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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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nicht. Ihr erster Gedanke lautete, daß es einfach an seinem Benehmen lag, doch da war noch mehr, wenngleich sie nicht genau den Finger darauf legen konnte. Sie ging schneller, um die Lücke zu schließen, und befand sich nun auf der West 49 th Street.
    Dieser Elf hatte kein Interesse an den Kindern, die ihm etwas zuriefen oder versuchten, an seinem weiten roten Kostüm zu zerren. Er schritt schnurstracks über den Broadway in der Parade aus und wirkte, als habe er irgendwo eine falsche Abzweigung genommen und müsse sich nun mit den Zuschauern einlassen. Lisa schloß die Lücke auf einen halben Block und blieb an ihm dran. Ihr Herz pochte laut. Sie sah sich nach Kimberlain um, oder auch nur nach Peet in seinem bunten Clownskostüm.
    Doch was sollte sie ihnen sagen?
    Im Versuch, eine Antwort darauf zu finden, ging sie weiter.
    Quail war sich hauptsächlich der Zeit bewußt. Die Zeit war heute alles, und die Zeit lenkte ihn von dem unbehaglichen Gefühl ab, sich im Sonnenschein aufzuhalten. Seine Augen schmerzten. Er mußte unaufhörlich blinzeln, und die unvertraute Wärme ließ ihn sich in dem lächerlichen Kostüm, das zu tragen er aufgrund der Umstände gezwungen war, heiß und stickig fühlen.
    Der schwarze Zünder, den ihm der Mann hinter dem Vorhang gegeben hatte, steckte in seiner weiten Außentasche. Es war unumgänglich, daß er an der Parade teilnahm; immerhin bestand die Möglichkeit, daß der Plan vor dem magischen Augenblick aufflog, an dem er auf den Knopf drücken sollte, und er damit gezwungen war, den Sprengstoff vorzeitig zu zünden. Quail hatte sich ausgerechnet, daß er fünf Minuten brauchen würde, um aus der Reichweite der Detonation zu fliehen.
    Die Million Toten würde ihn zum größten Mörder aller Zeiten machen, womit er endlich aus Peets Schatten trat. Die Welt würde es vielleicht nicht wissen, doch Quail wußte es, und nur darauf kam es an. All die Nächte, auf denen er auf der Suche nach Opfern über die Autobahnen und einsamen Straßen des Landes gefahren war, waren im Vergleich zu dem, was nun bevorstand, nichts.
    Nein, er konnte sein Ziel, ein noch schlagendes Herz aus einer Brust zu reißen, unter diesen Umständen nicht verwirklichen, doch die Schreie der Menschen, die unter schrecklichen Schmerzen starben, würden noch besser als das sein.
    Viel besser.
    Cathy hatte auf Kimberlains Meldung mit verblüfftem Schweigen reagiert.
    »Ich kann mir nicht völlig sicher sein«, endete er. »Doch es paßt alles. Alles paßt zusammen!«
    »Geben Sie mir zwei Minuten.«
    Der Fährmann schritt schneller aus und bog links mit der Parade auf den Broadway ab. Er hielt das Walkie-talkie die ganze Zeit über ans Ohr gedrückt und hielt sich hinter der Menge, die an der 52 nd Street einer High School-Kapelle lauschte, als sich Cathy wieder meldete.
    »Die Explosion vor drei Jahren ereignete sich genau um elf Uhr und drei Minuten«, sagte sie.
    »Mein Gott«, murmelte Kimberlain, sah auf die Uhr und stellte fest, daß ihnen noch genau dreiundfünfzig Minuten blieben.
    »Sie glauben, das bedeutet …«
    »Ich bin mir sicher. Aber das löst nicht unser Problem. Auch wenn wir nun wissen, wann es geschehen wird … das ›Wie‹ ist noch ungeklärt.«
    »Ich alarmiere die Einsatzleiter. Da wir nun das ›Wann‹ kennen, spielt das ›Wie‹ vielleicht keine Rolle mehr.«
    Der Fährmann machte sich gar nicht erst die Mühe, mit ihr zu streiten.
    Lisa hatte den großen Elf am Times Square im Schatten des Newsday-Gebäudes an der West 43 rd Street verloren, wo die Menschen stellenweise bis zu fünfzehn Meter tief am Straßenrand standen. Sie marschierte auf gleicher Höhe mit einer anderen Kapelle mit zu vielen Trommeln und Becken, der ein Wagen folgte, auf dem die als Pilgerväter verkleideten Passagiere auf einem Truthahn ritten. In der dicht gedrängten Menge war es unmöglich, eine einzelne Gestalt auszumachen, selbst eine so große und ganz in Rot gekleidete.
    Aber Augenblick mal! War er nicht da vorn, auf der Mitte der Straße, neben dem blau-weiß gestrichenen Stand eines Reisebüros an der 42 nd Street? Ja! Ja! Noch immer von ihrem Instinkt getrieben, eilte Lisa weiter.
    Die U-Bahnen, die die gewaltigen Menschenmassen zur Parade und später wieder nach Hause bringen sollten, hatten ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Linien, die direkt zu der Strecke führten, waren den ganzen Morgen über völlig ausgelastet gewesen, trotz der zusätzlichen Züge, die eingesetzt worden waren, um ein

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