Die Abenteuer des Sherlock Holmes
mit dem gleichen Aufwand zur Außenseite des Hauses legen kann!«
»Der Schacht ist auch ziemlich modern«, sagte die Dame.
»Zur gleichen Zeit installiert wie der Klingelzug?« fragte Holmes.
»Ja, zu dieser Zeit wurden mehrere kleine Veränderungen vorgenommen.«
»Sie alle scheinen sehr interessanter Natur zu sein – Klingelzugattrappen und Luftschächte, die nicht belüften. Mit Ihrer Erlaubnis, Miss Stoner, wollen wir nun unsere Nachforschungen im Zimmer nebenan weiterfuhren.«
Dr. Grimesby Roylotts Zimmer war größer als das seiner Stieftochter, aber ebenso schlicht möbliert. Ein Feldbett, ein kleines Holzregal voller Bücher – die meisten von ihnen technisch –, ein Armsessel neben dem Bett, ein einfacher Holzstuhl an der Wand, ein runder Tisch und ein großer eiserner Geldschrank waren die wichtigsten Dinge, die uns ins Auge fielen. Holmes wanderte langsam durch den Raum und untersuchte jeden einzelnen Gegenstand mit größter Hingabe.
»Was ist darinnen?« fragte er; er klopfte auf den Geldschrank.
»Die Geschäftspapiere meines Stiefvaters.«
»Oh! Sie haben also schon einmal hineingeschaut?«
»Nur einmal, vor einigen Jahren. Ich erinnere mich daran, daß er voller Papiere war.«
»Es ist nicht zum Beispiel eine Katze darin?«
»Nein. Welch eine seltsame Idee!«
»Nun, dann schauen Sie mal!« Er ergriff eine kleine Untertasse mit Milch, die auf dem Schrank stand, und hielt sie hoch.
»Nein, wir haben keine Katze. Aber es gibt hier einen Geparden und einen Pavian.«
»Ah ja, natürlich. Nun, ein Gepard ist nichts als eine große Katze, aber trotzdem wird eine Untertasse voll Milch seine Bedürfnisse nur zu einem sehr kleinen Teil befriedigen können, denke ich. Da gibt es einen Punkt, den ich klarstellen möchte.« Er hockte sich vor den hölzernen Stuhl und untersuchte die Sitzfläche mit größter Sorgfalt.
»Danke sehr, das ist geklärt«, sagte er dann, als er sich erhob und das Vergrößerungsglas in seine Tasche steckte. »Hallo! Da ist aber etwas Interessantes!«
Das Objekt, das seinen Blick angezogen hatte, war eine kleine Hundeleine, die an einer Ecke des Bettes hing. Die Leine war jedoch in sich zurückgedreht und so verknotet, daß sie eine Schlinge ergab.
»Was machen Sie daraus, Watson?«
»Das ist eine ganz normale Leine. Ich wüßte aber nicht, weshalb sie so verknotet sein soll.«
»Das ist nicht ganz so normal, nicht wahr? Ach ja, es ist dies schon eine böse Welt, und wenn ein kluger Mann sein Hirn auf Verbrechen wendet, dann ist das das Schlimmste überhaupt. Ich glaube, ich habe nun genug gesehen, Miss Stoner, und mit Ihrer Erlaubnis wollen wir jetzt auf den Rasen gehen.«
Ich hatte das Gesicht meines Freundes noch nie so grimmig und seine Stirn noch nie so finster gesehen wie nun, da wir den Schauplatz seiner Nachforschungen verließen. Wir waren mehrmals auf dem Rasen hin und her gegangen; weder Miss Stoner noch ich wollten seine Gedankengänge unterbrechen, ehe er selbst sich aus der Versunkenheit riß.
»Es ist überaus wichtig, Miss Stoner«, sagte er, »daß Sie sich in jeder Hinsicht völlig an meinen Rat halten.«
»Das werde ich gewiß tun.«
»Die Sache ist viel zu ernst, als daß man noch zögern dürfte. Ihr Leben kann davon abhängen, daß Sie mir folgen.«
»Ich versichere Ihnen, ich gebe mich ganz in Ihre Hände.«
»Zu allererst müssen mein Freund und ich die Nacht in Ihrem Zimmer verbringen.«
Miss Stoner und ich starrten ihn verblüfft an.
»Ja, es muß so sein. Lassen Sie es mich erklären. Ich glaube, das da drüben ist das Dorfgasthaus?«
»Ja, das ist
The Crown.
«
»Sehr gut. Ihre Fenster sind von dort sichtbar?«
»Gewiß.«
»Sie müssen sich unter dem Vorwand von Kopfschmerzen in Ihrem Zimmer einschließen, wenn Ihr Stiefvater heimkommt. Wenn Sie dann hören, daß er sich für die Nacht zurückzieht, müssen Sie die Läden Ihres Fensters öffnen, den Haken lösen, Ihre Lampe als Zeichen für uns hinstellen und sich dann mit allem, was Sie möglicherweise benötigen könnten, in Ihr altes Zimmer begeben. Ich zweifle nicht daran, daß Sie es dort trotz der Reparaturarbeiten eine Nacht lang aushalten könnten.«
»O ja, ohne Schwierigkeiten.«
»Alles andere überlassen Sie uns.«
»Aber was wollen Sie unternehmen?«
»Wir werden die Nacht in Ihrem Zimmer verbringen und die Ursache für dieses Geräusch erforschen, das Sie so beunruhigt hat.«
»Mr. Holmes, ich glaube, daß Sie schon zu einem Schluß gekommen sind«, sagte
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