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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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müssen vorher Miss Scratton um Erlaubnis bitten. Du kannst dir keine Verwarnung mehr leisten, also müssen wir uns an die Regeln halten. Ich bin mir aber sicher, dass sie nichts dagegen haben wird. Sie weiß, dass ich schon seit Jahren reite, und lässt mich immer wieder mal allein losziehen.«
      »Ich kann aber doch gar nicht reiten!« Ich hatte in meinem ganzen Leben bisher nur ein einziges Mal auf einem Pferderücken gesessen, und das war mit Sebastian gewesen; aber damals hatte ich mich an ihm festgehalten. Jetzt würde das mit Sicherheit anders laufen.
      »Ich werde es dir beibringen. Wir haben ein paar Tage Zeit zum ?ben. Ich werde Starlight reiten, dann kannst du Bonny nehmen. Sie ist ein echter Engel, du musst nur einfach dasitzen und aufpassen, dass du nicht runterf?llst.?
      Aber ich konnte gut vor mir sehen, wie ich runterfiel. Ich konnte sehen, wie ich mit verrenkten Gliedern irgendwo in den Moors lag und mit leeren Augen zum grauen, grauen Himmel hochstarrte – genau so, wie es auch bei ihr gewesen war, vor langer Zeit. BE COOL OR YOU DIE … Ich schob den Gedanken beiseite.
      »Also schön«, sagte ich zögernd. »Ich werde mir Mühe geben.«
      Miss Scratton machte ein Zeichen, und die Mädchen verließen den Speisesaal in einer langen Reihe. Ich sah mich nach Helen um. Sie saß immer noch auf der gegenüberliegenden Seite im Saal und zerbröckelte ein Stück Brot, während ihr Blick ins Leere ging. Ich trat zu ihr.
      »Danke für die Pflanze, Helen. Das war wirklich sehr nett von dir.« Ohne dass ich es geplant hätte, sprach ich mit ihr in einem Tonfall, wie man es mit Kranken tat. Wie die Krankenschwestern mit Frankie sprachen. Ich versuchte es noch einmal. »Sarah hat gesagt, dass ich sie in ihrer Parzelle im ummauerten Garten einpflanzen kann.«
      »Es sollte gar nichts ummauert werden«, murmelte sie. Oh Gott, sie ist wirklich total übergeschnappt , dachte ich. Dann sah sie zu mir hoch und schenkte mir eines ihrer seltenen, reizenden Lächeln. Zum ersten Mal sah ich, wie hübsch sie mit ihren weißgoldenen Haaren und dem zarten Gesicht war. »Ich bin froh, dass sie dir gefällt, Evie. Es ist meine Lieblingspflanze. Und es tut mir wirklich leid wegen der Verwarnung. Ich wollte nur verhindern, dass du weiter nachts draußen herumläufst.«
      »Warum?«
      Sie sah sich nervös um, dann flüsterte sie: »Auf Wyldcliffe gehen seltsame Dinge vor sich. Sei vorsichtig.«
      Ich musste mehr wissen.
      »Ich glaube, ich habe bei der Fairfax Hall etwas Seltsames gesehen, Helen. Ich weiß, dass du an dem Tag krank gewesen bist, aber da war jemand, die genauso ausgesehen hat wie du, sie hatte deine Haarfarbe und so weiter. Warst du … kann es sein, dass du das warst?«
      Ihre Miene verdüsterte sich, als hätte sich ein Schatten über sie gelegt. Mrs. Hartle hatte den Raum betreten und reichte Miss Scratton eine Nachricht. Helen sprang hastig auf. »Ich will nicht darüber reden.«
      »Aber – «
      »Lass mich in Ruhe!«
      Es sah ganz so aus, als würden wir doch keine Freundinnen werden.
     

 Dreißig
 
 
      
      Das Tagebuch von Lady Agnes,
 2. März 1883
     
       
 
      Ich habe alle meine Freunde zurückgelassen. Meine Eltern, Martha, die Leute aus dem Dorf – keiner von ihnen ist jetzt noch für mich da. Ich würde alles geben, wenn ich nur aus diesem Alptraum von Stadt aufwachen und wieder über die Moors wandern könnte, umgeben von blühenden Glockenblumen und mit ihm an meiner Seite …
      Aber so darf ich nicht denken. Das hier ist jetzt mein Leben. Hier bin ich zu Hause.
      Ich habe eine billige Bleibe gefunden, und sogar Arbeit. Ich werde dafür bezahlt, dass ich mit einem Dutzend anderer Mädchen aus schönem Leinen Kleidung für reiche Frauen nähe. Wir hocken zusammengepfercht in einem schäbigen Loch über einem Geschäft in Covent Garden, und unser Aufseher Mr. Carley behandelt uns ziemlich schroff. Ich schäme mich dafür, dass ich einmal solche Kleider getragen habe, ohne mich zu fragen, unter welchen Bedingungen oder auf wessen Kosten sie hergestellt wurden. Zumindest verdiene ich mir den Unterhalt in meinem neuen Leben auf ehrliche Weise. Ich hoffe nur, dass ich diese Arbeit nicht verliere, denn dann w?rde mein Geld schon bald aufgebraucht sein. Bisher habe ich nie ?ber Geld nachdenken m?ssen. Es gibt so vieles, das ich jetzt lernen muss.
      Eine der Arbeiterinnen, ein dünnes, dunkelhaariges Mädchen namens Polly, war besonders freundlich zu

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