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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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in vielen Ländern noch immer Sklaven gab. Und die Pygmäen galten als sonderbare Geschöpfe, man kaufte sie für entwürdigende Arbeiten oder, wenn sie Glück hatten, zur Belustigung der Reichen oder als Attraktion für den Zirkus.
    In Ngoubé mussten die Pygmäinnen die schweren Arbeiten verrichten, mussten die Felder bestellen, Wasser schleppen, putzen und sogar die Hütten bauen. Sie wollten mit ihren Familien zurück in die Wälder und wie früher in Freiheit leben. Nadia trat an die Holzpalisade und kletterte ein Stück daran hinauf, um den Frauen zu zeigen, dass sie fliehen konnten, aber sie wehrten ab und machten ihr deutlich, dass ihre Kinder mit ein paar Alten zusammen in dem anderen Pferch gefangen gehalten wurden, und ohne sie kam eine Flucht nicht in Frage.
    Nadia wollte wissen, wo die Männer jetzt waren.
    Jena erklärte ihr, die Männer lebten in den Wäldern und dürften nur ins Dorf kommen, wenn sie Fleisch, Felle oder Elfenbein brachten. Oder wenn sie, wie am Abend, für Kosongo Musik machen mussten.

ACHTES KAPITEL
Das heilige Amulett
    Nadia versprach den gefangenen Frauen, dass sie ihnen helfen würde, und schlich unsichtbar wie zuvor zu ihrer Schlafhütte zurück. Vor dem Eingang saß nur noch ein Wächter, und der schlief dort friedlich gurgelnd seinen Rausch aus. Nadia sah sich um. Der andere war verschwunden. Das war ihre Chance. Sie schlüpfte in die Hütte und weckte Alex, legte ihm die Hand über den Mund, und als er die Augen aufschlug, erzählte sie ihm hastig, was sie von den Frauen im Pferch erfahren hatte.
    »Es ist furchtbar, Jaguar. Wir müssen was tun.«
    »Was denn?«
    »Keine Ahnung. Aber früher haben die Pygmäen mit den Leuten hier ganz normal gelebt. Sie waren im Wald und sind bloß manchmal ins Dorf gekommen. Es gab eine Königin. Nana-Asante. Wenn ich es richtig verstanden habe, war sie nicht aus Ngoubé und auch keine von den Pygmäen. Sie muss von weit her gekommen sein. Die Frauen haben gesagt, die Götter hätten sie geschickt, und sie sei eine große Heilerin gewesen. Früher muss es hier auch sehr viele Elefanten gegeben haben, die breite Wege durch den Wald getrampelt haben, aber jetzt gibt es kaum noch welche, und die Wege sind zugewuchert. Angefangen hat alles damit, dass Mbembelé den Pygmäen dieses Amulett weggenommen hat, von dem Beyé-Dokou uns erzählt hat, das Ipemba-Afua. Dadurch sind sie zu Sklaven geworden.«
    »Weißt du, wo es jetzt ist?«
    »Es ist der geschnitzte Knochen an Kosongos Zepter.«
    Eine ganze Weile besprachen die beiden wispernd, was zu tun sei, und verstiegen sich zu immer waghalsigeren Plänen. Aber schließlich beschlossen sie, dass sie zuerst das Amulett wiederbeschaffen und es Beyé-Dokou und den anderen zurückbringen mussten. Bestimmt würde ihnen das neue Hoffnung und Mut machen, und dann würden die Männer vielleicht auch einen Weg finden, um ihre Frauen und Kinder zu befreien.
    »Wenn wir das Amulett haben, gehe ich in den Wald und suche sie«, sagte Alexander.
    »Du verläufst dich.«
    »Der schwarze Jaguar ist mein Totemtier. Der verläuft sich nicht und kann im Dunkeln sehen.«
    »Ich komme mit.«
    »Das ist viel zu gefährlich, Aguila. Und allein bin ich schneller.«
    »Wir dürfen uns nicht trennen. Denk dran, was Má Bangesé gesagt hat: Wenn wir uns trennen, sterben wir.«
    »Glaubst du das etwa?«
    »Ja. Was wir gesehen haben, war eine Warnung: Irgendwo wartet ein Monster mit drei Köpfen auf uns.«
    »Es gibt keine Monster mit drei Köpfen.«
    »Walimai würde sagen: Kann sein, kann auch nicht sein.«
    »Wie kommen wir an das Amulett?«
    »Das machen Borobá und ich.« Nadia klang, als sei das die einfachste Sache der Welt.
    Als Dieb hatte es der Affe faustdick hinter den Ohren, und in New York hatte er Nadia schon reichlich Ärger gemacht. In einem fort musste sie Leuten Dinge zurückgeben, die der Affe ihr als Geschenk anschleppte, aber dieses eine Mal würde seine Marotte ein Segen sein. Borobá war klein, unauffällig und überaus geschickt mit den Fingern. Sie mussten bloß herausfinden, wo der König das Amulett verwahrte, und sich irgendwie an den Wachen vorbeistehlen. Jena hatte gesagt, das Amulett sei in den Wohnräumen des Königs, wo sie es einmal gesehen hatte, als sie dort putzte. Im Moment war kaum jemand nüchtern im Dorf, und Nadia hatte fast keine Wachen gesehen. Gewehre hatten nur die vier Soldaten der Bruderschaft gehabt, aber vielleicht waren das nicht die einzigen. Nadia und Alex wussten nicht, wie

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