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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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leicht zu gewinnen: Man ritzte den Stamm der Palmen am Fuß v-förmig ein, hängte eine Kalebasse darunter und wartete, bis sie mit dem Pflanzensaft vollgelaufen war, der dann vergoren wurde.
    Am Himmel über ihnen flatterte ein Gestöber von Vögeln, und im Wasser tummelten sich Fische aller Art. Sie sahen Flusspferde, vielleicht dieselbe Familie, der sie an ihrem ersten Abend am Ufer begegnet waren, und zwei verschiedene Arten von Krokodilen, die einen grau und die anderen, etwas kleineren, bräunlich. Da sie sich im Kanu sicher fühlte, nutzte Angie die Gelegenheit und überschüttete die Tiere mit Schmähungen. Die vier Paddler wollten eines der größeren Krokodile mit einem Seil fangen, denn für die lederne Haut ließ sich ein stattlicher Preis erzielen, aber da wurde Angie panisch, und auch die anderen sträubten sich dagegen, den ohnehin engen Platz in den Booten mit einem solchen Vieh zu teilen, einerlei, wie gut man ihm die Beine und das Maul verschnürte. Es reichte ihnen, dass sie die lückenlosen Zahnreihen und die Stärke der Schwanzschläge schon einmal aus der Nähe hatten bewundern dürfen.
    Etwas, das wie eine dunkle Wasserschlange aussah, streifte eines der Kanus, plusterte sich plötzlich auf und wurde zu einem Vogel mit weiß gestreiften Flügeln und schwarzem Schwanz, der sich in die Lüfte schwang und im Wald verlor. Kurz darauf glitt ein großer Schatten über sie hinweg, und Nadia stieß einen freudigen Schrei aus, als sie erkannte, was es war: ein Kronenadler. Angie erzählte, sie habe einmal gesehen, wie so ein Adler eine Gazelle in seinen Fängen hochgehoben habe. Weiße Seerosen schwammen zwischen großen fleischigen Blättern und bildeten Inseln, die sie vorsichtig umfahren mussten, damit sich die Boote nicht in den Wurzeln verfingen. Zu beiden Ufern ragte undurchdringlich der Wald, ein Dickicht aus Lianen, Farnkraut, Wurzeln und Ästen. Da und dort leuchteten farbige Punkte im gleichförmigen Grün: violette, rote, gelbe und rosafarbene Orchideen.
    ~
    Einen großen Teil des Tages fuhren sie nach Norden. Die Paddler wurden nicht müde und behielten den gleichförmigen Rhythmus ihrer Schläge selbst in der sengenden Glut des Mittags bei, als die anderen nur mehr wie ohnmächtig in den Booten hingen. Sie gingen zum Essen nicht an Land. Kekse, das Wasser aus den mitgeführten Flaschen und eine Handvoll Zucker mussten ihnen genügen. Sardinen wollte niemand, allein bei dem Gedanken drehte sich ihnen der Magen um.
    Am Nachmittag, die Sonne stand noch hoch, aber die Hitze hatte etwas nachgelassen, deutete einer der Paddler zum Ufer hinüber. Die Kanus hielten an. Der Fluss teilte sich hier in einen breiten Arm, der weiter Richtung Norden führte, und einen schmalen Kanal, der linker Hand im Dickicht verschwand. Am Eingang zu diesem Kanal stand an Land etwas, das an eine Vogelscheuche erinnerte. Es war eine Holzfigur von der Größe eines Menschen, bekleidet mit Bast, Federn und Lederriemen, mit einem Gorillakopf, dessen Maul in einem Schreckensschrei aufgerissen war. In die Augenhöhlen waren zwei Steine eingelassen. Der Rumpf war gespickt mit Nägeln, den Kopf krönte recht bizarr das Rad eines Fahrrads, und von den Speichen dieses sonderbaren Hutsbaumelten Knochen und getrocknete Hände, die vielleicht von Affen stammten. Die Figur war umringt von Tierschädeln und ein paar kleineren, nicht minder abstoßenden Puppen.
    »Voodoo-Zauber! Hexerei!«, rief Bruder Fernando und bekreuzigte sich.
    »Etwas hässlicher als die Heiligen in katholischen Kirchen sind sie zweifellos«, witzelte Kate.
    Joel und Alex zückten ihre Kameras.
    Die Paddler sahen verängstigt drein und erklärten, weiter würden sie nicht fahren, und dabei blieben sie auch, als Kate ihnen mehr Geld und Zigaretten anbot. Dieser schaurige Altar kennzeichnete die Grenze von König Kosongos Gebiet. Von hier an landeinwärts erstrecke sich sein Machtbereich, sagte einer der Paddler, und ohne seine Erlaubnis dürfe niemand dort eindringen. Sie könnten das Dorf aber vor Einbruch der Nacht auf einem Pfad durch den Wald erreichen. Es sei nicht weit, nur eine oder zwei Stunden Fußmarsch. Die Bäume seien mit Kerben gekennzeichnet, denen sollten sie folgen. Eilig gingen die vier am Ufer längsseits, je einer kletterte aus den schwankenden Booten und warf, ohne weitere Anweisungen abzuwarten, die Taschen an Land.
    Kate bezahlte ihnen die vereinbarte Summe und machte einem der Männer mit ihrem holprigen Französisch und der

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