Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
Leopardenarmband und Gewehr war bei ihnen. Durch den Palmwein und den entfesselten Tanz waren die drei bester Laune, sie scherzten und lachten und schlugen einander kumpelhaft auf die Schulter, aber den Gefährten war mulmig zumute, denn eines stand fest: Sie wurden abgeführt wie Gefangene.
    Die so genannten »Gemächer« waren eine rechteckige Lehmhütte mit Strohdach, die größer war als die anderen Hütten des Dorfes und etwas abseits lag, am Rand des Dschungels. Zwei schmale Löcher in der Wand dienten als Fenster, und ein drittes, türloses, als Eingang. Die Männer mit den Fackeln leuchteten ins Innere, und unter dem angewiderten Blick derjenigen, die die Nacht hier verbringen sollten, huschten Unmengen von Kakerlaken in die dunklen Ecken.
    »Kakerlaken sind die ältesten Tiere der Erde, die gibt es seit dreihundert Millionen Jahren«, sagte Alex mit einem beherzten Schritt in die Hütte.
    »Das macht sie mir auch nicht sympathischer«, bemerkte Angie.
    »Sie tun nichts«, behauptete Alex, obwohl er sich nicht sicher war.
    »Ob es hier Schlangen gibt?« Joel klang kläglich.
    »Pythons jagen doch nicht im Dunkeln«, sagte Kate.
    »Was stinkt hier so fürchterlich?«, wollte Alex wissen.
    »Rattenurin oder Fledermauskot«, antwortete Bruder Fernando ungerührt, denn er hatte in Ruanda Ähnliches erlebt.
    »Mit dir zu verreisen ist immer wieder ein Vergnügen, Oma.«
    »Nenn mich nicht Oma. Wenn dir die Unterkunft nicht zusagt, kannst du ja ein Zimmer im Sheraton nehmen.«
    »Ich will rauchen!«, jammerte Angie.
    »Hier hast du beste Chancen, es dir abzugewöhnen«, sagte Kate wenig überzeugt und streichelte verstohlen ihre alte Pfeife in der Westentasche.
    Einer der Männer entzündete die Fackeln, die an den Wänden der Hütte befestigt waren, und der Soldat sagte, sie sollten bis zum Morgen hier drin bleiben. Die drohende Geste mit dem Gewehr zerstreute jeden Zweifel daran, dass das ein Befehl war.
    Bruder Fernando fragte nach, ob es draußen eine Latrine gebe, und der Soldat lachte, als hätte er einen Witz gemacht. Aber als der Missionar nicht locker ließ, wurde es dem anderen zu bunt, er holte aus und schlug dem Missionar mit dem Kolben seines Gewehrs gegen die Schulter, dass der strauchelte und hinfiel. Kate, die wusste, wie man sich Gehör verschafft, pflanzte sich entschlossen vor dem Angreifer auf, und ehe der auch auf sie losgehen konnte, drückte sie ihm eine Dose mit eingelegten Pfirsichen in die Hand. Der Soldat warf einen Blick darauf und verließ die Hütte. Wenig später kehrte er mit einem Plastikeimer zurück und stellte ihn Kate wortlos vor die Füße. Dieses schäbige Etwas würde bis auf weiteres die einzige sanitäre Einrichtung der Hütte sein.
    »Was haben wohl diese Riemen aus Leopardenfell und die Narben zu bedeuten?«, fragte Alex, als der Soldat draußen war. »Alle vier Soldaten haben sie, und Kosongo auch.«
    »Zu schade, dass wir Leblanc nicht fragen können, der wüsste bestimmt eine Antwort«, sagte Kate.
    »Ich glaube, diese Männer gehören zur Bruderschaft des Leoparden«, sagte Angie. »Das ist ein Geheimbund, den es in einigen afrikanischen Ländern gibt. Die Mitglieder werden als Jugendliche angeworben und mit diesen Narben gezeichnet. So können sie einander überall erkennen. Sie arbeiten als Söldner, kämpfen und töten für Geld. Es heißt, sie sind sehr brutal. Sie leisten einen Schwur, dass sie einander ein Leben lang helfen und jeden töten,der einem von ihnen ein Haar krümmt. Sie haben keine Familie und außer der Bruderschaft keinerlei Bindungen.«
    »Kadavertreue.« Bruder Fernando nickte düster. »Alles, was einer aus der Gemeinschaft tut, wird verteidigt, einerlei, wie grauenhaft es ist. Mit echtem Zusammenhalt hat das nichts zu tun. Man baut nicht gemeinsam etwas auf oder bestellt die Felder gemeinsam oder sorgt für Nahrung oder schützt die Schwachen oder verbessert die Lebensbedingungen für alle. Wer sich auf diese Art Treue schwört, dem ist jedes Mittel recht, auch Verbrechen und Krieg.«
    »Ich seh schon, wir sind in den besten Händen …«, sagte Kate und gähnte.
    Vor dem Eingang saßen die beiden Männer mit den Buschmessern, und drinnen suchte sich jeder einen Platz für eine unbequeme Nacht. Der Soldat war gegangen. Sie hatten sich kaum auf den Boden gelegt und sich einen Rucksack oder eine Tasche unter den Kopf geschoben, als die Kakerlaken wieder aus ihren Ritzen krochen und auf ihnen herumkrabbelten. Sie spürten die kleinen Füßchen in

Weitere Kostenlose Bücher