlossen hatte und daß die Fenster durch die altmodischen Läden mit den starken Eisenstäben, die jede Nacht vorgelegt wurden, gesichert waren. Man hat die Wände sorgfältig überprüft, und es stellte sich heraus, daß sie rundherum ganz massiv sind, und auch den Fußboden untersuchte man gründlich und kam über ihn zum selben Ergebnis. Der Kamin ist zwar geräumig, aber vier große Schließklappen sperren ihn ab. So gilt es als sicher, daß meine Schwester ganz allein war, als ihr Ende sie ereilte. Außerdem waren keine Zeichen von Gewaltanwendung an ihrem Körper zu entdecken.«
      »Was ist mit Gift?«
      »Der Doktor untersuchte sie daraufhin, aber ohne Erfolg.«
      »Woran, glauben Sie, ist die unglückliche Dame dann gestorben?«
      »Ich glaube, sie starb an bloßem Schrecken, an einem Versagen der Nerven, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, was sie so in Furcht versetzt haben soll.«
      »Waren die Zigeuner um jene Zeit auf dem Landbesitz?«
      »Ja, es sind fast immer einige da.«
      »Aha. Und worauf haben Sie aus der Erwähnung des Bandes geschlossen – auf ein getupftes Band?«
      »Manchmal denke ich mir, daß sie im Delirium war, als sie so sprach, dann wieder stelle ich mir vor, daß sich diese Worte auf eine Bande von Menschen, vielleicht auf die Zigeuner, bezogen haben könnten, die auf dem Lande kampierten. Ich weiß nicht, vielleicht haben ihr die gepunkteten Taschentücher, die viele von ihnen auf dem Kopf tragen, die seltsame Wendung, die

Weitere Kostenlose Bücher