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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Miss Stoner. Sie legte ihre Hand auf den Arm meines Gefährten.
    »Vielleicht.«
    »Dann sagen Sie mir um Himmels willen, was der Grund für den Tod meiner Schwester war.«
    »Ich zöge es vor, deutlichere Beweise zu haben, bevor ich mich dazu äußere.«
    »Sie könnten mir wenigstens sagen, ob mein eigener Gedankengang richtig ist und sie an einem plötzlichen Schrecken gestorben ist.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, daß es wahrscheinlich eine faßbarere Ursache gab. Und nun, Miss Stoner, müssen wir Sie verlassen, denn wenn Dr. Roylott heimkäme und uns sähe, dann wäre unsere Reise vergebens gewesen. Good-bye und seien Sie tapfer, denn wenn Sie tun, was ich Ihnen gesagt habe, können Sie sicher sein, daß wir die Gefahren, die Sie bedrohen, bald verjagt haben werden.«
    Sherlock Holmes und ich hatten keine Schwierigkeiten, ein Schlafzimmer und einen Wohnraum im
Crown Inn
zu bekommen. Sie lagen im Obergeschoß, so konnten wir das Tor, die Auffahrt und den bewohnten Flügel des Herrenhauses von Stoke Moran überschauen. Bei Sonnenuntergang sahen wir Doktor Grimesby Roylott vorüberkommen; seine riesigen Umrisse ragten neben der kleinen Gestalt des Jungen auf, der ihn fuhr. Der Junge hatte einige Schwierigkeiten, die schweren Eisentore zu öffnen, und wir hörten das heisere Gebrüll der Stimme des Doktors und sahen, mit welcher Wut er ihm mit seinen geballten Fäusten drohte. Der Wagen fuhr weiter, und wenige Minuten später sahen wir ein jähes Licht zwischen den Bäumen aufleuchten, als die Lampe in einem der Wohnräume entzündet wurde.
    »Wissen Sie, Watson«, sagte Holmes, als wir nebeneinander in der tiefer werdenden Dunkelheit saßen, »ich habe wirklich Skrupel, Sie heute abend mitzunehmen. Es kann entschieden gefährlich werden.«
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ihre Anwesenheit könnte unschätzbar wertvoll sein.«
    »Dann komme ich natürlich mit.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    »Sie sprechen von Gefahr. Offensichtlich haben Sie in diesen Räumen mehr gesehen als mir sichtbar war.«
    »Nein, aber ich könnte mir denken, daß ich ein wenig mehr deduziert habe. Ich glaube, Sie haben alles gesehen, was ich gesehen habe.«
    »Ich habe nichts Bemerkenswertes gesehen außer dem Klingelzug, und welchem Zweck der dienen sollte ist, wie ich gestehen muß, eine Frage, auf die ich keine Antwort weiß.«
    »Sie haben doch auch den Luftschacht gesehen?«
    »Ja, aber ich glaube nicht, daß es so ungewöhnlich ist, eine kleine Verbindung zwischen zwei Räumen zu haben. Sie ist so klein, daß kaum eine Ratte hindurchkriechen könnte.«
    »Ich wußte, daß wir solch einen Luftschacht finden würden, noch bevor wir nach Stoke Moran kamen.«
    »Mein lieber Holmes!«
    »Aber ja. Sie werden sich erinnern, daß sie gesagt hat, ihre Schwester habe Dr. Roylotts Zigarren riechen können. Das legt natürlich sofort nahe, daß zwischen den beiden Räumen eine Verbindung besteht. Sie kann nur klein sein, sonst hätte sie bei der gerichtlichen Leichenschau und der Untersuchung durch den Coroner erwähnt werden müssen. Also habe ich einen Luftschacht deduziert.«
    »Aber was kann daran so schlimm sein?«
    »Immerhin ist es ein merkwürdiges Zusammentreffen von Tatsachen. Ein Luftschacht wird angelegt, ein Strang wird hingehängt, und eine Dame, die in dem Bett schläft, stirbt. Kommt Ihnen das nicht seltsam vor?«
    »Ich kann da noch keinen Zusammenhang sehen.«
    »Haben Sie irgend etwas Eigenartiges an diesem Bett bemerkt?«
    »Nein.«
    »Es ist im Boden verankert. Haben Sie schon einmal ein derart befestigtes Bett gesehen?«
    »Das kann ich nicht behaupten.«
    »Die Dame konnte ihr Bett nicht verschieben. Es muß immer in der gleichen Lage im Verhältnis zum Luftschacht und zum Strick stehen – so können wir ihn ruhig nennen, denn er war ja offenbar nie als Klingelzug gedacht.«
    »Holmes!« rief ich. »Ich glaube, ich sehe ungefähr, worauf Sie hinauswollen. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen, um ein raffiniertes und schreckliches Verbrechen zu verhindern.«
    »Es ist wirklich sehr raffiniert und schrecklich. Wenn ein Arzt erst auf die schiefe Bahn gerät, dann ist er ein Fürst unter den Verbrechern. Er hat Nerven, und er hat Kenntnisse. Palmer und Pritchard 34 gehörten zu den Besten in ihrer Profession. Dieser Mann ist besser, aber ich glaube, Watson, daß wir sogar noch besser sein können als er. Aber bis die Nacht vorüber ist, werden wir noch genug Schrecken haben; lassen Sie uns

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