Die Abtruennigen
Vorstellung vorbei war, gab es noch einen kleinen Empfang für die feineren Gäste, bei dem wir natürlich dabei waren. Um mich nicht die ganze Zeit zu langweilen, während Tyrok in seine Gespräche vertieft war, die mich nicht im Geringsten interessierten, hatte ich beschlossen, ein wenig meine Fähigkeiten zu trainieren und herauszufinden, was die Menschen hier so im Sinn hatten. Das wiederum war recht interessant.
Einer der Diener beispielsweise verfluchte die Adligen und wünschte sich nichts mehr als ein paar von ihnen unter die Erde zu bringen. Dabei musste ich mir ein Lachen verkneifen.
Eine der reichen, hübschen Damen freute sich auf den nächsten Tag, an dem sie mit dem besten Freund ihres Mannes ins Bett hüpfen würde. Pikanterweise unterhielten sich beide gerade wenige Meter entfernt und ihr Mann dachte an seinen Plan, wie er die beiden auszuschalten gedachte. Es interessierte mich, wie es wohl enden würde, aber leider würde ich das wohl nie erfahren.
Wir verließen den Empfang in der Morgendämmerung. Allerdings fühlte ich mich nicht im Geringsten müde und auch Tyrok machte keinen müden Eindruck auf mich. Jedoch fragte ich mich, ob Tyrok überhaupt irgendwann schlief, dabei gesehen hatte ich ihn noch nicht.
Nachdem wir im Schloss angekommen waren, verabschiedete sich Tyrok an der Treppe von mir und wünschte mir eine gute Nacht. Ich war ein wenig erstaunt, dass er nicht den Wunsch hegte, diese Nacht mit mir zu verbringen. Das hätte ich nämlich gern getan, aber ich sagte nichts in der Richtung, da mir klar war, er wusste genau, was ich wollte.
Oben in meinem Zimmer legte ich erst einmal die Kette ab und zog das Kleid aus, dann warf ich mich aufs Bett, während ich darüber nachdachte, was ich jetzt noch machen sollte, denn müde war ich nach wie vor noch nicht. Mein Blick fiel auf die Bücher die auf dem Tisch gegenüber lagen. Die, die mir Tyrok zum Lernen mitgegeben hatte.
Ja, warum eigentlich nicht , dachte ich mir stand auf und schnappte mir Die Geschichte der Clans . Mit einem Glas Wasser und dem Buch setzte ich mich aufs Bett und begann zu lesen.
Es war in der Tat ein sehr interessantes Buch und schien sehr detailliert zu sein. Es begann etwa zweihundert Jahre nachdem die Valdrac erschaffen worden waren, erwähnte ein paar Clans, die wahrscheinlich so weit zurückreichten, obwohl es dafür natürlich keinerlei Beweise gab. Der Erste, der Geschichtsaufzeichnungen gemacht hatte, war Tron Flotar vom Jetav Clan. Der Grund dafür war schlicht und ergreifend die Tatsache, dass sein Clan damals sehr mächtig war und er es für nötig ansah, diese Erinnerungen für viele hundert Jahre am Leben zu erhalten.
Viele folgten in seinen Fußstapfen, hauptsächlich über ihre eigenen Clans schreibend, änderten sie natürlich bestimmte Details so ab, dass sie in den Augen der Leser besser dastanden. Erst vor ungefähr vierhundert Jahren hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Geschichten der Clans zu nehmen und zusammenzufügen und herauszufinden, welche Dinge wahr waren und welche nicht ganz der Wahrheit entsprachen, um eine objektive Geschichte der valdracanischen Rasse zusammenzustellen.
Und wenn ich das betrachtete, was ich bisher lesen konnte, schien das auch ganz gut funktioniert zu haben. Wenn es nicht eindeutig war, was genau der Wahrheit entsprach, waren beide Aufzeichnungen aufgelistet, zusammen mit ein paar Spekulationen, was davon am Wahrscheinlichsten war. Dies war eine sehr interessante Art und Weise ein Geschichtsbuch zu schreiben, aber es hatte auf jeden Fall seine Vorteile.
Leider listete es jedoch nur wenige Clanmitglieder auf anstatt alle, was natürlich verständlich war, gab es doch in einem Buch einfach nicht genug Platz, weswegen eben nur die wichtigsten erwähnt wurden. Es war schade, hätte ich doch gerne gewusst, zu welchem Clan zum Beispiel Mondragon gehört hatte und welchem Clan Tyrok angehört hatte, bevor er seinen eigenen gegründet hatte. Eventuell würde ich Tyrok selbst danach fragen.
Ich war bereits mit der Hälfte des Buchs durch, als es an meine Tür klopfte. „Herein!“, rief ich ein wenig verwundert. Tyrok hatte nicht die Angewohnheit anzuklopfen, wenn er etwas von mir wollte. Es war auch nicht Tyrok. Die Tür öffnete sich.Vor mir stand Lilly.
„Hey Sharai, wir gehen gleich runter zum Fluss schwimmen und ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast uns zu begleiten.“
Klar hatte ich, denn Schwimmen war eine Leidenschaft von mir. Ich klappte
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