Die Abenteuer des starken Wanja
abzubringen.
»Ich
habe dich vor dem steinernen Ritter gewarnt, Fremder. Wenn du ihn trotzdem zum
Kampf herausforderst, ist es deine Sache. Ich werde dich nun ans andere Ufer
rudern — und Gott befohlen !«
U m die Mitte des übernächsten
Tages erreichte der starke Wanja die Weißen Berge, zwei weitere Tage brauchte
er für den Aufstieg. Je höher er kam, desto schmaler und steiniger wurde der
Pfad. Nach einiger Zeit mußte er absitzen und den Rappen Waron am Zügel führen.
Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als ihn zurückzulassen. Er band ihn
an einem Strauch unter einer überhängenden Felswand fest, klopfte ihm die
Kruppe und sagte:
»Hier
warte auf mich, Waron — wenn wir Glück haben, bin ich bald zurück .«
Gestützt
auf die Lanze von Eisenholz, klomm er weiter empor, durch Schneefelder und
Geröll, über Steinblöcke und Eisplatten hinweg. Endlich gelangte er in ein
schmales Felsental und erblickte an dessen Ende den Eingang zu einer Höhle. War
es die Höhle des steinernen Ritters?
Wanja
gönnte sich einen Augenblick zum Verschnaufen, dann schwang er die Lanze und
rief, daß es von den Felswänden widerhallte:
»Foma
Drachensohn, komm heraus! Ich bin hier, um mit dir zu kämpfen !«
Da
öffnete sich der Eingang zur Höhle, und Foma Drachensohn trat hervor: ein Riese
von Gestalt, drei Kopf größer als Wanja und doppelt so breit wie er. Er trug
eine Rüstung von hartem Stein und schleppte drei Schwerter am Gürtel.
»Kämpfen
willst du ?« rief er mit einer Stimme, als donnerte
eine Lawine zu Tal. »Du bist nicht der erste, der es versucht — komm nur her !«
Wanja
schritt auf den steinernen Ritter los. Drei Armlängen vor dem Riesenkerl blieb
er stehen. Klein und hilflos kam er sich vor, als er zu ihm aufschaute.
Foma
Drachensohn hob das erste seiner drei Schwerter, das siebenmal sieben Pud wog.
»Ergibst
du dich ?« fragte er. »Oder muß ich dich totschlagen ?«
Wanja
blickte ihm in die Augen und sagte: »Schlag zu !«
Foma
Drachensohn ließ das Schwert auf den starken Wanja heruntersausen; doch
blitzschnell hob Wanja die Lanze aus Eisenholz. Krachend und splitternd
zerschellte das Schwert daran. Nur der Griff blieb in Foma Drachensohns Faust
zurück. Zornig warf er ihn weg.
»Der
nächste Streich trifft dich !«
Er
zückte das zweite Schwert, das wog siebenundsiebzig Pud, und holte damit zum
Schlag aus.
»Ergibst
du dich ?«
Wanja
war es beim Anblick der furchtbaren Waffe nicht wohl. Dennoch rief er auch
diesmal: »Schlag zu !« Und wieder zerbarst das Schwert
an der Lanze von Eisenholz.
Foma
Drachensohn stieß einen Fluch aus. Wütend zog er das dritte Schwert aus der
Scheide, das siebenmal siebenundsiebzig Pud wog. Es kostete ihn gewaltige
Kraft, es emporzuheben.
»Ich
zerschmettere dich«, schrie er, »wenn du dich nicht ergibst !«
Wanja
zögerte mit der Antwort. Zum erstenmal spürte er, daß er Angst hatte. Würde die
Lanze auch diesmal standhalten? Was geschah, wenn der steinerne Ritter sie ihm
aus den Händen schlug? Wanja wäre am liebsten davongelaufen.
»Nun ?« keuchte Foma Drachensohn. »Gibst du auf ?«
Wanja
nahm seinen ganzen Mut zusammen und sagte, obwohl ihm das Herz bis zum Hals
klopfte:
»Nein.«
»Dann
stirb !« brüllte Foma Drachensohn und schlug zu.
Auch
diesmal zerklirrte das Schwert an der Lanze. Die Splitter prasselten auf den
Boden wie Hagelkörner.
Foma
Drachensohn wankte ein Stück zurück. Der Schwertgriff in seiner Faust war
alles, was ihm von seinen Waffen geblieben war. Wanja ging auf den steinernen
Ritter los. Er drängte ihn immer weiter zurück, bis Foma zuletzt mit dem Rücken
gegen die Felswand am hinteren Ende des Tales stieß. Da setzte er ihm die Lanze
von Eisenholz auf die Kehle und sagte:
»Gib
dich geschlagen, Drachensohn !«
Der
steinerne Ritter breitete langsam die Arme aus. Seine Stimme, die vorhin so
laut und schrecklich geklungen hatte — nun klang sie brüchig und unsicher:
»Was
verlangst du von mir ?«
Wanja
senkte die Lanze, er deutete auf den Eingang zur Felsenhöhle. »Den Burschen die
Freiheit !« rief er. »Und mir die Rüstung des Zaren
Iwan Wassiljewitsch — das verlange ich !«
D er steinerne Ritter schenkte
den Bauernburschen die Freiheit zurück. Sie kamen aus ihrem Felsenkerker
hervorgekrochen. Bleich waren alle und dürr, mit langem, strähnigem Haar und
zottigen Bärten. Manche von ihnen hatten seit vielen Jahren die Sonne nicht mehr
gesehen. Sie kamen heraus und mußten die Augen
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