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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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anderen; Nadia schüttelte den Kopf und wusste zum ersten Mal nicht weiter. Sie klaubte Borobá von ihrem Rücken, setzte ihn auf den Boden und gab ihm einen Klaps, damiter für sie entschied. Hastig rettete sich der Affe wieder auf ihre Schulter: Er war wasserscheu, und Ratten konnte er auch nicht leiden. Nadia wisperte ihm ins Ohr, er solle vorgehen, aber er wollte sie nicht loslassen und deutete bloß mit zitternden Fingern auf die rechte Maueröffnung, die schmalste der drei.
    Nadia und Alex folgten Borobás Fingerzeig und zwängten sich in den Gang, in dem man fast gar nichts sehen konnte, denn hier hingen keine Glühbirnen mehr. Nadia konnte zwar aufrecht gehen, aber Alex stieß sich den Kopf und schrie auf. Eine Wolke von Fledermäusen löste sich aus dem Dunkel und hüllte sie ein, und Borobá flüchtete sich erschrocken unter Nadias T-Shirt.
    Da lauschte Alex in sich hinein und rief den schwarzen Jaguar. Wenige Sekunden nur, und er konnte seine Umgebung erahnen, als hätte er Antennen. Er hatte das monatelang geübt, seit er am Amazonas erfahren hatte, dass der schwarze Jaguar, der König des südamerikanischen Regenwaldes, sein Totemtier war. Alex war ein bisschen kurzsichtig, und im Dunkeln war er selbst mit Brille ziemlich hilflos, aber manchmal gelang es ihm, die Raubkatze heraufzubeschwören, und er vertraute auf ihren Instinkt. Jetzt schob er Nadia sachte vor sich her und »sah mit dem Herzen«, wie sie das nannte.
    Ein gutes Stück weiter blieb Alex plötzlich wie angewurzelt stehen und packte Nadia fest am Arm: Einen Schritt vor ihnen bog der Gang scharf nach links ab. An der gegenüberliegenden Wand konnten sie einen schwachen Lichtschein erkennen, und deutlich drangen Stimmen bis zu ihnen. Ganz vorsichtig streckten sie die Köpfe vor und sahen, dass der Gang etwa drei Meter weiter in ein Kellergewölbe mündete, wie der Vorratsraum, den sie gerade verlassen hatten.
    Tex Gürteltier, der Mann mit der dunklen Tunika und noch zwei andere, die genauso gekleidet waren, hockten im Kreis um eine Öllampe, in deren schwach flackerndem Schein sie gut zu sehen waren. Näher konnten Nadia und Alex nicht herangehen, denn dort gab es keine Deckung mehr; die Typen sahen nicht aus, als würden sie sich über Besuch freuen. Alex schoss kurz durch den Kopf, dass keine Menschenseele wusste, wo sie waren. Es konnte Tage, vielleicht Wochen dauern, bis jemand ihreabgenagten Knochen hier fand. Und er wäre daran schuld, wenn Nadia etwas passierte, schließlich war es seine Idee gewesen, hinter Tex Gürteltier herzugehen, und das hier fand er jetzt überhaupt nicht mehr komisch.
    Die Männer redeten englisch miteinander, und Tex Gürteltier war gut zu verstehen, aber bei den anderen konnte man bloß raten, was es heißen sollte. Eins war allerdings auch ohne Worte schnell klar: Es ging um ein Geschäft. Sie sahen, wie Tex Gürteltier dem einen, der offensichtlich der Anführer war, ein Bündel Geldscheine in die Hand drückte. Dann besprachen die vier lange so etwas wie einen Aktionsplan, es war von Waffen die Rede, von Bergen und von einem Tempel oder Palast, da waren sich Alex und Nadia nicht ganz sicher.
    Der Anführer faltete eine Landkarte auf, legte sie auf den Boden, strich sie mit der Hand glatt und fuhr mit der Spitze seines Säbels einen Weg nach. Die Öllampe beleuchtete den Mann von vorn, so dass die beiden ihn gut sehen konnten. Was auf der Karte war, konnte man dagegen auf diese Entfernung nicht erkennen, aber Nadia und Alex fiel ein Brandzeichen auf dem dunklen Handrücken auf, das sich am Knochengriff des Säbels wiederholte. Es war ein Skorpion.
    Für Alexanders Gefühl hatten sie genug gesehen, und er drängte darauf abzuhauen, ehe die Männer ihr Treffen für beendet erklärten. Es gab nur einen einzigen Weg aus diesem Gewölbe, und dort standen sie. Sie mussten schleunigst hier verschwinden. Nadia bat Borobá noch einmal um Rat, und der Affe zeigte ihnen von Nadias Schulter aus ohne Schwierigkeiten den Weg. Alex, dem ein Stein vom Herzen fiel, dachte an das, was sein Vater ihm immer geraten hatte, wenn sie zusammen Bergsteigen gingen: Nimm dir die Hindernisse eines nach dem anderen vor, wenn du darüber nachdenkst, was womöglich noch alles auf dich zukommt, vergeudest du bloß deine Energie. Jetzt fand er es ein bisschen albern, dass er sich ständig solche Sorgen machte, als würde alles immer nur von ihm abhängen. Schließlich hatte ihm Nadia doch oft genug bewiesen, dass sie eine Menge

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