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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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schluckte verlegen wie ein Schulmädchen. Kate begriff, dass ihre wichtigste Verbündete drauf und dran war, die Seite zu wechseln, und trat einen Schritt vor.
    »Kommandant Mbembelé, nehme ich an?«
    Der Mann antwortete nicht und sah sie nur mit versteinerter Miene an, als trüge er eine Maske.
    »Herr Kommandant, zwei Mitglieder unseres Teams sind verschwunden.«
    Eisiges Schweigen.
    »Es handelt sich um die beiden Jugendlichen, um meinen Enkel Alexander und seine Freundin Nadia.«
    »Wir möchten wissen, wo sie sind«, sagte Angie, die sich von diesem jähen Anflug der Leidenschaft erholt und die Sprache wiedergefunden hatte.
    »Sie können nicht weit sein, vielleicht sind sie noch im Dorf …«, stammelte Kate.
    Ihr war, als versinke sie in einem Morast, da war kein Boden mehr unter ihren Füßen, ihre Stimme zitterte. Das Schweigen des anderen war unerträglich. Endlich, als sie schon nicht mehr daran geglaubt hatten, hörten sie den Kommandanten mit fester Stimme sagen:
    »Die beiden verantwortlichen Wachen werden bestraft.«
    Das war alles. Er drehte sich um und verschwand durch die Tür, durch die er gekommen war, gefolgt von seinen beiden Begleitern und den zwei Soldaten, die Kate so rüde hergeschleift hatten. Die beiden sagten etwas zueinander und lachten. Bruder Fernando und Angie schnappten Bruchstücke von dem auf, was sie so erheiterte: Diese weißen Kinder waren grenzenlos dumm. Sie waren in den Wald abgehauen, also waren sie tot, gefressen von den Raubtieren oder den Geistern.
    ~
    Da niemand sie mehr überwachte oder auch nur an ihnen interessiert schien, kehrten Kate und die anderen in ihre Schlafhütte zurück.
    »Die beiden haben sich in Luft aufgelöst! Immer machen sie Ärger! Ich schwöre, dafür werden sie mir büßen!« Kate vergrub die Hände in ihren kurzen grauen Strubbelhaaren.
    »Schwören Sie nicht. Lassen Sie uns beten«, sagte Bruder Fernando.
    Er kniete sich zwischen die Kakerlaken, die seelenruhig über den Boden marschierten, und faltete die Hände. Die anderen achteten nicht auf ihn, sie mussten reden und nachdenken, was sie jetzt tun sollten.
    Angie war der Meinung, sie müssten mit dem König verhandeln, damit er ihnen ein Boot gab, denn anders würden sie hier nicht wegkommen. Joel glaubte, dass der König im Dorf nichts zu sagen hatte, sondern Mbembelé die Befehle gab, und der schien nicht gewillt, ihnen zu helfen, also sollten sie sich besser an die Pygmäen halten und sich von ihnen auf den geheimen Wegen durch den Wald führen lassen, die sonst niemand kannte. Kate dachte nicht daran, sich ohne Alexander und Nadia von der Stelle zu rühren.
    Noch immer auf den Knien, wandte sich Bruder Fernando zu ihnen um und hielt ihnen einen Zettel hin, der auf einem der Rucksäcke gelegen hatte. Kate riss ihm das Stück Papier aus der Hand und trat an eins der Fensterlöcher.
    »Von Alexander!«
    Mit brüchiger Stimme las sie vor, was ihr Enkel geschrieben hatte: Nadia und ich versuchen den Pygmäen zu helfen. Lenkt Kosongo ab. Keine Sorge, wir sind bald zurück.
    »Die sind verrückt geworden«, sagte Joel.
    »Nein, das ist ihr Normalzustand«, stöhnte Kate. »Was machen wir jetzt?«
    »Sagen Sie bloß nicht, wir sollen beten«, kam Angie Bruder Fernando zuvor. »Es muss etwas Handfesteres geben, was wir tun können.«
    »Ich weiß nicht, was Sie tun werden, meine Liebe. Ich jedenfalls vertraue darauf, dass die beiden zurückkommen. Und bis dahin finde ich heraus, was mit meinen Brüdern geschehen ist.« Der Missionar stand auf und schüttelte sich die Kakerlaken von den Hosenbeinen.

NEUNTES KAPITEL
Die Jäger
    Ziellos streiften sie durch den Wald. Alex entdeckte einen vollgesogenen Blutegel an seinem linken Bein und pflückte ihn ohne Getue ab. Er hatte schon am Amazonas welche gehabt und keine Angst mehr vor ihnen, auch wenn er sie nach wie vor widerlich fand. Wohin Nadia und er auch blickten, überall wucherte das Grün, alles sah gleich aus. Die einzigen Farbkleckse waren Orchideen und zuweilen ein Vogel mit buntem Gefieder, der vor ihnen aufflatterte. Die Erde glänzte rötlich unter ihren Füßen, weich und getränkt vom Regen und gespickt mit Tücken, so dass sie jeden Schritt wägen mussten. Manchmal verbargen sich sumpfige Löcher unter einer Decke schwimmender Blätter. Sie kämpften sich zwischen den Lianen hindurch, die an einigen Stellen dicht wie ein Vorhang von den Bäumen hingen, und zwängten sich vorbei an wehrhaft bestachelten Büschen. Und doch war der Wald

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