Die Abenteuer des starken Wanja
hinschauten, sahen sie, was geschehen war: Jeder Tropfen hatte ein
tiefes Loch in den Fußboden gebrannt!
Wanja
pfiff durch die Zähne.
»Ich
fürchte, der Frühtrunk wäre mir schlecht bekommen, Bruder! Ein Glück, daß du
ihn verschüttet hast.«
Mischa
Holzbein war wütend.
»Der
Kerl ist verschwunden !« rief er. »Wo steckst du,
Anissim, bei allen Türken- und Heidenteufeln? Her mit dir, Lumpenhund, elender,
daß ich dir deine Giftbrühe ins Gesicht schütte! — Los, Wanja, hilf mir den
Schurken suchen, damit wir’s ihm heimzahlen !«
Wanja
blieb ruhig. Er band sich den Helm fest und meinte:
»Laß
gut sein, Mischa, er wird seine Strafe finden. Brechen wir lieber auf nach dem
Zarenschloß !«
M ischa Holzbein zeigte dem
starken Wanja den Weg durch die Steppe. Gegen Mittag, erklärte er, würden sie
einen Fluß erreichen, er kenne dort eine Furt. Von den Hügeln am anderen Ufer
sehe man schon die Türme der Stadt und das Schloß.
»So
weit war die Reise — so nah ist das Ziel...«
Wanja
wußte seit heute morgen, als Mischa den Frühtrunk verschüttet hatte, daß mit
dem Großfürsten nicht zu spaßen war. Von jetzt an hieß es auf jede Tücke gefaßt
sein, auf jede Niedertracht.
»Möglich,
daß das gefährlichste Wegstück noch vor mir liegt«, mußte er denken. »Aber ich
habe die Lanze von Eisenholz, habe Waron und die Zarenrüstung: das ist nicht
wenig. Und Mischa begleitet mich! Mischa, der sich zum Beispiel darauf
versteht, im richtigen Augenblick über sein Holzbein zu stolpern.«
Es
war ein bedeckter Tag heute. Sie hatten den Wind im Rücken, Staubwolken zogen
über die Steppe. Seit langem schien es in dieser Gegend nicht mehr geregnet zu
haben. Der Boden war rissig; das lange, kniehohe Gras zu beiden Seiten des
Weges war trocken wie Zunder.
Mischa
spielte auf der Garmoschka. Trotz des Stelzbeins war er nicht schlecht zu Fuß.
Ob sie nicht miteinander tauschen sollten, hatte ihn Wanja bald nach dem
Aufbruch gefragt; er überlasse ihm gern seinen Platz im Sattel, für eine Weile
wenigstens. Mischa war nicht darauf eingegangen.
»Erstens
bin ich ein schlechter Reiter — und zweitens: Bedenke, daß du die Rüstung des
Zaren Iwan Wassiljewitsch trägst! Dir kommt der Platz im Sattel zu und nicht
mir !« Dabei war es geblieben.
Mit
einemmal unterbrach sich Mischa im Spiel. Er blieb stehen und faßte sich an den
Kopf.
»Wie
könnt’ ich das nur vergessen !« rief er.
»Was ?« fragte Wanja.
»Das
Ungeziefer! Ich Schafskopf hätte es wieder auftauen müssen! Nun habe ich diesem
Schurken von Wirt einen Dienst erwiesen, ohne daß ich es wollte. Dafür könnt’
ich mir selber eine herunterhauen, glaub mir das !«
Wanja
lachte ihn aus und erwiderte, das sei halb so schlimm. Wenn Mischa daran gelegen
sei, könne er ja schon morgen zurückkehren in die Herberge und die Sache in
Ordnung bringen.
»Übrigens«,
fügte er unvermittelt hinzu, »wonach riecht es hier plötzlich so seltsam? Wie
angesengt, finde ich...«
»Was
sagst du ?«
Mischa
sog prüfend die Luft ein.
»Ich
sagte, es riecht wie angesengt«, wiederholte Wanja.
»Recht
hast du !« Mischa deutete in die Richtung zurück, aus
der sie gekommen waren. »Siehst du die schwarzen Wolken dort ?«
Wanja
wendete sich im Sattel um.
»Merkwürdig«,
sagte er. »Staubwolken scheinen das nicht zu sein. Ob es Rauch ist ?«
Inzwischen
hatte der Wirt hinter Wanja und Mischa Holzbein die Steppe in Brand gesteckt,
wie der Großfürst es ihm befohlen hatte. Der Wind trieb den Rauch und die
Flammen mit großer Geschwindigkeit auf sie zu. Bald war der Himmel von
schwarzem Gewölk verhüllt, Feuerschein flackerte auf.
»Gott
sei uns gnädig !« rief Mischa. »Die Steppe brennt! —
Rette dich, Bruderherz! Reite, so schnell du kannst, an den Fluß: Dort bist du
in Sicherheit !«
»Und
du ?« fragte Wanja. »Glaubst du, ich lasse dich hier
zurück? Marsch, aufs Pferd mit dir!«
Mischa
wollte nicht aufsitzen, er entgegnete:
»Zwei
sind zu schwer für Waron, wie soll er das schaffen? Das Feuer wird schneller
sein — sollen wir alle drei darin umkommen? Los doch, um Himmels willen, und
reite, daß wenigstens du dich rettest !«
»Unsinn !« rief Wanja.
Er
rief nur das eine Wort. Dann packte er Mischa am Kragen und zog ihn aufs Pferd.
Mischa
sträubte sich schimpfend und zappelnd dagegen, es half ihm nichts. Wanja legte
ihn wie einen Zwerchsack quer vor den Sattel und sprengte mit ihm davon.
E s waren noch sechs oder sieben Werst bis
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