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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Soldaten dem Reptil die Haut ab und nagelten sie zum Trocknen an einen Baumstamm; dadurch wurde sie noch einmal um zwanzig Prozent länger, und die Touristen würden einen stattlichen Preis dafür zahlen. Doch es würde nicht nötig sein, die Schlangenhaut in die Stadt zu bringen, denn Leblanc wollte sie an Ort und Stelle kaufen, nachdem er vergeblich versucht hatte, sie den Soldaten umsonst abzuschwatzen. Unter Glucksen raunte Kate Cold ihrem Enkel ins Ohr, der Anthropologe würde die Anakonda bestimmt in ein paar Wochen als Trophäe bei seinen Vorträgen herumzeigen und behaupten, dass er sie eigenhändig bezwungen hatte. Auf diese Weise hatte er seinen Ruf als Held unter den Studenten der Anthropologie rund um den Erdball erlangt, die von der Vorstellung fasziniert waren, dass Mörder doppeltso viele Frauen haben wie friedliche Leute und dreimal so viele Kinder. Diese gelangweilten Studenten, die selbst dazu verdammt waren, ihr Leben gezähmt und inmitten der Zivilisation zu fristen, gierten regelrecht nach Leblancs Theorie von der Überlegenheit des dominanten Männchens, das jedwede Grausamkeit begehen konnte, um seine Erbanlagen weiterzugeben.
    Die Soldaten suchten in der Lagune nach dem Kopf der Anakonda, konnten ihn aber nicht finden: Er war im Schlick versunken oder von der Strömung fortgespült worden. Sie wagten nicht, viel herumzustochern, denn es hieß, die Tiere seien immer zu zweit unterwegs, und keiner war scharf darauf, das Schicksal des kleinen Mexikaners zu teilen. Dr. Omayra Torres erzählte, dass sowohl die Indianer als auch die Caboclos den Schlangen Heilkräfte und prophetische Fähigkeiten zuschrieben. Sie wurden getrocknet und zermahlen, und das Pulver setzte man zur Behandlung von Tuberkulose, Haarausfall und Knochenerkrankungen ein und außerdem als Hilfsmittel beim Deuten von Träumen. Der Kopf einer Schlange von dieser Größe wäre sehr wertvoll, versicherte sie und fand es schade, dass er verloren gegangen war.
    Die Männer zerschnitten den Schlangenkörper, salzten die Stücke und spießten sie auf Stöcke, um sie über dem Feuer zu rösten. Alex, der sich bis jetzt geweigert hatte, Pirarucú, Ameisenbär, Tukan, Affe oder Tapir zu probieren, wurde von einer plötzlichen Neugier gepackt und wollte wissen, wie das Fleisch dieser riesigen Würgeschlange schmeckte. Es würde ja auch bestimmt mächtig Eindruck auf Cecilia Burns und seine Freunde in Kalifornien machen, wenn sie hörten, dass er mitten im Amazonasdschungel Anakonda zum Abendessen hatte. Mit dem Fleischstück in der Hand posierte er vor der Schlangenhaut und bat seine Großmutter um ein Beweisfoto. Das Fleisch war ziemlich verkohlt, denn von den Expeditionsteilnehmern konnte keiner gut kochen, es war ähnlich faserig wie Thunfisch und schmeckte ein bisschen wie Hühnchen. Verglichen mit dem Wild, war es fad, aber besser als die gummiartigen Pfannkuchen seines Vaters war es allemal. Die plötzliche Erinnerung an seine Familie traf Alex wie eine Ohrfeige. Er stand da, das aufgespießte Stück Anakonda in der Hand, und starrte geistesabwesend in die Nacht.
    »Was siehst du?«, fragte Nadia leise.
    »Meine Mama.« Alex konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken.
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie ist krank, sehr krank.«
    »Deine ist körperlich krank, meine seelisch.«
    »Kannst du sie sehen?«, fragte Alex.
    »Manchmal.«
    »Das ist das erste Mal, dass ich jemanden so sehen kann. Ich hatte ein ganz komisches Gefühl, als würde ich meine Mama ganz deutlich vor Augen haben, wie auf einer Leinwand, aber ich konnte sie nicht anfassen und nicht mit ihr reden.«
    »Das ist alles eine Frage der Übung, Jaguar. Man kann lernen, mit dem Herzen zu sehen. Die Schamanen wie Walimai können mit dem Herzen auch jemanden aus der Ferne berühren und mit ihm sprechen.«

NEUNTES KAPITEL
Die Nebelmenschen
    An diesem Abend spannten sie ihre Hängematten zwischen die Bäume, und César Santos teilte die Gruppe für die Nacht ein: zwei Stunden Wache halten und das Feuer versorgen. Jetzt, nachdem einer der Soldaten mit einem Pfeil ermordet und Joel González außer Gefecht gesetzt war, blieben zehn Erwachsene und Alex und Nadia, um die acht Stunden der Dunkelheit zu überbrücken, denn Leblanc zählte nicht mit. Ludovic Leblanc war, wie er betonte, der Chef der Expedition, und als solcher musste er »frisch sein«; ohne eine geruhsame Nacht fühle er sich außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen und Entscheidungen zu fällen. Im Grunde waren die

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