Die Abenteuer des starken Wanja
ein Schwert in der rechten Faust, in der linken einen tscherkessischen
Dolch. Der Jüngling blutete an der Stirn und am Hals. Soweit es sich im
Getümmel erkennen ließ, trug er ein Kettenhemd, das auf Brust und Schultern mit
Eisenplatten besetzt war.
Wenige
Schritte vom Kampfplatz entfernt, zwischen Kräutern und Wurzelwerk, lag ein
Helm. Nicht weit davon, mit dem Zügel an einem der Bäume festgebunden, stampfte
ein Pferd den Boden: ein stolzer Schimmel mit purpurroter Schabracke und
silberbeschlagenem Sattelzeug. Er versuchte sich loszureißen, wiehernd und
schnaubend zerrte er an dem Zügel.
Wanja
erfaßte dies alles mit raschem Blick. Er wußte, der Jüngling im Kettenhemd war
verloren, wenn er ihm nicht zu Hilfe eilte.
»He !« schrie er, ohne sich lang zu besinnen. »Fünf gegen einen,
das könnte euch wohl so passen! Her mit euch! Her mit euch!«
Einen
Augenblick stutzten die Zottelkerle. Dann rief ihr Anführer: »Los, Taras, stopf
dem Bauernlümmel das Maul !«
Der
Kerl, welcher Taras hieß, warf sich Wanja entgegen und schlug mit dem Schwert
nach ihm. Wanja fing seinen Hieb mit der Lanze ab. Als die Klinge den Schaft
berührte, zersprang sie mit schrillem Klirren in tausend Stücke.
»Mein
Schwert !« brüllte Taras. »Mein Schwert ist hin! Helft
mir! Helft mir !«
Zwei
seiner Spießgesellen kamen herbeigestürzt. Ihnen erging es um kein Haar besser;
und auch dem vierten mit seiner schweren, schartigen Streitaxt nicht: sie
zerschellte an Wanjas Lanze, als sei sie aus Ton gebrannt.
»Das
geht mit dem Teufel zu !« schrie er, »das geht mit
dem...« Weiter kam er nicht. Wanja schlug ihm die Lanze aus Eisenholz um den
Kopf, daß es nur so krachte. Dann verdrosch er auch
seinen drei Kumpanen das Fell.
»So
— nun verschwindet !«
Schreiend
rannten sie in den Wald hinein, alle vier. Wanja warf ihnen ein paar Steine
nach, wie man lästige Köter verscheucht.
Der
Anführer kämpfte noch mit dem Jüngling im Kettenhemd. Als Wanja sich ihnen
zuwandte, lief auch er davon, auf den Schimmel zu. Was nun folgte, ging alles
so schnell, daß Wanja es nicht verhindern konnte. Der Kerl hieb den Zügel
durch, schwang sich mit einem gewaltigen Satz in den Sattel, zog dem Pferd mit
der flachen Klinge eins über — und sprengte davon.
»He,
du !« rief ihm Wanja nach. »Hiergeblieben!«
»Laß
gut sein, er wird nicht weit kommen !«
Der
Jüngling im Kettenhemd war herangetreten, blutverschmiert im Gesicht, keuchend,
von Schweiß triefend. Aber er lachte. Und lachend streckte er Wanja die Hand
hin.
»Hab
Dank, Bruder, das war Hilfe zur rechten Zeit! Weißt du auch, wen du da in die
Flucht geschlagen hast ?«
»Wen ?« fragte Wanja.
»Den
Schwarzen Batur!«
»Wer
ist das ?«
»Du
kennst ihn nicht ?«
»Nein«,
sagte Wanja, »sonst würde ich ja nicht fragen .«
»Nun«,
sagte der Jüngling im Kettenhemd und wischte mit einem Grasbüschel seine Klinge
ab. »Batur ist der schlimmste Räuber im ganzen Land — und du bist der erste, vor
dem er mit seiner Bande Reißaus genommen hat !«
W anja kramte sein zweites Hemd
aus dem Reisebündel und riß es in Streifen. Damit verband er dem jungen Mann
die Wunden an Kopf und Hals, die zum Glück nicht gefährlich waren, so stark sie
auch bluteten.
»Den
Helm wirst du nun eine Zeitlang nicht tragen können«, meinte er; »jedenfalls
nicht auf dem Kopf. — Hast du starke Schmerzen?«
»Nicht
übermäßig; reden wir lieber von etwas anderem! Sagst du mir, wie du heißt ?«
Wanja
nannte dem jungen Mann seinen Namen.
»Und
wer bist du ?«
»Ich
bin der Ritter Wolok, ein Gefolgsmann des guten Fürsten Wladimir, des Herrn von
Kiew, und gehöre zu seiner Tafelrunde vom Goldenen Tisch. Gewiß hast du schon
davon gehört .«
»Um
die Wahrheit zu sagen: nein. Du mußt wissen, daß ich von jenseits der großen
Wälder bin .«
»Gut,
dann hör zu...«
Die
Waffen griffbereit, setzten sie sich ins Moos. Da vernahmen sie plötzlich
Hufschlag im Wald, der rasch näherkam. Wanja packte die Lanze und wollte
aufspringen, doch Wolok hielt ihn davon ab.
»Das
ist meine Schimmelstute Bjelaja«, sagte er.
»Kommt
sie zurück ?« fragte Wanja.
»Bjelaja
kommt immer zurück — und Batur kann von Glück reden, wenn er noch ein paar
heile Flecken am Leib hat .«
Bjelaja
kam freudig wiehernd herbeigesprengt. Vor Wolok hielt sie an und schnaubte. Der
Sattel war leer, die Steigbügel schlenkerten lose herab.
»Hast
du es ihm gegeben, Bjeluscha? Ich hoffe, du bist mit dem
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