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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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gehe hier nicht weg, ehe ich es weiß. Ich muss mit Kommandant Mbembelé sprechen.«
    Die Wachen brachten ihnen zum Frühstück ein Büschel Bananen und einen Krug mit Milch, auf der tote Fliegen trieben, dann gingen sie zurück auf ihren Posten vor dem Eingang, was wohl heißen sollte, dass die anderen bis auf weiteres in der Hütte zu bleiben hatten. Kate brach eine Banane ab, wandte sich um und wollte sie Borobá geben. Aber das Äffchen war nirgends. Und erst jetzt sah sie, dass Alexander und Nadia nicht in ihren Schlafsäcken lagen.
    ~
    Als Kate klar wurde, dass ihr Enkel und Nadia nicht in der Hütte waren und niemand sie seit dem Schlafengehen gesehen hatte, verlor sie die Fassung.
    »Vielleicht sind sie nur kurz spazieren gegangen …«, sagte Bruder Fernando wenig überzeugt.
    Aber Kate war schon an der Tür und draußen, ehe die Wachposten sie zurückhalten konnten. Das Dorf erwachte eben, Kate sah Kinder und einige Frauen, aber keine Männer, denn die arbeiteten nicht. Von weitem erkannte sie die Pygmäinnen, die am Vorabend getanzt hatten. Einige von ihnen waren unterwegs zum Fluss, um Wasser zu holen, die anderen gingen zu den Hütten rund um den Platz oder zu den Pflanzungen. Kate lief von einer zur anderen und fragte nach Alexander und Nadia, aber sie verstanden nicht oder wollten nicht antworten. Sie lief das ganze Dorf ab und rief lauthals nach den beiden, fand sie aber nirgends. Ihr Geschrei weckte nur die Hühner und zog die Aufmerksamkeit zweier Soldaten von Kosongos Leibwache auf sich, die eben ihre Patrouille begannen. Ohne lange zu fackeln, packten die beiden Kate an den Armen und trugen sie zu den Wohngebäuden des Königs.
    »Sie nehmen Kate mit!«, rief Angie, die die Szene durch ein Fenster beobachtete.
    Sie wandte sich zur Tür und winkte Joel und Bruder Fernando, ihr zu folgen. Sie sollten nicht untätig rumstehen wie Gefangene, angeblich seien sie doch Gäste. Die drei stießen die Wachen am Eingang zur Seite und rannten los.
    Die Soldaten hatten Kate in einem der Kasernenräume zu Boden gestoßen und wollten eben auf sie einprügeln, als Angie, Bruder Fernando und Joel sie wegzerrten und dabei auf Spanisch, Englisch und Französisch anschrien. Die beiden Soldaten waren sprachlos, dass jemand die Frechheit besaß, ihnen in die Quere zu kommen. In Ngoubé galt ein Gesetz: Ein Soldat Mbembelés durfte nicht berührt werden. Tat es doch einmal jemand aus Zufall oder Versehen, wurde er ausgepeitscht, tat er es absichtlich, war er tot. Aber diese Fremden wirkten kein bisschen eingeschüchtert, und während die beiden Soldaten noch darüber nachdachten, was sie mit ihnen anstellen sollten, forderte Angie bereits lauthals: »Wir wollen den König sehen!«, wie im Chor unterstützt von Bruder Fernando und Joel.
    Bruder Fernando half Kate vom Boden auf. Sie krümmte sich unter einem stechenden Schmerz in den Rippen. Mehrmals schlug sie sich selbst mit der Faust auf die Stelle, bis sie wieder Luft bekam.
    Der Raum, in dem sie standen, hatte einen gestampften Lehmboden, war sehr groß und fast leer. Es hingen nur zwei ausgestopfte Leopardenköpfe an der Wand, und in einer Ecke war eine Art Voodoo-Altar aufgebaut. An der gegenüberliegenden Seite lag ein roter Teppich, auf dem ein Kühlschrank und ein Fernseher standen, Symbole von Reichtum und Modernität, die in Ngoubé zu nichts zu gebrauchen waren, weil es keinen Strom gab. Der Raum hatte zwei Türen und mehrere Fensterlöcher, durch die etwas Tageslicht ins Innere fiel.
    Draußen wurden jetzt Stimmen laut, und sofort nahmen die Soldaten Haltung an. Kate und die anderen drehten sich um: Durch eine der Türen trat ein Mann, der aussah wie eine Kampfmaschine. Kein Zweifel, das war Maurice Mbembelé persönlich. Er war ein Hüne, mit Muskeln bepackt wie ein Gewichtheber, der Hals massig, die Schultern ausladend, die Wangenknochen markant, die Lippen dick und klar umrissen, eine Nase wie ein Preisboxer und der Schädel kahl rasiert. Den letzten Schliff gab dieser fiesen Erscheinung eine Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern, die seine Augen verbarg. Mbembelé trug eine Armeehose mit einem breiten schwarzen Ledergürtel und Stiefel, sein Oberkörper war nackt. Auf seinen Armen prangten die Narben der Bruderschaft des Leoparden, und um die Oberarme hatte er Riemen aus Leopardenfell geschlungen. Zwei Soldaten, fast ebenso groß wie er, waren bei ihm.
    Mit offenem Mund starrte Angie den Muskelprotz an, nichts war mehr zu sehen von ihrem Zorn, sie

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