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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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in Ruhe schlafen, die Gorillas passen auf. Unsere Freundin wollte sich bedanken«, sagte Nadia, als sie sah, dass Alex noch immer unruhig nach oben linste.
    »Glaubst du, Tiere können so etwas wie Dankbarkeit empfinden?«
    »Warum nicht? Tiere reden miteinander, sie gründen Familien, lieben ihre Kinder, bilden Gemeinschaften, haben ein Gedächtnis. Nimm Borobá zum Beispiel, der hat mehr Grips als die meisten Leute, die ich kenne.«
    »Mein Hund dagegen ist ein ziemlicher Trottel.«
    »Nicht jeder hat ein Hirn wie Einstein, Jaguar.«
    »Da besteht bei Poncho keine Gefahr.«
    »Aber er ist trotzdem einer deiner besten Freunde. Und unter Tieren gibt es auch Freundschaften.«
    Es dauerte nicht lange, da schliefen die beiden tief und friedlich wie zwischen Daunen, behütet von den großen Affen. Bessere Beschützer konnten sie sich nicht wünschen.
    Als sie Stunden später erwachten, wussten sie erst nicht, wo sie waren. Alex sah auf die Uhr, es war schon nach sieben: Sie hattenden Sonnenaufgang verschlafen. Warmer Morgendunst stieg vom Boden auf, der Wald war ein grünes Dampfbad. Sie sprangen auf die Füße und blickten sich um. Der Baum der Gorillas war verlassen, und für einen Moment zweifelten sie an dem, was sie in dieser Nacht erlebt hatten. War es ein Traum gewesen? Aber dort zwischen den Ästen waren die Nester, und wie ein Frühstücksgeschenk lagen frische Bambussprossen neben ihnen am Boden, die Lieblingsspeise der Gorillas. Und ein paar Schritte weiter erspähten sie mehrere schwarze Augenpaare, die sie beobachteten. Die Gorillas waren zum Greifen nah, und auch wenn sie sie nicht genau sehen konnten, spürten sie doch, dass ihre Blicke auf ihnen ruhten.
    »Tampo kachi«, verabschiedete sich Alex.
    »Danke«, sagte Nadia in Borobás Sprache.
    Ein gedehntes und heiseres Brüllen antwortete aus dem grünen Dickicht.
    »Ich glaube, das heißt, wir sind gute Freunde«, lachte Nadia.
    ~
    In Ngoubé begann der Tag mit qualmdichtem Nebel, der durch die Tür und die Fensterlöcher der Schlafhütte ins Innere drang. Der unbehaglichen Unterkunft zum Trotz hatten Kate, Joel, Angie und Bruder Fernando tief geschlafen und nichts von dem beginnenden Brand in den Wohnräumen des Königs mitbekommen. Kosongo hatte wenig Verluste zu beklagen, denn das Feuer war schnell gelöscht worden. Als der Rauch sich legte, sah man, dass das Feuer am Umhang des Königs begonnen hatte, ein Unheil verheißendes Omen. Danach hatten die Flammen auf einige Leopardenfelle übergegriffen, die in Windeseile schwelten und die königlichen Wohnräume mit dickem Qualm erfüllten. Doch von alldem sollten Konsongos Gefangene erst viele Stunden später erfahren.
    Durch das Palmdach fielen die ersten dünnen Sonnenstrahlen. Im Morgenlicht konnten sich Kate und Bruder Fernando, die schon aus ihren Schlafsäcken gekrochen waren, die Hütte nun genauer ansehen, einen einzigen langgestreckten, schmalen Raum mit dicken Wänden aus dunklem Lehm. In eine der Wände hattejemand, wohl mit einem Messer, einen Kalender geritzt. Er war vom Vorjahr. An der gegenüberliegenden Wand sahen sie Verse aus dem Neuen Testament und ein grob gezimmertes Holzkreuz.
    »Das ist die Missionsstation«, sagte Bruder Fernando atemlos. »Ganz bestimmt.«
    »Woher wollen Sie das so genau wissen?« Kate rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Ich weiß es. Sehen Sie hier …«
    Er zog ein klein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seinem Rucksack und klappte es sorgsam aus. Es war eine Bleistiftskizze, die von den verschollenen Missionaren angefertigt worden war. Deutlich erkannte man den Platz in der Mitte des Dorfes, den Baum der Wörter mit Kosongos Thron, die Hütten, die Pferche, ein größeres Gebäude, das als Wohnhaus des Königs gekennzeichnet war, und ein zweites daneben, an dem »Kaserne« stand. Genau dort, wo sie jetzt waren, war auf der Skizze die Missionsstation eingezeichnet.
    »Der Raum muss als Schule und Krankenstation gedient haben«, sagte Bruder Fernando mit gedämpfter Stimme, um die Schlafenden nicht zu wecken. »Ganz in der Nähe müsste ein Gemüsegarten sein, den sie angelegt haben, und ein Brunnen.«
    »Wozu braucht man einen Brunnen, wenn es hier ständig regnet? An Wasser ist nun wahrlich kein Mangel«, sagte Kate.
    »Den Brunnen haben sie nicht angelegt, den gab es schon. Sie haben über ihn immer in Anführungszeichen geschrieben, als wäre irgendetwas Besonderes damit. Das war sehr merkwürdig …«
    »Was kann nur mit ihnen geschehen sein?«
    »Ich

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