Die Abenteuer des starken Wanja
über mit Schnee verkrustet.
Auf
Wanjas Klopfen öffnete ihnen der Hausherr selber, ein kleiner, freundlich
blickender älterer Mann mit roter Nase und Nickelbrille;
später
stellte es sich heraus, daß er ein Schuster war und Ossip hieß. »Immer herein !« rief er Wanja zu. »Und sei deinem Schicksal dankbar,
Fremder, daß der Schneesturm euch nicht in der freien Steppe erwischt hat !«
Wanja
führte Waron in den Stall und ließ sich vom Schuster Ossip einen Pflock geben
und ein Beil.
»Ich
hab draußen etwas verloren und will mir die Stelle anmerken«, sagte er.
»Muß
das sein ?« fragte Ossip.
»Es
muß sein .«
»Dann
aber schnell !« rief Ossip. »Du siehst, daß es dunkel
wird. Das geht rasch heut, bei diesem Wetter !«
Wanja
kämpfte sich durch den immer heftiger werdenden Sturm zu der Stelle durch, wo
er meinte, den Silberdreier verloren zu haben. Dort schlug er den Pflock in den
Schnee. Seine eigenen Fußstapfen waren schon zugeweht, als er den Rückweg
antrat.
Dunkelheit
war nun über das Dorf hereingebrochen. Um ihm den Weg zu weisen, hatte der
Schuster ein Licht ins Fenster gestellt. Wanja erblickte es in dem dichten
Schneetreiben erst, als er fast mit der Nase gegen die Scheibe stieß.
Z wei Tage und Nächte lang heulte
der Schneesturm über das Dorf hinweg, am Morgen des dritten Tages verebbte er.
Auf der Windseite waren die Häuser zugeweht bis zum Dach, wie Maulwürfe mußten
die Leute sich unter dem Schnee hervorwühlen. Hecken und Zäune waren
verschwunden, als ob es sie nie gegeben habe. Verzweifelt hielt Wanja Ausschau
nach seinem Pflock: auch der war im Schnee versunken.
»Ohne
den Silberdreier kann ich nicht weg von hier«, überlegte Wanja. »Und daß ich
ihn wiederfinde, bevor der Winter um ist — wie sollte das zugehen ?«
Wenn
es nun aber ein Zeichen war, daß er die Münze verloren hatte? Das Zeichen, er
möge den Rest des Winters hier in dem kleinen Dorf verbringen?
»Das
wäre nicht schlecht für Waron und mich! Wenn jemand im Ort mir den Weg zu den
Weißen Bergen beschreiben kann, ziehen wir weiter — wenn nicht, ist die Sache
entschieden, dann bleiben wir bis zum Frühjahr hier .«
Wanja
erkundigte sich bei den Leuten im Dorf nach den Weißen Bergen, doch niemand
kannte sie. Da ging er zum Schuster Ossip und fragte ihn, ob er sie weiter beherbergen
wolle, Waron und ihn.
»Für
wie lang?«
»Bis
der Winter um ist .«
Ossip
nahm die Brille ab, er war unschlüssig.
»Ich
glaube, darüber sollte ich erst noch mit meiner Alten reden .«
Wanja
erriet den Grund.
»Ich
kann dir kein Geld geben, denn ich habe keins«, sagte er. »Aber ich will für
dich arbeiten, wenn du uns Obdach und Nahrung gibst .«
»Arbeiten ?« fragte Ossip. »Verstehst du dich etwa aufs Schustern ?«
»Das
nicht«, sagte Wanja. »Wenn es dir recht ist, werde ich Holz aus den Wäldern
holen und kleinhacken — sagen wir, für drei Jahre auf Vorrat .«
Der
Schuster lachte und meinte, das sei eine ganze Menge, da werde er mächtig zu
tun haben.
»Aber
von mir aus — ich bin damit einverstanden !«
Wanja
blieb also bei den Schustersleuten, und gleich in der nächsten Woche machte er
sich an die Arbeit. Er ging an vier Tagen hinaus in den Wald und schlug mit der
Axt ein paar Dutzend Bäume um, alles Eichen und Buchen mit festem, kernigem
Holz. Am fünften und sechsten Tag schleppte er sie auf dem Rücken ins Dorf,
immer vier oder fünf auf einmal; da lohnte sich wenigstens, wie er sagte, der
Weg. Den Sonntag verschlief er. Von Montag bis Donnerstag schnitt er die Stämme
auf handliche Stücke zusammen und hackte sie klein. Am Freitag schlichtete er
die Holzscheite sauber auf, in vier mächtigen Stößen, an jeder Ecke des Hofes
einen. Am Samstagmorgen sagte er zu Ossip:
»Ich
glaube, es reicht nicht für drei Jahre, Väterchen, sondern für vier. Bist du
wohl zufrieden damit ?«
Der
Schuster klopfte ihm auf die Schulter.
»Und
ob wir damit zufrieden sind, meine Alte und ich! Was du in diesen beiden Wochen
geschafft hast, damit bringt ein anderer gut und gern einen ganzen Winter hin,
und selbst dann muß er sich dazuhalten. Woher nimmst du bloß deine Kraft ?«
»Ach«,
meinte Wanja mit einem Achselzucken, »die habe ich mir erfaulenzt .«
Er
hatte nun für den Rest des Winters ausgesorgt. Die meiste Zeit verbrachte er in
der Nähe des warmen Ofens und schaute dem Schuster Ossip bei der Arbeit zu.
Zweimal am Tage versorgte er seinen Rappen mit Futter und einmal mit frischer
Streu. Dann
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