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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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gelb und durchscheinend waren wie Topas, blaue, hörnerbewehrte Käfer, große bunte Schnecken, die sie von weitem für Blumen hielten, absonderlich gestreifte Echsen, Nagetiere mit scharfen, gebogenen Hauern, Baumhörnchen ohne Fell, die wie nackte Gnome von Ast zu Ast sprangen.
    Als sie das Tal erreichten und sich El Dorado näherten, begriffen sie, dass es weder eine Stadt noch Gold war, was sie da vor sich hatten. Es waren natürliche geometrische Felsformationen wie die großen Kristallblöcke in den Grotten. Alles strahlte so golden, weil es aus Glimmer, einem völlig wertlosen Mineral, und Pyrit bestand, der auch Katzengold oder treffender »Deppengold« genannt wird. Alex musste grinsen, als er sich vorstellte, wie die Eroberer Amerikas und all die Glücksritter, die nach ihnen kamen, wohl aus der Wäsche geguckt hätten, wäre es ihnen gelungen, die Hindernisse auf dem Weg nach El Dorado zu überwinden, nur um ärmer wieder abzuziehen, als sie gekommen waren.

VIERZEHNTES KAPITEL
Die Bestien
    Dann, kurz darauf, sahen Alex und Nadia die Bestie. Sie war nur einen Steinwurf entfernt und ging auf die Stadt zu. Wie ein gigantischer Menschenaffe, bestimmt über drei Meter groß, schritt sie aufrecht auf zwei Füßen vorwärts, ihre langen Armen reichten bis zum Boden, und das Köpfchen mit dem melancholischen Gesichtsausdruck wirkte zu klein für die massige Gestalt. Sie war von einem drahtigen, schwarzen Pelz bedeckt, und ihre Pranken endeten in drei langen, scharfen, krummsäbelähnlichen Klauen. Sie bewegte sich so unglaublich langsam, dass sie gar nicht von der Stelle zu kommen schien. Nadia wusste sofort: Es war das gleiche Wesen, dass sie schon einmal gesehen hatte. Vor Schreck blieben sie wie angewurzelt stehen und starrten die Bestie an. Irgendwie ähnelte sie einem Tier, das sie kannten, aber sie kamen nicht drauf.
    »Wie ein Faultier«, flüsterte Nadia endlich.
    Und da erinnerte sich Alex, dass er einmal im Zoo von San Francisco ein Tier gesehen hatte, das so ähnlich aussah wie ein Affe oder ein Bär, in den Bäumen lebte, sich unglaublich langsam bewegte und deshalb Faultier hieß. Es war ein friedliches Geschöpf, überhaupt nicht schnell genug, um zu jagen, wegzulaufen oder sich zu verteidigen, hatte aber auch wenig Feinde: Auf seinen dicken Pelz und sein bitteres Fleisch waren nicht einmal die hungrigsten Raubtiere scharf.
    »Und der Geruch? Die Bestie, die ich gesehen habe, hat fürchterlich gestunken«, sagte Nadia immer noch flüsternd.
    »Die hier stinkt nicht, jedenfalls rieche ich nichts …«, sagte Alex. »Sie muss eine Drüse haben wie die Stinktiere und kann den Geruch bestimmt steuern, wenn sie sich verteidigen muss oder ihre Beute lähmen will.«
    Die Bestie musste das Geflüster gehört haben, denn jetzt drehte sie sich ganz langsam nach Alex und Nadia um. Die beiden wichen zurück, aber Walimai schritt, gefolgt von seiner Frau, so gemächlich an ihnen vorbei auf die Bestie zu, als mache er ihre Trägheitnach. Der kleine Schamane reichte diesem Wesen, das da wie ein Turm vor ihm aufragte, gerade bis zur Hüfte. Seine Frau und er fielen auf die Knie und verneigten sich tief, und dann hörten Nadia und Alex ganz deutlich, wie die Bestie mit einer tiefen, hallenden Stimme ein paar Worte in der Sprache der Nebelmenschen sagte.
    »Mein Gott, sie kann sprechen!«, wisperte Alex und war sich sicher, dass er träumte.
    »Pater Valdomero hat Recht gehabt, Jaguar.«
    »Aber dann muss sie doch auch denken wie ein Mensch. Meinst du, du kannst mit ihr reden?«
    »Klar, wenn Walimai das kann, aber ich trau mich nicht näher ran«, flüsterte Nadia.
    Sie mussten eine Weile warten, denn dieses Wesen sprach genauso träge, wie es sich bewegte, und die Wörter plumpsten nur eins nach dem anderen aus seinem Mund.
    »Sie fragt, wer wir sind«, übersetzte Nadia.
    »Das habe ich verstanden. Ich verstehe fast alles …«, flüsterte Alex und trat einen Schritt nach vorn. Walimai hielt ihn durch eine Geste zurück.
    Die Unterhaltung zwischen dem Schamanen und der Bestie schleppte sich in diesem nervenaufreibenden Schneckentempo dahin, und keiner rührte sich, während es dunkler wurde und der weiße Himmel einen orangefarbenen Schimmer annahm. Irgendwo außerhalb des Berges musste die Sonne der Nacht weichen. Endlich stand Walimai auf und kam zu ihnen.
    »Die Götter werden einen Rat abhalten«, sagte er.
    »Wie? Dann sind das also wirklich die Götter? Und es gibt noch mehr von ihnen? Wie viele?« Aber

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