Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
war das.
    Trotz ihrer beachtlichen Leibesfülle und ihres burschikosen Auftretens war Angie sehr kokett. Sie trug Tuniken mit bunten Blumenmustern und schwere Halsketten, die sie auf verschiedenen Märkten für Kunsthandwerk erwarb, und ihre Lippen leuchteten für gewöhnlich in einem knalligen Rosarot. Ihr Haar war zu einer Vielzahl dünner Zöpfe geflochten, in die kunstvoll bunte Glasperlen eingearbeitet waren. Sie fand, ein Flugzeug zu warten sei eine Zumutung für die Hände, und wollte um keinen Preis zulassen, dass ihre aussahen wie die eines Mechanikers. Deshalb lackierte sie sich die langen Fingernägel und cremte sich die Haut dick mit Schildkrötenfett ein, von dem sie behauptete, es wirke Wunder. Schildkröten waren zwar selbst runzlig, aber das erschütterte ihr Vertrauen in dieses Produkt keineswegs.
    »Ich kenne etliche Männer, die in Angie verliebt sind«, sagte Michael Mushaha, verschwieg indes, dass er einer von ihnen war.
    Sie zwinkerte ihm zu und erklärte, Heiraten käme für sie nicht in Frage, denn ihr Herz sei für immer gebrochen. Nur ein einziges Mal in ihrem Leben sei sie verliebt gewesen: in einen Massaikrieger, der fünf Frauen und neunzehn Kinder hatte.
    »Er war ein langer Schlacks mit bernsteinfarbenen Augen.«
    »Und?«, fragten Nadia und Alex wie aus einem Mund.
    »Er wollte mich nicht heiraten.« Angie seufzte theatralisch.
    »So ein Dummkopf!«, lachte Michael.
    »Tja. Ich war zehn Jahre alt und fünfzehn Kilo schwerer als er.«
    Die Pilotin trank ihren Kaffee aus und machte sich bereit zum Aufbruch. Alle verabschiedeten sich von Timothy, den das Fieber der vergangenen Nacht so sehr geschwächt hatte, dass er nicht einmal mehr die linke Augenbraue heben konnte.
    ~
    Sie genossen sie schönen Ausflüge mit den Elefanten, und wie im Flug waren die letzten Tage der Safari vergangen. Einmal hatten sie den kleinen Nomadenstamm wiedergetroffen und gesehen, dass es dem Kind gut ging. Am selben Abend erfuhren sie über Funk, Timothy müsse im Krankenhaus bleiben, denn er leide unter Malaria, und überdies spreche die entzündete Bisswunde des Mandrills nicht auf die Behandlung mit Antibiotika an.
    Am Abend des dritten Tages traf Angie Ninderera im Camp ein. Sie würde dort übernachten, denn am nächsten Morgen wollten sie früh nach Nairobi aufbrechen. Kate freute sich, sie zu sehen, die beiden waren sich vom ersten Augenblick an sympathisch gewesen. Beide konnten sie einiges vertragen – Angie Bier und Kate Wodka –, und jede verfügte über ein gut gepflegtes Arsenal haarsträubender Geschichten, mit denen sie ihre Zuhörer in Staunen versetzten. Als an diesem Abend alle bei gegrilltem Antilopenfleisch und anderen Köstlichkeiten der Küche um ein Lagerfeuer saßen, versuchten sie zum Vergnügen der Zuhörerschar einander mit ihren Erzählungen zu übertrumpfen. Sogar Borobá lauschte gebannt. Sofern er nicht Kobi im Auge behalten musste, hatte der kleine Affe seine Zeit im Camp zwischen Nadia und Alex und einer dreiköpfigen Familie Zwergschimpansen aufgeteilt, die Michael Mushaha bei sich aufgenommen hatte.
    »Sie sind um etwa ein Fünftel kleiner und wesentlich friedlicher als die großen Schimpansen«, hatte Mushaha seinen Gästen am ersten Abend im Camp erzählt. »Bei ihnen haben die Frauen das Sagen. Das heißt, sie führen ein angenehmeres Leben, es gibt weniger Gerangel und mehr Zusammenarbeit, alle haben genug zu essen und können in Ruhe schlafen, der Nachwuchs ist wohlbehütet, alles in allem ein recht sorgloses Leben. Nicht wie bei anderen Affen, bei denen sich die Männchen zu Banden zusammenrotten und einander dauernd vertrimmen.«
    »Davon könnten die Menschen sich eine Scheibe abschneiden!«, seufzte Kate.
    »Diese Affen sind uns sehr ähnlich: Unsere genetischen Anlagen sind nahezu identisch, und ihre Schädelform ist von unserer kaum zu unterscheiden. Wir haben ganz sicher einen gemeinsamen Vorfahren.«
    »Sie meinen, es besteht Hoffnung, dass wir uns ähnlich entwickeln«, hatte Kate den Gedanken aufgegriffen.
    Angie rauchte Zigarren, angeblich der einzige Luxus, den sie sich gönnte, und sie verteidigte den Gestank in ihrem Flugzeug gegen jeden Fluggast, der sich beschwerte: »Wem der Tabakgeruch nicht passt, der kann zu Fuß gehen.« Kate hatte das Rauchen widerwillig aufgegeben und sah mit Wehmut auf die Zigarre in Angies Hand. Sie rauchte schon seit über einem Jahr nicht mehr, aber es fiel ihr noch immer schwer, und als sie nun das Auf und Ab von Angies

Weitere Kostenlose Bücher