Die Achte Fanfare
erwischen mußte. Die Türen begannen sich gerade zu schließen, als Kimberlain in einen Waggon sprang und die Schultern hart gegen die Wand drückte, um sich zu beruhigen. Bei der Haltestelle Bond Street war er wieder zu Atem und bei der Baker Street wieder zu Sinnen gekommen; als hier alle verbliebenen Passagiere ausstiegen, wußte er, daß der Zug zu dieser späten Stunde hier endete. Er mischte sich unter die Leute und versuchte herauszufinden, ob es einem der Hashi gelungen war, ihm bis hierher zu folgen.
Er drängte sich an dem Mann vorbei, der die Fahrkarten kontrollierte, und hatte nach ein paar Treppenstufen die gut beleuchtete Marylebone Street erreicht. Er setzte sich in Bewegung, musterte die Kuppel des Londoner Planetariums und dessen berühmte Nachbarin, Madame Tussauds Wachsmuseum, direkt vor ihm auf der anderen Straßenseite. Er überquerte die Straße in der Absicht, weiterzugehen, bis ihm eingefallen war, was er nun unternehmen wollte.
Der Fährmann hatte das Planetarium hinter sich gelassen und schritt an den Schaufenstern von Madame Tussaud's vorbei, als die Gestalten dreißig Meter vor ihm um die Ecke des Gebäudes bogen. Sie gingen viel zu schnell die Straße entlang und hatten die Hände in die Jacken gesteckt. Hinter ihm vernahm er das Klappern von Absätzen. Männer, die schnell näher kamen und die gerade erst auf die Straße gebogen waren. Sie hatten ihn umzingelt, und es gab keinen Grund für sie, sich zu beeilen, denn er konnte nirgendwohin, und seine Pistole lag auf dem Sitz des Taxis.
Plötzlich öffnete sich die Tür, durch die Gruppen das Wachsmuseum betreten konnten, und ein Hausmeister kam mit einem Abfalleimer heraus. Kimberlain spurtete zu ihm und hatte den Mann im nächsten Augenblick beiseite gestoßen. Er kämpfte noch immer um sein Gleichgewicht, als der Fährmann schon eine Treppe hinaufsprintete, vorbei an einem Wachsehepaar, das auf ewig die Gäste begrüßte, selbst heute abend noch, nachdem schon lange geschlossen war.
Eine weitere Treppe lag hinter dem Schalter zur rechten Hand, an dem die Eintrittskarten kontrolliert wurden, und Kimberlain stürmte sie hinauf und befand sich plötzlich mitten in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett.
25
Kimberlain stolperte in der Dunkelheit umher, die nur von dem spärlichen Licht der Schilder mit den zum Ausgang deutenden Pfeilen aufgehellt wurde. Er versuchte, eine der Türen zu öffnen, mußte feststellen, daß sie verschlossen war und man das stahlverstärkte Gebilde, das Schutz vor einem Feuer geben sollte, nicht aufbrechen konnte. Er entdeckte eine andere Tür und tauchte in die Dunkelheit des Tableau ein, jenes Teils von Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett, der für historische Persönlichkeiten reserviert war. Plötzlich flammte die spärliche Notbeleuchtung an der Decke an, und er fand sich Angesicht zu Angesicht mit einem lanzentragenden Soldaten aus einem Schaubild des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Die Hashi hatten das Licht angeschaltet, um ihr Opfer schneller zu finden, und er hörte, wie ein paar von ihnen seinem Weg zum Tableau folgten und dieselben Türen zu öffnen versuchten wie er. Zahlreiche weitere würden andere Routen gewählt haben, um ihm jeden möglichen Fluchtweg abzuschneiden. Als die Schritte lauter wurden, wußte er, daß er sich zum ersten Mal in diesem Raum seiner Haut würde erwehren müssen. Eine Waffe. Er brauchte eine Waffe.
Ohne weiter darüber nachzudenken, nahm der Fährmann der Wachsfigur die drei Meter lange Lanze aus den Händen und baute sich neben der Tür auf. Er wog die Waffe aus; nur ein sehr starker Mensch konnte sie tragen. Der Schaft gefiel ihm nicht besonders, doch die Klinge war, wenn auch verrostet, noch scharf. Kimberlain hielt die Waffe mit gespreizten Armen auf Hüfthöhe.
Der erste Hashi kam ein ganzes Stück vor dem zweiten durch die Tür und machte den Fährmann im trüben Licht sofort aus. Kimberlain rammte ihm das flache Ende der Lanzenklinge unters Kinn und drehte die Waffe dann so, daß er ihm das untere Ende des Holzgriffs über den Schädel ziehen konnte. Der Hashi taumelte direkt in den Weg des ihm folgenden zweiten Meuchelmörders. Der zweite Mann schob ihn zur Seite, sprang ins Tableau und schoß. Doch Kimberlain hatte sich schon in die fließenden Roben der schottischen Königin Maria zurückgezogen, und als der Killer ihn sah, war es schon zu spät für ihn. Der Mann stöhnte auf, als die antike Waffe in seinen Leib fuhr und sich in seine Rippen
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