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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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erschrocken an sich hinunter, bedeckte seine Blöße hastig mit beiden Händen und stolperte zurück in sein Zelt.
    Wenig später war Michael Mushaha von seinem Kontrollgang zurück und sagte, im Umkreis gebe es etliche Spuren von Löwen, und das Zelt von Nadia und Kate sei aufgeschlitzt.
    »So etwas ist hier im Camp noch nie passiert.« Er sah besorgt aus. »Dass die Löwen uns angreifen …«.
    »Sie haben nicht angegriffen!«, fauchte Nadia ihn an.
    »Ach! Das war wohl ein Anstandsbesuch!«, schnaubte Kate.
    »Sie wollten Hallo sagen! Wenn du nicht geschrien hättest, könnte ich noch immer mit ihnen reden!«
    Nadia drehte sich um und verkroch sich in ihrem Zelt, das bis auf zwei Ecken am Boden lag.
    »Einfach nicht hinhören, das haben alle in dem Alter. Früher oder später wächst sich das aus«, sagte Joel, der mit einem Handtuch um die Hüfte wieder nach draußen gekommen war.
    Nach dieser Aufregung war an Schlaf nicht mehr zu denken. Man schürte die Feuer und ließ die Fackeln brennen. Noch immer verängstigt, suchten sich Borobá und die drei Zwergschimpansen einen Platz, weit genug von Nadias Zelt entfernt, um den Geruch der Raubkatzen nicht riechen zu müssen. Es dauerte nicht lang, da kündigte das Flügelrauschen der Fledermäuse das Ende der Nacht an, die Köche brühten Kaffee auf und brieten Eier mit Speck für das Frühstück.
    »So nervös kenne ich dich gar nicht«, sagte Alex und reichte die erste Tasse Kaffee an Kate weiter. »Mit dem Alter wirst du schreckhaft, Oma.«
    »Nenn mich nicht Oma, Alexander.«
    »Nenn du mich nicht Alexander, ich heiße Jaguar, jedenfalls für meine Familie und meine Freunde.«
    »Pah! Lass mich in Frieden, du Rotzbengel!«, schimpfte sie und verbrannte sich die Lippen am ersten Schluck dampfenden Kaffees.

DRITTES KAPITEL
Der Missionar
    Das Gepäck wurde in die Landrover geladen, und gemeinsam brachen sie auf zu Angies Flugzeug. Den Gästen des Camps boten die zwei Meilen bis zu der baumlosen Piste ein letztes Mal Gelegenheit zu einem Ritt auf den Elefanten. Der sonst so selbstbewusste Kobi, der Nadia eine Woche lang auf seinem Rücken getragen hatte, schien den Abschied zu ahnen und wirkte genauso niedergedrückt wie die Reisenden des International Geographic. Auch Borobá ließ den Kopf hängen. In den drei Schimpansen aus dem Camp hatte er wirkliche Freunde gefunden, mehr noch, er hatte zum ersten Mal in seinem Leben Affen getroffen, die fast so klug waren wie er.
    Die vielen Dienstjahre und Flugmeilen waren der Cessna Caravan deutlich anzusehen. Zwar prangte auf ihren Flanken protzig der Name Sturmfalke, und Angie hatte ihr auf die Nase ein Gesicht mit Raubvogelaugen und Schnabel und darunter kräftige gelbe Fänge gemalt, aber die Farbe war mit der Zeit abgeblättert, und die Maschine ähnelte im flirrenden Licht des Morgens eher einem gerupften Huhn. Den Reisenden war flau im Magen bei dem Gedanken, dort gleich wieder einsteigen zu müssen, nur Nadia blieb gelassen, denn seit sie in New York lebte, hatte sie fast nie mehr Höhenangst gehabt, und verglichen mit dem altersschwachen, rostigen Flugzeug, mit dem ihr Vater im Amazonasgebiet unterwegs war, hatte Angies Sturmfalke auf sie schon beim Hinflug wie ein Wunderwerk der Technik gewirkt. Auf den Tragflächen der Maschine lümmelte diese Bande manierenloser Mandrills herum, die Kates Wodka getrunken hatten. Die Affen waren darin vertieft, einander die Läuse aus dem Pelz zu pulen, und Kate fand sie geradezu menschlich. Dieses zärtliche Ritual hatte sie in vielen Teilen der Welt bei Menschen gesehen, es stärkte die Familienbande und vertiefte Freundschaften. Joel hatte einmal ein Foto von Kindern gemacht, die wie die Orgelpfeifen hintereinander saßen und jeweils den Kopf des nächst kleineren entlausten. Sie mussteschmunzeln: Bei ihr zu Hause lief es den meisten Leuten schon bei dem Wort »Laus« kalt den Rücken hinunter. Angie war von dem Anblick der Affen weniger angetan, sie fluchte und warf mit Steinen nach ihnen, aber die Mandrills straften sie mit grenzenloser Nichtbeachtung und trollten sich erst, als die Elefanten ihnen auf die Pelle rückten.
    Michael Mushaha drückte Angie eine Ampulle des Betäubungsmittels für Tiere in die Hand.
    »Das ist meine letzte«, sagte er. »Könntest du mir eine Kiste mitbringen, wenn du wiederkommst?«
    »Aber sicher.«
    »Nimm die als Muster mit. Es sind verschiedene Sorten im Handel, und die verwechselt man leicht. Ich brauche genau die.«
    »Wird gemacht«,

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