Die Achte Fanfare
Kirche auf Kinder geschossen hatten. Nach dem Fiasko mit der Maschine der Egypt Air, bei der es eine Menge Tote gegeben hatte, würde das maltesische Volk solch eine Reaktion nur gutheißen. Man würde die Polizisten als Helden feiern – wenn man sie überhaupt jemals fand.
Ihnen blieb keine andere Wahl, als die Treppe wieder hinabzulaufen. An ihrem Fuß riß Kimberlain eine andere Tür auf, nur um dahinter einen kleinen Abstellraum zu finden, der ihnen auch nicht weiterhalf – bis er sah, was sich darin befand.
Die dröhnenden Schritte kamen aus beiden Richtungen immer näher.
»Schnell!« sagte er, riß die erste Robe vom Bügel und warf sie Danielle zu, griff dann erneut hinein und holte eine zweite heraus. Er hatte sie schon übergezogen, und die Kapuze bedeckte seinen Kopf, als die Türen am Kopf der Treppe aufgestoßen wurden.
Danielle zog ihre Robe noch zurecht, als Kimberlain sie zu Boden zerrte. Sie begriff augenblicklich, was er vorhatte, und im nächsten Augenblick stürmte eine Horde von Männern in Khaki-Uniformen zu ihnen hinab. Danielles Schoß lag nun auf seinem Kopf; ihr Haar war unter der Kapuze der Robe verborgen, und sie täuschte eine schwere Verletzung vor.
»Sie haben ihn erschossen!« rief der Fährmann, als handele es sich bei den Männern wirklich um Polizisten. »Heiliger Herr Jesu, sie haben ihn erschossen!«
Die Uniformierten sahen zu den beiden Geistlichen hinab und dann einander an. »Wohin sind sie?« fragte einer.
»In die Kapelle zurück. Eine Tür hinter dem Kirchenstuhl. Ein Notausgang. Halten Sie sie auf! Sie müssen sie aufhalten!«
Die Uniformierten reagierten, als hätten sie genau das vor. Sie liefen auf die Tür zu, die zur inneren Kirchenvorhalle führte, durch die in diesem Augenblick ebenfalls der zweite Trupp aus der Kapelle stürmte. Die beiden Gruppen schlossen sich zusammen – insgesamt waren es neun Mann – und liefen mit gezogenen Pistolen den Gang in Richtung Altar entlang.
Kimberlain und Danielle erhoben sich vorsichtig. Ihnen war klar, daß sie ihre Verkleidung beibehalten mußten, bis sie die Kathedrale verlassen hatten. Er täuschte ein Schluchzen vor, während er durch die dritte Bankreihe schritt und sich dann nach links wandte, dem Eingang zu, ohne auch nur einen Blick auf die Kinder zu werfen, die, nachdem sie sich endlich von dem Wandteppich befreit hatten, nun hinter ihnen auftauchten.
»Ein Arzt! Ich muß den Pater zu einem Arzt bringen!«
Mittlerweile befand sich die echte maltesische Polizei in der Kathedrale; sie hielt Kimberlain jedoch nicht auf, sondern trat einfach zur Seite. Die Kinder waren derweil in ein allgemeines Weinen ausgebrochen, und ihre Waffen waren auf wundersame Art und Weise verschwunden. Die Wahrheit war so unglaublich, daß niemand sie in Betracht ziehen und die Behörden statt dessen eine eingänglichere Erklärung erfinden würden. Den Mord an dem namenlosen Mönch würden sie zwei entkommenen Fremden zuschreiben; das würde wenigstens einigermaßen ins Bild passen.
Sie hatten mittlerweile beinahe die geöffneten Kirchentüren erreicht; der Hof war in Sicht, und ihre Schritte klapperten auf den Steinen. Passanten strömten zusammen, und mehrere boten ihre Hilfe an. Einer davon trat ihnen in den Weg. »Kann ich helfen, Pater?«
»Ja«, sagte Kimberlain. »Vergewissern Sie sich, daß ein Krankenwagen bestellt wurde, und helfen Sie mir, einen Weg durch die Menge zu bahnen.«
»Ja, Pater!«
Sie hatten es fast geschafft! Fast!
Zahlreiche leise Schritte von hinten machten ihn auf die sich nähernden Chorknaben aufmerksam, noch bevor er ihr Schluchzen vernahm. Sie waren hinter seine List gekommen und wollten nun zu Ende führen, wozu sie vorher nicht imstande gewesen waren. Kimberlain sah zu Danielle hinab und stellte fest, daß sie ebenfalls begriffen hatte. Er hatte nur noch zwei Kugeln in seiner Pistole, und die Vorstellung, sie in dieser Lage zu benutzen, war lächerlich. Vielleicht hofften die Kinder sogar darauf, denn damit würden sie ihr Ziel genauso sicher erreichen, als würden sie ihre Opfer selbst töten.
Keine Kinder, rief sich Kimberlain in Erinnerung zurück, Hashi. Sie dachten nicht nur an Flucht, sondern auch daran, ihren Auftrag zu erledigen, und würden erst draußen zuschlagen. Dann aber schnell und sicher. Kimberlain fühlte, wie ihm eine Gänsehaut über den Rücken lief, als ihm ein weiterer Gedanke kam. Einige Jungen hatten ihre Waffen bestimmt wieder dort versteckt, wo man sie niemals
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