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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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ihnen.«
    »Willst du, dass ich mich fürchte? Dann hast du es geschafft.«
    Alex legte Nadia einen Arm um die Schulter und zog sie an sich. Das hatte er früher oft getan, um sie zu wärmen oder damit sie sich nicht fürchtete, aber diesmal war es etwas anderes.
    »Walimai und seine Frau sind jetzt endlich zusammen«, sagte Nadia.
    »Ist er tot?«
    »Ja, jetzt sind sie in derselben Welt.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von ihm. Weißt du noch, als ich im Verbotenen Reich in diese Schlucht gestürzt bin und mir die Schulter ausgekugelt habe? Er war die ganze Zeit bei mir, bis du mit Tensing und Dil Bahadur gekommen bist. Es war klar, dass er ein Geist ist und von einer Welt in die andere reisen kann.«
    »Wenn du ihn gerufen hast, ist er immer gekommen. Er war wirklich ein guter Freund«, sagte Alex betrübt.
    »Er kommt immer noch, wenn ich ihn brauche. Geister reisen weit.«
    ~
    Obwohl ihnen bang war und sie unbequem auf dem feuchten Boden kauerten, nickten sie wenig später vor Erschöpfung ein. Sie hatten fast vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen und waren seit der Bruchlandung in Angies Flugzeug von einer Aufregung in die nächste geraten. Nun vergaßen sie für einige Minuten die Schlangen und die anderen Tiere um sie her. Doch plötzlich schreckten sie hoch, Borobá kreischte und zerrte mit beiden Händen an ihrenHaaren. Sie sahen nichts. Alex knipste die Taschenlampe an, und ihr Lichtstrahl traf mitten in ein schwarzes Gesicht, das fast über ihm hing. Er und das Gesicht schrien gleichzeitig auf und fuhren zurück. Alex ließ die Lampe los, und es dauerte einen Moment, bis er sie zwischen dem Farn wieder zu fassen bekam. Doch da hielt Nadia schon seinen Arm fest und raunte ihm zu, es solle sich ruhig verhalten. Sie spürten eine Pranke, die blind nach ihnen tastete. Plötzlich wurde Alex am Hemd gepackt und kräftig geschüttelt. Er knipste die Taschenlampe wieder an, zielte aber diesmal mit ihrem Strahl nicht direkt auf seinen Angreifer. Im Zwielicht sahen sie, dass es ein Gorilla war.
    »Tampo kachi …«
    Die Begrüßungsformel, mit der man im Verbotenen Reich jemandem Glück wünscht, war das Erste und Einzige, was Alex zu sagen einfiel, dessen Kopf vor Schreck wie leergefegt war. Nadia dagegen grüßte in der Sprache der Affen, denn sie hatte den Gorilla schon im Dunkeln an seiner Wärme und dem Geruch nach frisch geschnittenem Heu erkannt. Es war das Gorillaweibchen, das sie vor ein paar Tagen aus der Falle befreit hatten, und auch jetzt klammerte sich das Kleine an den struppigen Bauch seiner Mutter. Diese sah Alex und Nadia aus ihren klugen und neugierigen Augen an. Nadia fragte sich, wie sie hierher gekommen war, sie musste viele Meilen durch den Wald gelaufen sein, und Nadia hatte eigentlich gedacht, dass Gorillas so etwas nicht tun.
    Der Affe ließ Alex los, legte Nadia eine Hand aufs Gesicht und schubste sie sehr sanft, es war mehr eine Liebkosung. Mit einem Lächeln gab Nadia den Schubs zurück, was den Gorilla zwar keinen Millimeter vom Fleck bewegte, als Antwort jedoch zu wirken schien. Der Affe drehte sich um und tat ein paar Schritte, kam zurück, reckte ihnen wieder das Gesicht entgegen, knurrte gutmütig und schnappte dann plötzlich ohne Vorwarnung mit den Lippen nach Alexanders linkem Ohr und knabberte daran.
    »Was will sie?«, fragte Alex erschrocken.
    »Wir sollen mitkommen, sie will uns etwas zeigen.«
    Sie mussten nicht weit laufen. Das Gorillaweibchen machte plötzlich einen Satz und war mit wenigen Sprüngen auf einem Baum und in einer Art Nest zwischen den Ästen. Alex leuchtetenach oben und bekam ein wenig vertrauenerweckendes, vielstimmiges Knurren zur Antwort. Sofort ließ er die Taschenlampe sinken.
    »Auf dem Baum sitzen jede Menge Gorillas, bestimmt eine Familie«, sagte Nadia.
    »Dann ist auch ein Männchen dabei und wahrscheinlich etliche Weibchen mit Nachwuchs. Das Männchen könnte gefährlich werden.«
    »Unsere Freundin hat uns hergeführt, also sind wir wohl willkommen.«
    »Und was sollen wir jetzt tun? Ich habe keine Ahnung, was das Protokoll für Begegnungen zwischen Mensch und Gorilla vorsieht.« Alex trat unruhig von einem Bein auf das andere.
    Lange Minuten warteten die beiden unter dem mächtigen Baum. Das Knurren verstummte. Borobá saß der Schreck noch in den Gliedern, und er klammerte sich an Nadias T-Shirt, aber schließlich gaben Alex und Nadia ihrer Müdigkeit nach und suchten sich eine Mulde zwischen den Wurzeln des Urwaldriesen.
    »Hier können wir

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