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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Reich keine Sorgen zu machen. Wie sollte sie ihm jetzt beibringen, dass seine Tochter entführt worden war? Noch dazu von einer Bande professioneller Killer, die Mädchen verschleppten, um sie wie Sklavinnen zu schinden.
    Kate und Alex waren gerade im Audienzsaal des Palastes eingetroffen, und der König empfing sie dieses Mal in Anwesenheit des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, des Premierministers und zweier Lamas, die in der Geistlichkeit des Landes die Stellung direkt unter ihm einnahmen. Auch Judit Kinski war da.
    »Die Lamas haben die Sterne befragt und alle Klöster angewiesen, für die verschwundenen Mädchen zu beten und Opfergaben darzubringen. General Myar Kunglung leitet die Militäroperation. Möglicherweise hat er auch die Polizei bereits im Einsatz, nicht wahr?« In der Miene des Königs deutete nichts auf seine tiefe Besorgnis hin.
    »Vielleicht, Majestät … Und auch die Soldaten und Wachen des Palastes sind in Alarmbereitschaft versetzt. Die Grenzen werden überwacht«, rang sich der General eine Antwort in seinem niederschmetternden Englisch ab, damit auch die Ausländer der Unterhaltung folgen konnten.
    »Vielleicht sucht die Bevölkerung ebenfalls nach den Mädchen«, fuhr er fort. »So etwas ist, glaube ich, in unserem Land noch nie vorgekommen. Möglicherweise wissen wir bald etwas Neues.«
    »Möglicherweise? Das reicht mir nicht«, brauste Kate auf, biss sich jedoch sofort auf die Zunge, denn das war grob unhöflich gewesen.
    »Vielleicht ist Frau Cold etwas aufgewühlt …«, sprang ihr Judit Kinski bei, die offensichtlich bereits gelernt hatte, sich so vage auszudrücken, wie es sich im Reich des Goldenen Drachen schickte.
    »Vielleicht«, sagte Kate, faltete die Hände vor dem Gesicht und verneigte sich.
    »Vielleicht wäre es vermessen, den ehrwürdigen General zu fragen, wie er die Suche organisieren möchte?«, wandte sich Judit Kinski an Myar Kunglung.
    In der darauffolgenden Viertelstunde richteten Judit Kinski, Alex und Kate noch eine Reihe von Fragen an den König und den General, erhielten aber nur immer ausweichendere Antworten, bis sie einsehen mussten, dass sich die beiden durch nichts und niemanden unter Druck setzen ließen. Kate und Alex schwitzten vor Ungeduld. Schließlich stand der Monarch auf, und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu verabschieden und im Rückwärtsgang den Saal zu verlassen.
    »Es ist ein schöner Morgen, vielleicht sind viele Vögel im Garten«, wandte sich Judit Kinski an den König.
    »Vielleicht«, nickte er und geleitete sie nach draußen.
    ~
    Der König und Judit Kinski gingen auf dem schmalen gewundenen Pfad durch den Palastgarten spazieren, wo auf den ersten Blick alles aussah, als würde es wild draufloswachsen, obwohl dem Kenner die gelungene Komposition des Ganzen nicht verborgen bleiben konnte. Hier, inmitten dieser Fülle unterschiedlicher Blumen und Bäume, begleitet vom vielstimmigen Vogelgezwitscher, wollte Judit Kinski das erste Experiment mit der Tulpenpflanzung starten.
    Der König war in Gedanken versunken, dachte an seine unvollständige Ausbildung und daran, dass er nicht würdig war, das geistliche Oberhaupt seines Volkes zu sein, denn er fühlte sich dieser Aufgabe keineswegs gewachsen. Ein Leben lang hatte er sich darum bemüht, sein Herz nicht an weltliche Wünsche und materiellen Besitz zu hängen. Nichts auf der Erde ist von Dauer, das wusste er, alles veränderte sich, verging, starb und erstand erneut in anderer Gestalt, daher war es sinnlos und leidvoll, sich an die Dinge dieser Welt zu klammern. Den Weg des Buddhismus zu gehen hieß, diese Wahrheit anzunehmen. Zuweilen hatte er sicheingebildet, es könne ihm gelingen, aber mit Judit Kinskis Besuch waren seine Zweifel neu entfacht. Er fühlte sich unwiderstehlich zu ihr hingezogen, und das machte ihn verwundbar. Er kannte dieses Gefühl nicht, denn die Liebe zwischen ihm und seiner verstorbenen Ehefrau war dahingeplätschert wie ein friedlicher Bach. Wie sollte er sein Land beschützen, wenn er sich noch nicht einmal selbst vor den Lockungen der Liebe zu schützen wusste? Sicher, es war nicht verwerflich, jemanden zu lieben und seine Nähe zu suchen, aber er durfte sich das in seiner Position nicht gestatten, denn die Jahre, die ihm noch blieben, sollte er ganz seinem Volk widmen. Judit Kinski unterbrach seine grüblerischen Gedanken:
    »Was für ein einzigartig schönes Schmuckstück, Majestät!« Sie deutete auf das Medaillon um seinen Hals.
    »Seit

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