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Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer von Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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nicht drei, als wir unsere Wohnung betraten. Er eilte in sein Schlafzimmer und war wenige Minuten später wieder unten, in der Kleidung eines Penners. Mit dem hochgestellten Kragen der speckigen, verschlissenen Jacke, der roten Krawatte und den abgetragenen Schuhen bot er ein vollendetes Exemplar dieser Sorte Mensch dar.
    "Ich glaube, so geht es", sagte er, indem er sich im Spiegel musterte. "Ich wünschte nur, Sie könnten mit mir kommen, Watson, aber ich fürchte, das ist unmöglich. Vielleicht bin ich auf dem richtigen Gleis, vielleicht jage ich auch einem Irrlicht hinterher - jedenfalls werde ich bald wissen, womit ich es zu tun habe. Ich hoffe in ein paar Stunden zurück zu sein." Er schnitt sich ein Stück vom Rindfleischbraten herunter, der auf der Anrichte stand, packte es zwischen zwei Brotscheiben, stopfte diese primitive Mahlzeit in die Jackentasche und startete zu seiner Expedition. Ich hatte gerade meinen. Tee getrunken, als er wiederkam, offensichtlich bester Laune, einen alten Gummizugstiefel in der Hand. Er warf den Stiefel in die Ecke und goß sich eine Tasse Tee ein.
    "Ich schaue im Vorbeigehen nur kurz einmal herein", sagte er " Ich muß gleich weiter."
    "Wohin?"
    "Ach, nur hinaus nach West End. Es kann diesmal länger dauern.
    Warten Sie nicht auf mich, im Falle, daß es spät wird."
    "Wie kommen Sie voran?"
    "So la-la. Ich kann nicht klagen. Ich bin eben noch einmal in Streatham gewesen, habe aber im Haus nicht mehr vorgesprochen.
    Es ist ein reizendes kleines Problem und ich möchte es um nichts in der Welt missen. Aber nun sollte ich nicht hier herumsitzen und
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    schwatzen, sondern schauen, daß ich diese meinem Ruf abträglichen Kleider vom Leib kriege und mich wieder in mein höchst respektables Selbst verwandle."
    Ich spürte an seiner Art, daß er zufriedener war, als er mit Worten allein ausdrücken konnte. Er blinzelte mir zu und auf seinen hageren Wangen lag sogar ein Anflug von Rot. Er eilte nach oben und einige Minuten später hörte ich die Tür der Halle zufallen, was mir verriet, daß er wieder auf der Jagd war. Ich wartete bis Mitternacht und er erschien nicht, so zog ich mich in mein Zimmer zurück. Es war nicht ungewöhnlich, daß er Tage und Nächte hintereinander fortblieb, wenn er eine heiße Spur gefunden hatte, weshalb mich auch seine Verspätung an jenem Abend nicht überraschte. Ich weiß nicht, wann er dann zu Hause eingetroffen ist, jedenfalls saß er, als ich frühstücken wollte, am Tisch, die Kaffeetasse in der einen, die Zeitung in der anderen Hand, so frisch und schmuck wie nur möglich.
    "Entschuldigen Sie, Watson, daß ich ohne Sie angefangen habe", sagte er. "Aber Sie erinnern sich: Ich habe eine ziemlich frühe Verabredung mit unserem Klienten."
    "Es ist schon nach neun", antwortete ich, "und es würde mich nicht überraschen, wenn er das wäre. Ich glaube, ich habe es klingeln hören."
    Es war wirklich unser Freund, der Financier. Die Wandlung, die er durchgemacht hatte, erschreckte mich. Sein Gesicht, sonst breit und massig, sah verkniffen und eingefallen aus und sein Haar war mindestens um einen Schimmer weißer geworden. Bekümmert und wie betäubt trat er ins Zimmer und bot einen schmerzlicheren Anblick als bei seiner Raserei am Morgen zuvor. Er ließ sich in den Lehnstuhl fallen, den ich ihm unterschob.
    "Ich weiß nicht, was ich verbrochen habe, daß ich so hart geprüft werde", sagte er. "Noch vor zwei Tagen war ich ein glücklicher Mann, ohne Sorgen und alles gedieh mir. Jetzt bin ich einem einsamen, entehrten Alter anheim gegeben. Ein Unglück folgt dem anderen auf dem Fuße. Meine Nichte Mary hat mich verlassen." "Sie verlassen?"
    "Ja. Heute morgen fand ich ihr Bett unberührt, sie war nicht in ihrem Zimmer, und in der Halle lag ein Brief für mich. Gestern abend hatte ich aus Gram, nicht im Zorn, zu ihr gesagt, daß vielleicht alles gut geworden wäre, wenn sie meinen Sohn geheiratet hätte. Mag sein, es war gedankenlos von mir, so zu sprechen. Auf die Bemerkung, spielt sie in ihrem Brief an:
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    ›Mein liebster Onkel, ich fühle, daß ich Dir Verdruß bereitet habe und daß dieses schreckliche Unglück nie über Dich gekommen wäre, wenn ich anders gehandelt hätte. Mit diesem Gedanken im Kopf kann ich nie wieder in Deinem Haus glücklich sein. Sorge Dich nicht um meine Zukunft, denn sie ist gesichert. Und vor allem: Such nicht nach mir, das wäre vertane Mühe und würde mir zudem einen schlechten Dienst erweisen. Im Leben wie im

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