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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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führen. Er würde sterben, ohne uns etwas zu verraten. Die Chinesen haben solche Methoden an den Lamas in Tibet getestet, mit ziemlich mäßigem Erfolg. Diese Leute sind darin geübt, den Körper vom Geist zu trennen.«
    »Wie soll das denn gehen?«
    »Sagen wir, sie begeben sich auf eine höhere Bewusstseinsebene. Die Seele löst sich aus der körperlichen Hülle, verstehen Sie?«
    »Seele? Glauben Sie diesen Quatsch?«
    »Es spielt keine Rolle, was ich glaube. Tatsache ist, dass sie es tun.«
    »Wollen Sie mir weismachen, die sind wie diese Fakire, die monatelang nichts essen und auf Nägeln schlafen?«
    »Ich spreche von etwas wesentlich Geheimnisvollerem. Manche Lamas können sich beliebig lange von ihrem Körper trennen.«
    »Und?«
    »Das heißt, sie empfinden keinen Schmerz. Sie können auch nach Belieben sterben. Sie hören einfach auf zu atmen. So jemanden zu foltern ist reine Zeitverschwendung.«
    »Und mit Wahrheitsserum?«
    »Der Einsatz von Drogen ist sinnlos, wenn sich das Bewusstsein auf einer anderen Ebene befindet, ohne Verbindung zum Gehirn.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass der König dieses Landes über solche Fähigkeiten verfügt?«, schnaubte der Sammler.
    »Das wissen wir nicht genau, aber falls die Ausbildung, die er in seiner Jugend erhalten hat, vollständig war und er weiterhin trainiert hat, will ich genau das damit sagen.«
    »Dieser Mann muss doch irgendeinen wunden Punkt haben!« Der Sammler war aufgesprungen und lief jetzt wie ein eingesperrtes Raubtier in seinem Büro auf und ab.
    »Sehr wenige, aber wir suchen danach.« Der Mittelsmann schob eine Karte über den Schreibtisch, auf der tintenblau der Millionenbetrag stand, den diese Unternehmung kosten würde.
    Bei der Summe blieb dem Sammler die Spucke weg, aber er sah ein, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Entführung handelte, und jedenfalls war die Sache für ihn nicht unerschwinglich. Wenn er den Goldenen Drachen erst einmal in seiner Gewalt hatte und die Wertpapiermärkte der Welt unter seiner Kontrolle waren, würde sich diese Investition vieltausendfach auszahlen.
    »In Ordnung, aber ich will auf gar keinen Fall Scherereien, gehen Sie diskret vor, das Ganze darf sich nicht zu einem internationalen Skandal ausweiten. Und vor allem: Halten Sie meinen Namen aus der Sache raus, ich habe einen Ruf zu verlieren. Sie kümmern sich darum, den König zum Reden zu bringen, und wenn Sie das Land dafür in Schutt und Asche legen, habe ich damit nichts zu tun, ist das klar? Belästigen Sie mich nicht mit Einzelheiten.«
    »Sie werden bald von uns hören.« Der Besucher erhob sich und verschwand lautlos.
    Dem Sammler kam es so vor, als hätte sich der Kerl einfach in Luft aufgelöst. Es überlief ihn kalt: Mit derart gefährlichen Leuten Geschäfte machen zu müssen war kein Vergnügen. Aber im Grunde konnte er sich nicht beklagen, der Spezialist war wirklich ein Fachmann allererster Güte, ohne dessen Hilfe er niemals der reichste Mann der Welt werden würde, die Nummer eins, der reichste Mann in der Geschichte der Menschheit, reicher als alle ägyptischen Pharaonen oder römischen Kaiser zusammen.
    ~
    Über dem Himalaja strahlte die Morgensonne. Tensing hatte seine Meditation und die Morgengebete beendet. Mit dem Wasser, das als schmales Rinnsal den Abhang hinunterfloss, hatte er sich bedächtig und mit Sorgfalt gewaschen, und nun freute er sich auf die einzige Mahlzeit des Tages. Sein Schüler, Prinz Dil Bahadur, hatte in einem Topf bereits Salzwasser mit Teeblättern und Yakbutter zum Sieden gebracht. Einen Teil davon füllten sie in eine Kalebasse ab, aus der sie tagsüber tranken, der Rest wurde mit geröstetem Gerstenmehl zu Tsampa verrührt. Alle Mönche der Gegend ernährten sich fast ausschließlich von diesem Gerstenbrei. Auf ihren Wanderungen führten sie immer einen Beutel davon mit.
    Heute hatte Dil Bahadur auch ein bisschen Gemüse gekocht, das die beiden mühevoll auf dem kargen Boden einer natürlichen Bergterrasse anbauten, die ein gutes Stück von der Einsiedelei entfernt lag. Für eine Handvoll grüner Kohlblätter oder Kräuter war der Prinz einige Stunden zu Fuß unterwegs.
    »Du hinkst ja, Dil Bahadur«, bemerkte der Meister.
    »Ach, nein …«
    Der Meister sah ihn durchdringend an, aber dem Schüler entging das heitere Funkeln in seinen Augen nicht.
    »Ich bin hingefallen«, gab er zu und zeigte ihm die Schrammen und blauen Flecken an seinem rechten Bein.
    »Wie ist das passiert?«
    »Ich war nicht bei der

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