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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Freund von McCarthy und außerdem sein großer Wohltäter; wie ich erfahren habe, hat er ihm nämlich Hatherley Farm pachtfrei überlassen.«
    »Tatsächlich! Das ist interessant«, sagte Holmes.
    »Ja, gewiß! Und er hat ihm auf hundert andere Arten geholfen. Alle Leute hier in der Gegend reden von seiner Güte ihm gegenüber.«
    »Tatsächlich! Kommt es Ihnen nicht ein wenig eigenartig vor, daß dieser McCarthy, der kaum etwas besessen zu haben scheint und wohl Turner so sehr verpflichtet war, trotzdem davon geredet haben soll, seinen Sohn mit Turners Tochter zu verheiraten, und dazu noch so, als wäre alles todsicher, als ob es nur eine Frage des Antrags wäre, und alles andere würde sich daraus ergeben? Das ist um so befremdlicher, als wir wissen, daß Turner selbst ganz gegen diese Idee war. Das hat uns die Tochter erzählt. Können Sie daraus nichts deduzieren?«
    »Damit sind wir wieder bei Deduktionen und Schlußfolgerungen«, sagte Lestrade; er zwinkerte mir zu. »Es fällt mir schwer genug, mit den Tatsachen zurechtzukommen, Holmes, auch ohne Theorien und Phantasien nachzuhängen.«
    »Sie haben recht«, sagte Holmes ernsthaft; »es fällt Ihnen wirklich schwer, mit den Tatsachen zurechtzukommen.«
    »Wie auch immer, jedenfalls habe ich eine Tatsache begriffen, die zu erfassen Ihnen wohl schwer fällt«, erwiderte Lestrade mit einiger Heftigkeit.
    »Und zwar?«
    »Daß McCarthy senior durch McCarthy junior den Tod gefunden hat und daß alle gegenteiligen Theorien Irrlichter sind.«
    »Nun ja, Irrlichter sind immerhin heller als Dunst«, sagte Holmes lachend. »Aber wenn ich mich nicht sehr irre, ist das da links Hatherley Farm.«
    »Ja, das ist es.« Es war ein breites Gebäude von gemütlichem Aussehen, mit zwei Stockwerken, Schieferdach und großen gelben Flechtenflecken auf den grauen Wänden. Die verhängten Fenster und die Kamine ohne Rauch gaben ihm jedoch ein niedergeschlagenes Aussehen, als läge die Last dieses Schreckens noch immer schwer auf ihm. Wir klopften an die Tür, und auf Holmes’ Bitte zeigte das Dienstmädchen uns die Stiefel, die ihr Herr zum Zeitpunkt seines Todes getragen hatte, außerdem ein Paar Stiefel des Sohns, wenn auch nicht jenes, das er damals angehabt hatte. Nachdem er sie von sieben oder acht verschiedenen Ansatzpunkten aus gründlich abgemessen hatte, äußerte Holmes den Wunsch, man möge ihn in den Hof führen, von wo wir alle dem mäandrierenden Pfad folgten, der zum Boscombe Pool führt.
    Sherlock Holmes war wie verwandelt, wenn er so dicht auf einer solchen Spur war. Wer nur den stillen Denker und Logiker aus der Baker Street kannte, hätte ihn nun nicht wiedererkannt. Sein Gesicht war erregt und verdüstert. Die Brauen waren zu zwei harten schwarzen Strichen geworden, unter denen seine Augen mit einem stählernen Glitzern hervorleuchteten. Sein Gesicht war nach unten gerichtet, die Schultern vorgebeugt, die Lippen zusammengepreßt, und vom langen sehnigen Hals hoben sich die Adern wie Peitschenschnüre ab. Seine Nasenflügel schienen sich in rein tierischer Jagdlust aufzublähen, und sein Geist war so ausschließlich auf die vor ihm liegende Sache konzentriert, daß Fragen oder Bemerkungen ungehört an ihm vorbeistrichen oder bestenfalls ein schnelles, ungeduldiges Knurren als Antwort hervorriefen. Schnell und stumm legte er den Weg zurück, der sich durch die Wiesen und dann durch den Wald zum Boscombe Pool windet. Der Boden war feucht und sumpfig, wie überall in dieser Gegend, und sowohl auf dem Pfad als auch in dem kurzen Gras, das ihn auf beiden Seiten umgab, waren die Spuren von vielen Füßen zu sehen. Manchmal eilte Holmes vor, dann plötzlich blieb er regungslos stehen, und einmal machte er einen ziemlichen Umweg durch die Wiesen. Lestrade und ich gingen hinter ihm her; der Detektiv war gleichgültig und voller Verachtung, während ich meinen Freund mit einem Interesse beobachtete, das aus der Überzeugung erwuchs, daß jede einzelne seiner Handlungen auf ein bestimmtes Ziel gerichtet war.
    Boscombe Pool ist eine etwa fünfzig Yards durchmessende, von Ried gesäumte Wasserfläche und liegt an der Grenze zwischen Hatherley Farm und dem privaten Park des wohlhabenden Mr. Turner. Oberhalb des Gehölzes auf der gegenüberliegenden Seite des Pools sahen wir die spitzen Giebeltürmchen rot aufragen, die uns anzeigten, an welcher Stelle sich die Behausung des reichen Landbesitzers befand. Auf der Hatherley zugewandten Seite des Pools war das Gehölz sehr dicht,

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