Die Abrichtung (German Edition)
nicht, und die Jacke wärmt dann auch normal. Sobald das Schwein einen Arm aufhebt, gibt es eine kahle Achselhöhle preis.
Unten reicht die Jacke genau bis an den Hosenbund.
Am Reißverschluss der Jacke gibt es eine Öse für ein kleines Schloss: sie muss offen getragen werden, solange ich das will. Mit zwei weiteren Ösen lässt sich ein Ärmel unbrauchbar machen. Dann lässt sich die Jacke nicht mehr anziehen, sondern muss lose über einer Schulter getragen werden. Das Schwein soll bei jedem Wetter gut angezogen sein, aber selbst keine Wahl mehr haben.
Alle Ränder der Jacke, auch die der Achsellöcher, sind mit Kegelnieten besetzt. Die gleichen Nieten findet man auch auf einer Art Halfter am rechten Stiefel des Schweins.
In diesem Anzug sieht es ebenso elegant wie verdorben aus. Eine Mischung von Halbgott, Punker und Edelstricher. Es muss nun lernen, sich darin ganz unbefangen zu bewegen. Hinten am Hals, unter dem Kragen, ist ein D-Ring angebracht. Wenn das Schwein einmal länger mit den Händen im Nacken stehen soll, kann man seine Fesseln da bequem festklinken. Solch einen Ring gibt es auch hinten am Hosenbund.
Sucker dagegen musste zum Sattler. Er hat jetzt auch vier Fesseln, breitere als das Schwein. Die Proportionen passen perfekt zu seiner Tätowierung.
Benehmen
Wir fahren mit dem Zug nach Köln. Das Doppelschwein soll den ganzen Tag abgerichtet und den nötigen Erniedrigungen ausgesetzt werden. Ratte und ich freuen uns auf einen erholsamen Ferientag. Da es kühl ist, tragen wir alle vier unsere Lederjacken.
Ich sitze am Fenster, in lockeren, verschlissenen Jeans, natürlich ohne Innentaschen, und trage unter der Jacke ein ärmelloses Unterhemd aus Feinripp. Mir gegenüber sitzt Sucker, ohne Hemd. Meine Stiefelsohlen spielen mit seinen Weichteilen. Er trägt dreckige Jeans seines Herrn mit so großen Löchern, dass man auf Arsch und Hüfte Teile seiner Tätowierung sehen kann. Neben mir sitzt das Schwein in seinem Lederanzug. Seine linke Hand steckt in meiner Hosentasche, wo es mich verwöhnt. Das Schwein kann seine Jacke nicht schließen – so kalt ist es auch wieder nicht. In seinem Schoß liegen die Stiefel von Ratte, der mit einem Netzhemd unter der Jacke neben Sucker sitzt und dessen Hand in seiner Hosentasche stecken hat. So lässt sich angenehm reisen. Wir reden nicht viel und lassen die Landschaft an uns vorüberziehen.
Dann wird es voll. Leute laufen hin und her auf der Suche nach einem freien Platz. «Schwein! Stell dich in den Gang!» Das Schwein steht sofort korrekt breitbeinig. Ratte greift nach Suckers Halskette, schiebt ihn auf den Boden vor mich und setzt sich auf seinen Platz am Fenster. Sucker sitzt nun zwischen den Beinen seines Herrn, aber meine Stiefel stehen immer noch in seinem Schritt. Zwei Sitzplätze sind so frei geworden.
Als der Zug anfährt, fällt das Schwein beinahe um, fängt sich dann aber an der Stange unter der Decke. Ein junger Türke starrt in sein Achselloch. Das Mädchen neben ihm, mit Kopftuch, starrt nicht. Es ist auch gut abgerichtet, auf seine Weise.
Ein junger Flegel mit goldenen Ohrringen und Kopfhörer lässt sich auf Rattes vormaligen Platz fallen und schmeißt seinen Rucksack auf den freien Sitz neben mir. Dass eine Oma unsicher herumläuft, scheint ihn nicht zu stören.
Ich werfe dem Schwein einen Blick zu. Das grinst gemein, hebt mit zwei Fingern den Rucksack auf und lässt ihn einfach im Gang auf den Boden fallen. «Bitte sehr, gnädige Frau.» Ich bin stolz auf mein Schwein. Es weiß, wann es devot zu sein hat und was sich gehört. Der Junge will aufbrausen, schaut uns aber rechtzeitig alle der Reihe nach an und nimmt still seinen Rucksack auf den Schoß.
Ratte hustet, schaut dann in seine Hand – «Oh Scheiße!» – und reibt einen dicken Klumpen Schleim an den Rucksack. «Ein schöner Stoff, ej. War sicher teuer.»
Am nächsten Bahnhof verpisst der Jüngling sich. Die Oma sagt: «Ach, gehörte der gar nicht zu Ihnen? Na ja, macht nichts. Junger Mann, nun setzen Sie sich doch bitte wieder hin. Oh, sie können ja Ihre Jacke gar nicht zu machen.» Ich wende mich zu ihr. «Wenn der nackte Bauch dieses Schweins Sie stört, schicke ich es weg.» – «Oh nein, lassen Sie nur. Es stört mich nicht. Ja, ja, die Mode. Auch diese Löcher in den Hosen heutzutage. Na, auch in meinem Alter schaut man ja manchmal gern hin. Wissen Sie, zu meiner Zeit war ja alles so prüde. Nein, es stört mich durchaus nicht.» – «Schwein! Jacke aus!»
Erst
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