Die Abenteuer des Sherlock Holmes
sollte.«
Der Händler lachte grimmig. »Bring mir die Bücher, Bill«, sagte er.
Der Junge brachte ihm ein kleines und ein großes Buch mit fettigem Einband und legte sie beide unter die Hängelampe.
»Also dann, Mister Besserwisser«, sagte der Händler. »Ich dachte, ich hätte keine Gänse mehr, aber bevor wir miteinander fertig sind, werden Sie feststellen, daß hier doch noch so ein dummer Vogel ist. Sehen Sie das kleine Buch?«
»Was ist damit?«
»Das ist die Liste der Leute, von denen ich kaufe. Klar? Also weiter. Hier, auf dieser Seite, das sind die Leute vom Land, und die Zahl hinter dem Namen ist, wo ich ihr Konto in der großen Kladde finde. Also dann! Sehen Sie diese andere Seite da, mit roter Tinte? Das ist die Liste meiner Lieferanten in der Stadt. Sehen Sie sich mal den dritten Namen an. Lesen Sie ihn mir laut vor.«
»Mrs. Oakshott, 117 Brixton Road – 249«, las Holmes.
»Genau. Jetzt suchen Sie das in der Kladde.«
Holmes schlug die angegebene Seite auf. »Da ist es. ›Mrs. Oakshott, 117 Brixton Road, Eier und Geflügel.‹«
»Na, und was ist die letzte Eintragung?«
»›22. Dezember. Vierundzwanzig Gänse zu siebeneinhalb Shilling.‹«
»Genau. Da haben Sie es. Und was steht darunter?«
»›Verkauft an Mr. Windigate vom »Alpha« für zwölf Shilling.‹«
»Und was sagen Sie jetzt?«
Sherlock Holmes sah zutiefst betrübt drein. Er zog einen Sovereign aus der Tasche und warf ihn auf die Schranne; dann wandte er sich ab, mit dem Gesichtsausdruck eines Mannes, der allzu angeekelt ist, um noch zu sprechen. Einige Yards weiter blieb er unter einem Laternenpfahl stehen und lachte in seiner eigentümlichen, gleichzeitig herzhaften und lautlosen Art.
»Wenn Sie einen Mann mit solchem Backenbart sehen, aus dessen Tasche eine Turf-Zeitschrift 29 herauslugt, dann können Sie ihn immer mit einer Wette ködern«, sagte er. »Ich glaube, selbst wenn ich hundert Pfund bar auf den Tisch gelegt hätte, hätte er mir keine so vollständigen Informationen gegeben wie jetzt, als er meinte, er könnte mich bei einer Wette hereinlegen. Ich glaube, Watson, wir nähern uns dem Ende unserer Suche, und der einzige Punkt, der noch zu klären bleibt, ist die Frage, ob wir diese Mrs. Oakshott noch heute besuchen oder ob wir uns das für morgen aufheben. Nach dem, was dieser bärbeißige Bursche gesagt hat, ist es klar, daß außer uns noch andere sich für diese Sache interessieren, und ich sollte …«
Seine Ausführungen wurden jählings von lautem Getöse unterbrochen, das an dem Stand ausgebrochen war, den wir eben erst verlassen, hatten. Als wir uns umdrehten, sahen wir einen kleinen Mann mit einem Rattengesicht; er stand im Mittelpunkt des gelben Lichtkreises unter der Hängelampe, während der Händler Breckinridge, eingerahmt von der Tür seiner Bude, wütend seine Fäuste vor der geduckten Gestalt schüttelte.
»Ich habe euch und eure Gänse satt«, schrie er. »Von mir aus könnt ihr allesamt zum Teufel gehen. Wenn noch jemand kommt und mich mit diesem vermaledeiten Unsinn löchert, lasse ich meinen Hund los. Sie können Mrs. Oakshott herbringen, und ihr werde ich antworten, aber was haben Sie damit zu schaffen? Habe ich die Gänse etwa von Ihnen gekauft?«
»Nein, aber eine davon gehörte trotzdem mir«, winselte der kleine Mann.
»Dann fragen Sie doch Mrs. Oakshott nach ihr.«
»Sie hat mir gesagt, ich soll Sie fragen.«
»Von mir aus können Sie den König von Preußen danach fragen. Ich habe genug davon. Verschwinden Sie hier!« Er stürzte wütend vor, und der Frager huschte in der Dunkelheit von hinnen.
»Ha, das könnte uns einen Besuch in der Brixton Road ersparen«, flüsterte Holmes. »Kommen Sie, wir wollen sehen, was mit diesem Burschen anzufangen ist.« Mein Gefährte schritt aus, durchquerte die verstreuten Gruppen von Leuten, die um die erleuchteten Stände herumlungerten, holte den kleinen Mann sehr bald ein und berührte dessen Schulter. Er fuhr herum, und im Licht der Gaslaternen konnte ich sehen, daß jede Spur von Farbe aus seinem Gesicht gewichen war.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie?« fragte er mit zitternder Stimme.
»Entschuldigen Sie«, sagte Holmes sanft, »aber es war mir unmöglich, die Fragen zu überhören, die Sie eben dem Händler gestellt haben. Ich glaube, ich könnte Ihnen helfen.«
»Sie? Wer sind Sie denn? Was könnten Sie denn schon von der Angelegenheit wissen?«
»Mein Name ist Sherlock Holmes. Es gehört zu meinen Aufgaben, das zu wissen, was
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