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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Gastfreundschaft entgegen, haust in ihren Zelten und zieht mit ihnen manchmal wochenlang umher. Er hegt auch eine Leidenschaft für Tiere aus Indien, die ihm auf briefliche Bestellung übersandt werden; gegenwärtig hält er einen Leoparden und einen Pavian, die frei auf seinem Land herumlaufen. Vor denen haben die Dorfbewohner fast soviel Angst wir vor ihrem Herrn.
      Nach alledem können Sie sich wohl vorstellen, daß meine arme Schwester Julia und ich nicht viel Freude am Leben hatten. Kein Diener blieb bei uns, und über eine lange Zeit haben wir selber alle Arbeit im Haus verrichtet. Als meine arme Schwester Julia starb, war sie erst dreißig, aber ihr Haar hatte bereits zu ergrauen begonnen, genauso wie meines.«
      »Ihre Schwester ist also tot?«
      »Sie starb vor zwei Jahren, und über ihren Tod möchte ich mit Ihnen sprechen. Sie verstehen wohl, daß sich uns nach dem Leben, das ich Ihnen beschrieben habe, kaum Gelegenheit bot, Leute unseres Alters und unserer Kreise kennenzulernen. Doch wir haben eine Tante, Miss Honoria Westphail, eine unverheiratete Schwester meiner Mutter, die bei Harrow lebt, und die Dame durften wir von Zeit zu Zeit besuchen. Julia war Weihnachten vor zwei Jahren bei ihr, lernte dort einen Marinemajor auf Halbsold kennen und verlobte sich mit ihm. Mein Stiefvater erfuhr von der Verlobung, als meine Schwester zurückkehrte, und erhob keine Einwände gegen eine Ehe; aber vierzehn Tage vor dem Termin, zu dem die Hochzeit festgesetzt war, geschah das Entsetzliche, das mich meiner einzigen Gefährtin beraubte.«
      Sherlock Holmes lehnte im Sessel, die Augen waren geschlossen, der Kopf ruhte auf einem Kissen, aber jetzt öffnete er die Lider und sah seine Besucherin an.
      »Bitte, seien Sie genau mit den Details«, sagte er.
      »Das fällt mir leicht, denn jedes Ereignis dieser fürchterlichen Zeit hat sich mir ins Gedächtnis eingebrannt. Das Gutshaus ist, wie ich schon sagte, sehr alt, und von den Flügeln wird nur einer jetzt noch bewohnt. Die Schlafzimmer liegen im Erdgeschoß dieses Flügels und die Wohnzimmer im Hauptbau. Von den Schlafzimmern gehört Dr. Roylott das erste, meine Schwester bewohnte das zweite und ich das dritte. Zwischen den Räumen gibt es keine Verbindung, aber alle Türen führen auf denselben Korridor. Mache ich mich verständlich?«
      »Völlig.«
      »Die Fenster der drei Zimmer gehen zum Rasen hinaus. In der verhängnisvollen Nacht war Dr. Roylott früh in sein Zimmer gegangen, und wir wußten, daß er sich nicht zur Ruhe begeben hatte, denn meine Schwester wurde vom Geruch der starken indischen Zigarren belästigt, die er zu rauchen pflegt. Sie kam deshalb zu mir herüber, und wir saßen eine Weile beisammen und schwatzten über ihre bevorstehende Hochzeit. Um elf Uhr stand sie auf, um mich zu verlassen, aber an der Tür blieb sie stehen und sah mich an.
      ›Hast du jemals‹, sagte sie, ›mitten in der Nacht jemanden pfeifen hören?‹
    ›Nie‹, sagte ich.
      ›Und es ist auch nicht möglich, daß du es bist, die im Schlaf pfeift?‹
      ›Natürlich nicht. Aber warum?‹
      ›Weil ich während der letzten Nächte immer gegen drei Uhr morgens ein leises, klares Pfeifen gehört habe. Ich habe einen leichten Schlaf und bin davon aufgewacht. Ich weiß nicht, woher es kam – vielleicht aus dem nächsten Zimmer, vielleicht vom Rasen. Ich wollte nur fragen, ob du es auch gehört hast.‹
      ›Nein, das habe ich nicht. Es müssen die abscheulichen Zigeuner auf dem Feld sein.‹
      ›Wahrscheinlich. Und doch wundert es mich, daß du es nicht auch gehört hast, wenn es vom Rasen kommt.‹
      ›Ach, ich schlafe eben tiefer als du.‹
      ›Nun, es ist ohnehin nicht so wichtig.‹ Sie lächelte mir zu, schloß die Tür, und einige Augenblicke später hörte ich deutlich, wie sich der Schlüssel in ihrem Schloß drehte.
      »Wirklich?« fragte Holmes. »Hatten Sie die Gewohnheit, sich nachts einzuschließen?«
      »Das taten wir immer.«
      »Und warum?«
      »Ich glaube, ich habe doch erwähnt, daß der Doktor einen Leoparden und einen Pavian hält. Wir fühlten uns nicht sicher, wenn die Türen nicht abgeschlossen waren.«
      »Stimmt, ja. Bitte setzen Sie Ihren Bericht fort.«
      »In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf. Ein unbestimmtes Gefühl von drohendem Unheil lastete auf mir. Meine Schwester und ich, Sie erinnern sich, waren Zwillinge, und Sie wissen, wie fein die Verbindungen solcher Seelen sind, die

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