Die Abenteuer des starken Wanja
Lichtung herbeigestolpert. Er fuchtelte mit den Armen, war rot im
Gesicht und schwitzte vor Aufregung.
»Ich
hab’ alles genau gesehen !« rief er. »Von dem
Augenblick an, als der Och zu blasen aufhörte, hab’ ich dir zugeschaut. Vorher
konnte ich ja den Kopf nicht ‘rausstecken. Aber wie du ihn dann von der Föhre
geschüttelt hast, Wanja, das macht dir so leicht keiner nach! Und das mit dem
Baumstamm erst! Hätte ich’s nicht mit eigenen Augen gesehen, wie du ihn
auseinandergestemmt hast: ich würde es niemals glauben! — Hier ist übrigens
deine Mütze! Sie hing im Geäst einer umgebrochenen Tanne, unweit von meinem
Versteck .«
Wanja
klopfte die Mütze an seiner Hose ab. Bevor er sie aufsetzte, strich er sich mit
den Fingern das Haar zurück.
»Schönen
Dank, Arkaschka!«
Der
Junge lachte und meinte, das sei nicht der Rede wert.
»Aber
was ist denn mit deinem Rock los, da sind ja die Knöpfe ab .«
»Besser
ein Rock ohne Knöpfe als eine geplatzte Haut!«
Wanja
deutete auf die Reste des bösen Och und erzählte Arkaschka, was mit dem Unhold
geschehen war.
Der
Junge berührte die Haut mit dem nackten Fuß.
»Und
davor haben wir uns gefürchtet«, sagte er. »Nicht zu fassen !« Dann packte er Wanja am Ärmel und blickte ihn an. »Erfüllst du mir eine Bitte ?«
»Wenn
es in meiner Kraft steht — ja .«
Der
Junge legte den Kopf schief.
»Ich
mag nicht zurück ins Dorf, laß mich bei dir bleiben! Du brauchst vielleicht ab
und zu jemand, der dir die Mütze holt, wenn ein Sturm sie dir fortweht...«
Wanja
fiel es nicht leicht, ihm die Bitte abzuschlagen.
»Den
Weg, der vor mir liegt, muß ich allein gehen«, sagte er. »Außerdem sollte
jemand bei euch zu Hause berichten, daß sich jetzt niemand mehr vor dem bösen
Och zu verkriechen braucht. Stell dir vor, wie die Leute staunen werden, wenn
du ihnen die grüne Haut da unter die Nase hältst !«
»Du
— willst sie mir schenken ?«
»Was
soll ich damit? Du kannst sie dir nehmen .«
Arkaschka
spießte die Haut auf einen der abgebrochenen Äste, die auf dem Boden
umherlagen. »Du weißt, daß ich tausendmal lieber mit dir ginge«, sagte er. »Aber
ich sehe ja ein, daß du mich nicht brauchen kannst. Gott befohlen also !«
Den
Ast mit der Haut des Och geschultert wie eine Fahne, stapfte er über die
Lichtung davon: entschlossenen Schrittes zunächst, dann langsamer werdend — und
plötzlich kam er zurückgerannt.
»Was
ist los ?« fragte Wanja.
»Bloß
eine Kleinigkeit. — Leihst du mir mal dein Messer für einen Augenblick?«
»Selbstverständlich!«
Arkaschka
schnitt sich die Knöpfe vom Kittel.
»Da !« sagte er. »Laß sie dir an den Rock nähen, wenn du ins
nächste Dorf kommst !«
Wanja
wollte die Knöpfe nicht nehmen.
»Die
Mutter wird mit dir schimpfen !«
»Ach
was !« rief Arkaschka. »Gestern, du weißt es ja, habe
ich eine halbe Kopeke gewonnen — davon kann ich mir Knöpfe kaufen, soviel ich
mag !«
I m
nächsten Dorf ließ sich Wanja die Knöpfe annähen; dann durchwanderte er vier
große Wälder. Für den ersten brauchte er zwei Tage, für den zweiten vier, für
den dritten acht. Der vierte schien überhaupt kein Ende zu nehmen, er war nun
schon fünfzehn Tage darin unterwegs. Er lebte von Beeren, Pilzen und wildem
Honig — und dachte dabei voll Sehnsucht an Brot und Käse, an Pfannkuchen,
Fischsuppe, Hammelfleisch und gefüllten Gansbraten. Alle Leckerbissen aus
Tantchens Küche fielen ihm ein.
Der
Pfad, dem er folgte, schien selten benützt zu werden; und doch mußte kürzlich
ein Reiter darauf entlanggeritten sein. Wanja fand hie und da eine frische
Hufspur im feuchten Boden, manchmal auch ein paar Roßäpfel, dampfend noch.
Daraus schloß er, der Vorsprung des Reiters könne nicht allzu groß sein.
Trotzdem gelang es ihm nicht, ihn einzuholen.
»Schade«,
dachte er. »In Gesellschaft zu reisen — das wäre bedeutend lustiger .«
Gegen
Abend des fünfzehnten Tages hörte er plötzlich Geschrei im Wald und das Klirren
von Waffen. Erstaunt blieb er stehen und horchte. Kein Zweifel, nicht weit von
hier war ein Kampf im Gange! Wanja packte die Lanze mit beiden Fäusten und
rannte los.
Er
kam an den Rand eines flachen, schütter bewaldeten Tales. Dort sah er fünf
wilde, zottige Kerle mit rußgeschwärzten Gesichtern, die schlugen laut brüllend
und fluchend mit Schwertern und Äxten auf einen einzelnen jungen Mann ein, der
sich verzweifelt wehrte. Er stand mit dem Rücken an einem Baum und focht
tapfer,
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