Die Abrichtung (German Edition)
Ketten für seinen Sklaven bestellt und will ihn morgen bringen, damit die Ketten am Körper zusammengelötet werden.
Ratte ist ein echter Punker, aber seine Fetzenjeans und er selbst sind gut gewaschen. Auf der abgewetzten Lederjacke sind überall Nieten und Stacheln. Die eine Seite seines rasierten Schädels, neben dem Hahnenkamm, ist tätowiert, gar nicht geschmacklos. Auch er scheint gute Noten bekommen zu haben. Ratte schaut sich um und wirkt unsicher in der ungewohnten Umgebung, aber das gibt sich nach dem ersten Glas Sekt.
Maik ist unauffällig angezogen und sehr verlegen. Er hat ein interessiertes, offenes Gesicht. Er sagt nicht viel, ist aber mit aller Aufmerksamkeit dabei. So anders er ist – er gehört dazu. Übrigens scheinen beide, ebenso wie das Schwein, gut erzogen zu sein, darüber täuscht auch Rattes Kluft nicht hinweg.
Die drei gehen nach ein paar Gläsern Sekt in die Küche und bereiten alles vor. Dann warten wir bei einem Glas Wein auf Punk. Das Schwein setzt sich auf den Boden zwischen meine Beine. Maik registriert das ganz genau. Ratte ist aus seiner Wohngemeinschaft natürlich einiges gewohnt.
Aber als Punk kommt, bis auf die glänzenden Stiefel ganz in weiß, Hemd bis zum Nabel offen, Hahnenkamm, fallen Ratte beinahe die Augen aus dem Kopf. Eine solche Erscheinung hat er nicht erwartet. Ich sage: «Komm, setz dich zu uns!»
Punk bleibt wie angewurzelt stehen und schaut Ratte an. In seinem Kopf arbeitet es. Ratte fängt sich und grinst frech zurück. «Ej, Mann!» Dann gibt Punk sich einen Ruck: «Herr, soll ich nicht erst die Arbeitskleidung ausziehen?» – «Ja. Zieh Boots und deine Lederjacke an. Na ja, deine … Du weißt schon, was ich meine.»
Als Punk zurückkommt, trägt er nicht mehr als Boots und Lederjacke. «Wow!», sagt Ratte. Maik lässt sich nichts anmerken.
«Herr, haben Sie schon Hunger?», fragt leise das Schwein. «Nein, wir können ruhig noch ein Glas trinken. Oder zwei. Du bist heute der Gastgeber und entscheidest.»
Nach der nächsten Runde sagt Maik bedächtig: «Ich falle zum ersten Mal im Leben aus dem Rahmen.» Ratte reagiert sofort: «Das lässt sich ja leicht ändern.» – Schweigen. Aber dann fordert Maik das Schicksal heraus: «Und wie?»
Ratte springt auf, wirft seine Jacke hin und zieht sein T-Shirt aus. Während er die Jacke wieder anzieht, tritt er das Schwein: «Lieg da nich so rum, sondern zieh deine Hose aus! Maik bekommt deine Lederhose und mein Hemd, dann fühlt er sich nicht mehr so abartig. Los, Maik, ausziehen!» – Maik rührt sich nicht. Da springt Punk auf: «Komm, Bruder!» Zusammen mit Ratte zieht er Maik das Polohemd über den Kopf. «La- Kotz, endlich brauchen wir den Anblick nicht mehr zu ertragen. » Maik hat wirklich einen guten Oberkörper.
Dann geht es ganz schnell. Die drei ziehen Maik Schuhe, Socken, Hose und Unterhose aus und stecken ihn in die Lederhose, die sogar einigermaßen passt.
Ratte hält Maiks Polohemd und Boxershorts hoch und sagt: «Maik, du bist ein klasse Kumpel und mein Freund. Tut mir leid, ich muss das jetzt für dich machen.» Und er reißt die beiden Kleidungsstücke mittendurch. «Ging ganz leicht. Offenbar kein echtes LaKotz, sondern chinesisch. Sowieso illegal.»
Maik trägt inzwischen auch Rattes abgeschnittenes T-Shirt. Es war schon vorher so eingerissen, dass eine Brustwarze herausschaut. Seine Muskeln kommen perfekt zur Geltung. Maik sagt in seiner bedächtigen Art: «So, jetzt brauch ich erst mal einen Schnaps. Einen großen. Aber nur einen. Keine Angst, ich lass mich nicht volllaufen.»
Das Schwein geht zu den Flaschen, dreht sich aber noch einmal um und fragt: «Maik, geht es dir gut?» – «Äh, ich weiß nicht … doch, ich glaube ja. Ja, ich werde diesen Abend schon überstehen. Eigentlich ein, äh, geiles Gefühl, diese Hose. Obwohl Leder nicht zu mir passt.» Das Schwein füllt ein Glas mit einem doppelten Obstler, lässt sich den Inhalt in den Mund laufen, geht zu Maik, der nun überhaupt keinen Widerstand mehr leistet, küsst ihn, und pumpt den Schnaps in seinen Mund. Der schluckt. Und ist dann erst mal still.
Wir setzen uns zu Tisch. Die drei Studenten haben gut gekocht, es fließt weiter Wein. Und beim dritten Gang bricht Maik sein Schweigen: «Sagt mal, kann es eigentlich sein, dass ich schwul bin?»
Befreiung
Das ist so ein Moment, in dem ein falscher Ratschlag einen jungen Mann um Jahre zurückwerfen kann, egal, ob er sich etwas ein- oder ausreden lässt. Auch
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