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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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er mir gezeigt, wie sich die Landschaft verändert, während wir auf die Stadt zurasen. Und jetzt werde ich allein reisen. Aber ich bin sechzehn und sicher gut in der Lage, ein paar Stunden allein im Zug zu sitzen.
      Es nützt nichts, so zu tun, als würde ich nicht weinen. Mein Vater war immer so nett zu mir, und sogar Mama steht mir jetzt, da ich weiß, dass ich sie nicht mehr wiedersehen werde, näher, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Ich erkenne jetzt, dass sie immer nur mein Glück im Sinn hatte; es war nicht ihr Fehler, dass sie sich kein größeres Glück vorstellen kann, als in einem eleganten Salon zu sitzen.
      Ich kann nicht mehr weiterschreiben. In diesem Moment beginnt mein neues Leben. Ab morgen wird es keine Lady Agnes Templeton mehr geben. Dies ist das Ende von allem.
      Und es ist ein Neubeginn.
     

 Neunundzwanzig
 
 
      
      E s war ein Neuanfang.
      Am nächsten Morgen verließ ich den Krankentrakt noch vor dem Frühstück und ging mit der Pflanze in den Händen hungrig die Marmortreppe hinunter. Auf der untersten Stufe wandte ich mich hastig in Richtung Korridor und stieß mit der Obersten Mistress zusammen.
      »Oh! Das tut mir leid!«
      Etwas schwarze Erde war aus dem Topf gefallen und hatte sich über Mrs. Hartles seidenen Ärmel verteilt. Sie strich die Krümel in aller Ruhe weg und legte mir dann eine Hand auf den Arm, hielt mich fest. Ein seltsames Gefühl beschlich mich, als würde ich von etwas berührt werden, das schon lange tot war.
      »Es verstößt gegen die Regeln der Schule, auf der Treppe oder in den Korridoren zu laufen. Das solltest du eigentlich inzwischen wissen.«
      »Entschuldigung«, murmelte ich.
      »Und was ist das?« Der Blick ihrer dunklen Augen blieb an der Pflanze hängen, die so zerbrechlich wirkte, als würde sie jeden Augenblick unter der gewaltigen Gegenwart der Mistress zerbröseln. »Oh, eine Campanula rotundifolia. « Ich muss verwirrt dreingeblickt haben, denn mit einem Anflug von Verachtung erklärte sie: »In unserer Sprache die Gew?hnliche Glockenblume. Eine heimische Pflanze, die in den Moors wächst.«
      »Helen hat sie mir gegeben. Ich will sie im alten Gemüsegarten anpflanzen.«
      »Helen?«, wiederholte sie mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. »Wie reizend von ihr. Du solltest aber nicht vergessen, dass eine Wildpflanze nur sehr schwer überlebt, wenn man sie einmal ausgerissen hat. Ich vermute, du wirst bald feststellen, dass ihr Geschenk nicht sehr langlebig ist.«
      Ich bekam eine Gänsehaut, als sich ihre Finger noch tiefer in meinen Arm bohrten. Dann schien die Oberste Mistress das Interesse an mir zu verlieren, denn sie rauschte den Gang entlang in ihr Büro. Ich sah ihr nach und kam zu dem Schluss, dass es mir vermutlich nicht gefallen würde, sie so richtig wütend zu erleben. Dann ging ich weiter zum Esszimmer, wobei ich darauf achtete, nicht zu rennen.
      Ich ließ mich auf einen Stuhl gegenüber von Sarah sinken, begierig darauf, ihr meine Neuigkeiten mitzuteilen. Kurz darauf stieß mich jemand in den Rücken, und dann baute Celeste sich über mir auf.
      »Na, wer ist denn da – unsere Freundin Evie, zurückgekehrt von den Toten. Ich dachte, dieser Lacrosse-Ball hätte dir den Rest gegeben. Was für ein Jammer.« Sie stolzierte davon, und Miss Scratton forderte alle zum Beten auf.
      »Wieso hasst sie mich eigentlich so?«, fragte ich Sarah beim Frühstück.
      »Oh, Celeste hatte schon immer was von ’ner Drama Queen. Sie hat Laura bewundert und ist nicht von der Idee abzubringen, dass du ihr den Platz wegnimmst. Das ist nat?rlich total unfair, aber ich vermute, sie ist noch immer ziemlich aufgew?hlt durch die Vorf?lle. Versuch am besten, es nicht zu sehr an dich rankommen zu lassen.? Sie senkte die Stimme. ?Hast du deinem Dad schon geschrieben? ?
      »Das ist nicht nötig«, sagte ich aufgeregt. »Mir ist wieder eingefallen, wo Frankies Familie früher gelebt hat: In Uppercliffe Farm. So hat das Anwesen geheißen, da bin ich mir sicher – Uppercliffe.«
      Zu meiner Überraschung machte Sarah ein langes Gesicht.
      »Ich glaube nicht, dass wir dort viel erfahren werden. Ich bin etliche Male an Uppercliffe vorbeigeritten. Das Anwesen besteht nur noch aus Trümmern. Aber wir können natürlich trotzdem hingehen und nachsehen«, fügte sie rasch hinzu, als sie meine Enttäuschung sah.
      »Schön. Und wann?«
      »Wir können Sonntagnachmittag einen Ausritt dorthin machen. Aber wir

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